Andreas Zumach über die geplante Syrien-Konferenz: Alle Gewaltakteure beteiligen
Der „Islamische Staat“ darf nicht mitverhandeln. Das ist Konsens bei den ab kommenden Montag geplanten Genfer Verhandlungen zwischen der syrischen Regierung und einer gemeinsamen Oppositionsdelegation. Die Initiatoren verstoßen damit gegen eine wichtige Erfahrung: Verhandlungen zur Beendigung eines Gewaltkonflikts sind nur erfolgreich, wenn alle Akteure an den Verhandlungen beteiligt werden. Andererseits hat der IS kein Interesse an Verhandlungen. Zumindest bislang. Denn im Unterschied zu sämtlichen Akteuren, die seit Ende des Zweiten Weltkriegs als Terroristen eingestuft wurden, erhebt der IS keinerlei politische Forderungen, über die zu verhandeln wäre. Er hat einfach Tatsachen geschaffen – nämlich seinen Staat.
Der ebenfalls erfolgte Verhandlungsausschluss des syrischen Ablegers des Al-Qaida-Netzwerks, der Al-Nusra-Front, die durchaus mit politischen Forderungen auftritt, wird sich wahrscheinlich nicht durchhalten lassen. Zumal dieser Ausschluss sehr widersprüchlich ist, wenn zugleich auf Verlangen Saudi-Arabiens und der Türkei die Dschaisch al-Islam (Armee des Islam) und andere islamistisch-salafistische Gruppen mit teils engen ideologischen und operativen Verbindungen zur Al-Nusra-Front der Oppositionsdelegation am Verhandlungstisch angehören sollen.
Die USA und die EU unterstützen diese Forderung bisher in der Illusion, diese Gruppen könnten Bündnispartner im Kampf gegen den IS sein. Sollte es in Genf nun trotz aller Widersprüche zu Verhandlungen und gar zu Vereinbarungen kommen – etwa über einen Waffenstillstand, die humanitäre Versorgung der Bevölkerung oder eine Übergangsregierung –, hätten alle vom Verhandlungstisch ausgeschlossenen Gewaltakteure das Potenzial, diese Vereinbarungen vor Ort in Syrien zu torpedieren. Das gilt auch für den IS. Daher wird eines Tages auch ein wie immer geartetes Arrangement mit dem IS kaum vermeidbar sein, um den Krieg in Syrien dauerhaft zu beenden.
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