Andreas Speit Der rechte Rand: Wie die AfD in Schleswig-Holstein in den Bundestagswahlkampf zieht
Die Erfolge der AfD im Osten wecken im Norden Hoffnungen. In Schleswig-Holstein strebt der AfD-Landesverband um Kurt Kleinschmidt bei der kommenden Bundestagswahl 20 Prozent an. Ein gewagtes Ziel, denn bei der letzten Bundestagswahl erreichte die AfD dort nur 6,8 Prozent. Aber nicht nur die CDU profitiert von der aktuellen Uneinigkeit der Regierungsparteien im Bund. Eine vorgezogene Wahl käme auch der AfD entgegen.
Am vergangenen Wochenende traf sich die schleswig-holsteinische AfD zu ihrem Landesparteitag in Henstedt-Ulzburg. Rund 300 Delegierte kürten im abgeschirmten Bürgerhaus ihren Landessprecher Kurt Kleinschmidt zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, während rund 400 Menschen vor dem Bürgerhaus gegen die AfD demonstrierten und ein Verbot der Partei und der Jungenorganisation forderten.
In der Halle setzte sich Kleinschmidt mit 107 Stimmen knapp gegen den Bundestagsabgeordneten Gereon Bollmann durch, der mit 100 Stimmen auf Platz 2 landete. Kleinschmidt punktete mit seinem nach eigener Aussage „moderaten Stil“. Er beziehe immer „hart“ und „deutlich“ Position, aber mit „vernünftigem Ton“. Im Wahlkampf bedeute diese Haltung aber nicht, für die „etablierten Parteien“ nicht „unangenehm“ zu werden, sagte der Spitzenkandidat dem „Schleswig-Holstein-Magazin“ des NDR.
Die tiefe Spaltung des Verbandes, die der AfD 2022 den Wiedereinzug in den Landtag kostete, scheint überwunden zu sein. Der Landessprecher hat den Verband offenbar beruhigt und seine Hausmacht gesichert. Öffentlich liefern sich Funktionsträger der Partei und Mandatsträger in den Kommunen keine großen Auseinandersetzungen.
Kleinschmidt, ein ehemaliger Oberstabsfeldwedel der Bundeswehr, setzte sich auf dem Parteitag nicht nur als Spitzenkandidat durch. Mit 54 Prozent der Stimmen wählten die Delegierten den 57-Jährigen auch ein weiteres Mal zum Landessprecher. Der Gegenkandidat Jan Petersen-Brendel erreichte 19,4 Prozent. Auch die beiden Stellvertreter des Landessprechers, Volker Schnurrbusch und Julian Flak, wurden wiedergewählt.
Die neue Geschlossenheit zeigte sich auch bei einer anderen Abstimmung, die zu Zerwürfnissen hätte führen können. Dem Parteitag lag eine Resolution zur Jungen Alternative (JA) Schleswig-Holstein vor. Die JA gilt seit vergangenem Jahr nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln als „gesichert rechtsextrem“.
Schon der Titel der Resolution macht deren Intention deutlich: „Wir stehen zu unserer Jugend!“ Die vergangenen Landtagswahlen hätten gezeigt, dass die Jugend rechts wähle, heißt es im Text. „Mit unserer Jugendorganisation, der ‚Jungen Alternative Schleswig-Holstein‘, stehen engagierte, patriotische junge Frauen und Männer an unserer Seite.“ Der Verband beobachte zunehmend, dass die JA wegen ihrer „angeblichen Radikalisierung“ „Repressalien“ durch die „Altparteien, Medien und der sogenannten ‚Zivilgesellschaft‘“ erfahre. Der „politisch-mediale ‚Mainstream‘“ sowie eine „grundlose Einschätzung politisch instrumentalisierter Behörden wie der Verfassungsschutzämter“ seien für die AfD jedoch kein Maßstab dafür, wie sie sich zur JA positioniere.
Der Verzicht auf eine Abgrenzung ist kein Wunder: Erst im Juli dieses Jahres richtete die AfD einen „Tag des Vorfeldes“ aus, mit verschiedenen Medien und Netzwerken aus dem rechtsextremen Spektrum. Bis zu 120 Teilnehmende trafen sich in Neumünster in einem griechischen Lokal.
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