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Andreas Speit Der rechte RandWieso ein rechter Kämpfer doch nicht kämpfen darf

Eigentlich sollte Lasse Richei, ein in der rechtsextremen Szene bekannter Kampfsportler, kommende Woche im Docks auf der Hamburger Reeperbahn in den Ring steigen. Er war als Teilnehmer an der „Redligth Fightnight“ angekündigt, die von den „Hamburg Underground Fights“ (H.U.F.) veranstaltet wird. Doch diese Ankündigung war antifaschistisch Engagierten aufgefallen und sie wandten sich an den Veranstalter – und nun darf Richei nicht kämpfen.

„Die eingegangenen und überprüften Hinweise auf seine politischen Aktivitäten haben sich verdichtet, sie stehen unseren Werten konträr entgegen“, sagte Jan Hendrik Piep der taz. Der kaufmännische Leiter der H.U.F. Unternehmergesellschaft versichert, man sei „eine bunte Truppe, die Amateuren eine Bühne für den Kampfsport an besonderen Orten bietet“.

In der rechtsextremen Szene ist Richei kein Nobody. Seit Jahren fällt er in Braunschweig immer wieder mit einschlägigen Anfeindungen und Angriffen auf. Früh reihte er sich bei der ehemaligen NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ ein, die seit 2018 „Junge Nationalisten“ heißt. Das Amtsgericht Braunschweig verurteilte Richei 2019 zu einer Woche Dauerarrest und 60 Arbeitsstunden, da er einem Türsteher das Handgelenk gebrochen hatte. Der Türsteher hatte mitbekommen, dass Richei mit Gesinnungskameraden plante, antifaschistische Kneipengäste anzugreifen, und war eingeschritten.

Seit 2015 ist Richei Kampfsportler, war bei der Gruppe „Adrenalin Braunschweig“ aktiv, die sich später aufgelöst hat. Die Kämpfer blieben aber in der rechten Szene. Im Juni 2019 klebten Aufkleber von „Adrenalin Braunschweig“ mit der Aufschrift „Wir töten dich! Janzen“ an der Wohnungstür der Familie von David Janzen, dem ehemaligen Sprecher des Bündnisses gegen Rechts in Braunschweig. Wenige Tage zuvor hatte Richei in einem Instagram-Video in Anspielung an den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke gedroht: „Heute Walter, morgen Janzen“. Auf ihrer Facebook-Seite dokumentierten Kampfsportler von „Adrenalin Braunschweig“ ihr militantes Auftreten – mal vermummt, mal nicht. Bei den rechten Ausschreitungen Ende August 2018 in Chemnitz war Richei in der ersten Reihe dabei.

Richei darf also bei der „Redligth Fightnight“ in Hamburg nicht antreten, aber es soll noch ein weiterer Kämpfer der Teilnehmerliste der rechtsextremen Szene nahestehen. „Die Vorhaltungen sind uns bekannt“, sagt Piep. Bisher hätten sich die Hinweise aber nicht verdichtet, daher noch keine Absage.

„Die Teilnehmer können in solchen Kämpfen ihr Härte-Ideal am besten beweisen“

Robert Claus, Rechtsextremismusexperte

Es ist keine Seltenheit, dass bei Veranstaltungen wie der „Redligth Fightnight“ Kampfsportler aus der rechtsextremen Szene, dem Rotlicht-Milieu und aus dem Hooligan- oder Rocker-Spektrum aufeinandertreffen. „Die Grenzen sind hier oft fließend“, sagt Robert Claus, Rechtsextremismusexperte mit Schwerpunkt Sport. „Frontière – Respect of the Street“ gehört in Deutschland zu den größeren Playern in diesem Undergroundmilieu. Sie spielen mit dem Namen darauf an, das bei ihnen die wirklich Harten kämpfen, so Claus. Und die Ergänzung deute die Nähe zu „King of the Streets“ (KOTS) in Schweden an. Bei den Kämpfen von KOTS gelten nämlich fast keine Regeln, sie kommen also Straßenkämpfen am nächsten. Und seit Jahren trainieren Rechtsextreme vor allem Disziplinen, die sie auch auf der Straße nutzen könnten. „Die Teilnehmer können in solchen Kämpfen ihr Härte-Ideal am besten beweisen“, sagt Claus.

Er begrüßt, dass sich die Veranstalter der „Redlight Fightnight“ nun von Lasse Richei distanziert und ihn ausgeladen haben. Und Hendrik Piep von „Hamburg Underground Fights“ versichert: „Wir bleiben unpolitisch.“

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