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André Zuschlag über das Urteil zur MietpreisbremseDer Senat hat’s verbockt

Auf den ersten Blick ist das Urteil des Landgerichts zur Hamburger Mietpreisbremse einfach eine schallende Ohrfeige für den Senat. Der hat’s verbockt, weil er die Vorgaben des Bundes offenbar nicht richtig gelesen hatte. Zwar kann man die Gerichtsentscheidung durchaus für ein bisschen kleinlich halten, schließlich ging es hier eher um einen Formfehler.

Das entlässt aber den Senat, zuvorderst die Stadtentwicklungsbehörde, nicht aus der Verantwortung. Dort sitzen schließlich genug Jurist*innen, die Gesetze und Verordnungen des Senats auf Rechtssicherheit prüfen sollten. Hat wohl niemand ernsthaft gemacht. Ups.

„Die Mietpreisbremse wird die Mieter*innen entlasten“, kündigte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) im Juni 2015 an, als der Senat die sogenannte Mietpreisbegrenzungsverordnung beschloss. Und die Grünen sprachen damals von einem „entscheidenden Baustein für mehr Mieterschutz“. Daraus ist leider nichts geworden.

Das Urteil ist nicht nur bitter für den klagenden Mieter, der den überhöhten Teil der Miete nicht zurückerhalten wird und nun auch noch die Kosten des Verfahrens tragen muss. Bitter ist das auch für alle anderen Mieter*innen, die das gleiche Problem haben. Sie können sich nur bei Mietverträgen, die ab September 2017 geschlossen wurden, auf die Preisbremse berufen.

Darüber hinaus ist deutlich geworden, dass die Preisbremse nicht gewirkt hat. Die Mieten zogen weiter an, obwohl die Bremse ja vor dem jetzigen Gerichtsurteil hätte greifen können. Zwischen 2015 und 2017 stiegen die Mieten in Hamburg um 5,2 Prozent – für ein Abflauen des Preisauftriebs gibt es keine Anzeichen. Dabei gibt schon fast jeder Zweite in Hamburg mindestens die Hälfte seines Einkommens für die Miete aus.

Jetzt ist es am Senat, eine Regelung auszuarbeiten, auf die sich dann Hamburger Mieter*innen vor Gericht auch verlassen können. Dass nun einfach die alte Verordnung noch mal neu erlassen wird, hilft sicherlich nicht.

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