Andrea Sawatzki gibt "Tatort"-Rolle auf: Zwei Bullen verträgt keine Familie
Der Frankfurter "Tatort" hat auch durch Andrea Sawatzki eine einmalige Dichte erreicht. Nun gab sie bekannt, dass sie den "Tatort" nach noch drei Folgen verlassen werde.
In der dritten Episode wurden ihre Eltern von einem Psychokiller ermordet, an diesem Trauma arbeitet sich die Fernsehkommissarin Charlotte Sänger bis heute ab. Doch je tiefer die Krimi-Heldin in ihre eigene private Tragödie verstrickt ist, desto empfindsamer reagiert sie auf die Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten in ihrer Umwelt. Dass man der Figur diese Supersensorik abnimmt, ist das große Verdienst der Schauspielerin Andrea Sawatzki. Dünnhäutig und durchlässig zieht ihre Ermittlerin durch Frankfurt - als würde sie die Stadt über die Membran ihrer blassen Haut aufnehmen.
Das gerechte Wüten einer Lena Odenthal, die gouvernantenhaften Zurechtweisungen einer Rosa Roth, die rüpelhaften Extratouren einer Bella Block: Dies alles hat Swatzkis Kommissarin Sänger nicht nötig. Sie steht einfach da - und atmet gleichsam die Stadt ein. Als urbaner Krimi hat der Frankfurter "Tatort" gerade auch durch Sawatzkis subtilen Ganzkörpereinsatz eine hierzulande einmalige Dichte erreicht: In der Vertikalen werden Elend und Reichtum der Bankenmetropole vermessen, von den ewig schattigen Straßen des Bahnhofsviertels hoch zu den oberen Etagen der Finanz-Tower.
Nun gab Sawatzki bekannt, dass sie den "Tatort" nach noch drei Folgen mit ihrem Kollegen Jörg Schüttauf verlassen werde. Es soll immer mehr Terminschwierigkeiten mit den umtriebigen Stars gegeben haben.
Außerdem zieht es Sawatzki nach eigenen Angaben ins komische Fach. Kein Wunder, die 46-Jährige hat tatsächlich ein Gespür für pikanten Witz und sportiven Slaptick - etwa in der Ehe-Farce "Das verflixte 17. Jahr". Doch auch beim nachteulentraurigen Krimi-Geschöpf Sänger tut sich ja gelegentlich ein anarchischer Humor auf: Unvergessen, wie die so scheu scheinende Singlefrau ihren Kollegen in der Folge um Mord im SM-Milieu in die Sitten und Gebräuche des modernen Sex-Datings einführte. Wie gerne wäre man Zeuge, wie die Traumatisierte wieder ganz in die Welt zurückfindet. Dass alle dahingehenden Hoffnungen nun zerstört sind, hat vielleicht auch mit dem Fernsehjob ihres Ehemanns Christian Berkel zu tun, Profiler für die eher biedere ZDF-Serie "Kriminalist". Zwei Bullen, das verträgt wohl keine Familie. Schade nur, dass deshalb nun ausgerechnet der spannendere Krimi eingestellt wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett