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Andreas Speit Der rechte RandWie sich die AfD im Kieler Landtag selbst bloßstellt

Foto: Jungsfoto: dpa

Im September hat die schleswig-holsteinische AfD-Fraktion um den Fraktionsvorsitzenden Jörg Nobis eine Annonce in der Jungen Freiheit geschaltet. Auf dem unteren Drittel der Seite 9 vom 28. September wirbt die Fraktion um einen „Wissenschaftlichen Mitarbeiter Fachbereich Soziales“. „Es ist die letzte Referentenstelle, die nicht besetzt ist“, sagt eine Mitarbeiterin der AfD. Die Fraktion würde aus 16 Personen einschließlich der fünf Mandatsträger bestehen.

Am 7. Mai 2017 gelang der AfD mit 5,9 Prozent der Landtagseinzug. Das Stellengesuch der AfD in der neu-rechten Wochenzeitung überrascht Lasse Petersdotter, Landtagsabgeordneter der Grünen, wenig. Soziale Themen würde die AfD kaum im Parlament aufgreifen. Bis zum Juni dieses Jahres habe die Fraktion fünf Kleine Anfragen zu dem Themenfeld gestellt – zu Gesundheit eine. Die Anzeige offenbart das Themenloch. Der Referent soll die Bereiche: „Arbeitsmarkt, Gesundheit & Pflege, soziale Leistungen, Hartz IV, Menschen mit Behinderung, Barrierefreiheit, Kind- u. Jugendschutz“ abdecken. Nicht gerade wenig.

Die AfD im Kieler Landtag greift wie alle AFD-Fraktionen aus anderen Bundesländern ein Thema immer wieder auf: Asyl. Dazu stellte sie 17 Kleine Anfragen, flankiert von sieben zu Sicherheit und drei zu Migration.

Die AfD-Abgeordnete Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein stellte beispielsweise eine Kleine Anfrage zur „Ausbreitung der Krätze“. Die AfD-Landesvorsitzende wolle wissen, ob mit dem „verstärkten Zuzug von Ausländern“ die Ausbreitung zugenommen hätte. Dass ein deutsches Kind die Krätze-Fälle an einer Schule in Plön auslöste störte sie dabei wenig.

„Die Fraktion ist nicht moderat“, sagt Petersdotter. Sie könne mit ihren nur fünf Mandaten jedoch auch keinen Druck entfalten. Zudem ist die Fraktion zerstritten. Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt, sagt, dass sich die AfD immer weniger als normale konservative Partei darstelle, „was anfangs ganz klar deren Ziel war“. Die Landesvorsitzende unterstützte früh den „Höcke-Flügel“. Seit einigen Monaten haben aber der Fraktionsvorsitzende und dann die anderen Fraktionsmitglieder ihre Strategie geändert. „Sie stehen der Bundespartei in ihrer Radikalisierung in nichts mehr nach“, so Vogt.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Spätestens seit der Aktuellen Stunde zu den Ereignissen in Chemnitz sei dies für alle wahrnehmbar geworden. „Das spiegelt sich nicht nur in den Aussagen, sondern auch im Tonfall wider“, sagt Vogt. Nobis hatte zu den Übergriffen gesagt, dass sie Fake-News wären, die die ARD verbreitet hätte. Eine „schneidige Oppositionspolitik“ hatte die AfD angekündigt. Dass diese bisher ausblieb, sind für Petersdotter und Vogt aber Grund zur Entwarnung.

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