Angebliche Visafälschungen in Ghana: Die falsche falsche US-Botschaft
Aus einem unscheinbaren Haus in Accra heraus soll ein Fälscherring jahrelang gefakte US-Visa verkauft haben. Wirklich? Ein Ortstermin.
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Accra taz | „Schau es dir doch selbst an. Sind dort irgendwo gefälschte Pässe? Oder Visa? Sieht man davon etwas?“ Susanah O. Lamptrey reißt die alte Holztür ihres Zimmers weit auf und gewährt Einblick: Ein alter Kühlschrank brummt, Kleidung stapelt sich auf einem Stuhl. In der Ecke liegt ein gelber Benzinkanister.
Nirgendwo lächelt Barack Obama, nirgends hängt die US-amerikanische Flagge. Doch genau das steht in einem Bericht des US-Außenministeriums, der mehr Schlagzeilen in Europa und den USA als in Ghana selbst gemacht hat: Das Haus aus Kolonialzeiten, von dem die einst knallig pinke Farbe abblättert, soll das Zentrum eines ghanaisch-türkischen Visa-Fälscher-Rings gewesen sein.
Dreimal pro Woche soll auf dem Dach das Sternenbanner geweht haben, heißt es in den Berichten, die zur Illustration alle dasselbe Foto dieses Hauses mit „U.S. State Department“ als Quelle zeigen. Die Klienten sollen der „fake embassy“, der „falschen Botschaft“, für ein Visum in die USA oder Europa rund 6.000 US-Dollar bezahlt haben.
Als die Geschichte weltweit längst Schlagzeilen machte, erfuhr auch Susanah O. Lamptrey endlich davon. Ein Bekannter rief an und erzählte, was er gerade im Fernsehen gesehen hatte und sagte: „Dann kommt bestimmt bald die Polizei zu euch. Und die amerikanische Botschaft.“ Auf seiner Homepage schreibt das US-Außenministerium von Razzien.
Doch bei Susanah O. Lamptrey war nie jemand, sagt sie. Nicht mal ein einfacher Polizist. Eine der vielen Ungereimtheiten an der Geschichte, zu der sich die richtige US-Botschaft, ansässig in einem Hochsicherheitstrakt im Stadtteil Cantonments, nicht äußert. Als Schauplatz eines großen Fälschungsskandals – die falsche Botschaft soll zehn Jahre lang operiert haben – hätte das Haus zur Beweissicherung zumindest versiegelt werden müssen.
Will jemand Spuren verwischen?
In der Abteilung, die sich bei Ghanas Polizei um gefälschte Visa kümmert, ist das Haus nie in Erscheinung getreten. Pro Woche, so heißt es, würden hier etwa 25 Personen Anzeige erstatten, weil sie auf Fälscher hereingefallen seien. Lamptreys Haus ist über all die Jahre nicht erwähnt worden.
Das könnte einen anderen Schluss zulassen: Da der angebliche Fälscher-Ring so lange unentdeckt blieb, könnte es sein, dass in Wirklichkeit echte Visa illegal verkauft wurden – und das können nur Mitarbeiter der echten US-Botschaft. Will also jemand Spuren verwischen?
Um Susanah O. Lamptrey haben sich ein paar Nachbarn versammelt. Langsam wird ihnen klar, was das bedeutet: Neugierige können kommen, Gerüchte über kriminelle Machenschaften sich verbreiten. „Ich werde immer ärgerlicher. Ich will denjenigen, der das mit der falschen Botschaft behauptet hat, in die Finger kriegen. Er soll sich entschuldigen“, sagt die 60-Jährige.
Der Beweis
Sie hat schließlich kein anderes Haus. „Das Haus gehörte meinem Großvater, der jedem seiner acht Kinder ein Zimmer gab. Ich lebe jetzt im Zimmer meines Vaters. Hier wurde ich geboren“, sagt sie und tippt energisch mit dem Zeigefinger auf den blank gescheuerten Boden.
Dann lacht sie auf und holt eine Mappe aus ihrem Zimmer. „Ich habe ihn, den Beweis, dass es hier nie eine falsche Botschaft gegeben hat.“ Susanah O. Lamptrey kramt ein Ablehnungsschreiben der US-Botschaft heraus. „Meine Schwester hat mich in die USA eingeladen. Aber ich habe das Visum nicht bekommen. Wenn wir hier Visa ausgestellt hätten, dann hätte ich wohl keins offiziell beantragt.“
Leser*innenkommentare
Rainer B.
Ein drogengeschärfter Blick erkennt hier auch sofort die Massenvernichtungswaffen im Keller.
nzuli sana
Mehr Mobilität - mehr Bewegungsfreiheit
mehr Sammeltaxis -
Ein begehrtes Visum gehört dazu.