Andauernde Hitze in China: Abkühlen im Luftschutzbunker
Seit Juni wird China von beispiellos hohen Temperaturen heimgesucht. Das Land ist überdurchschnittlich stark vom Klimawandel betroffen.
Die Volksrepublik China wird diesen Sommer von einer beispiellosen Hitzewelle heimgesucht, die noch früher begann als gewöhnlich: In weiten Teilen des Landes erreicht die Tageshöchsttemperatur bereits seit Mitte Juni konstant über 35 Grad. In der Hauptstadt Peking wurde die 40-Grad-Marke in diesem Jahr bereits häufiger durchbrochen als in den letzten Jahrzehnten zuvor.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie der staatlichen Wetterbehörde gibt Aufschluss darüber, wie überdurchschnittlich stark China vom Klimawandel betroffen ist. So ist die Temperatur im Reich der Mitte seit 1900 statistisch alle zehn Jahre um 0,16 Grad angestiegen – höher als im globalen Durchschnitt. Immer lauter melden sich chinesische Klimaforscher zu Wort: Sie mahnen dazu an, dass es dringende Investitionen benötigt, um die Städte für die globale Erderwärmung zu wappnen.
Dabei hat die Regierung seit der Jahrtausendwende durchaus beachtliche Fortschritte erzielt: Chinas Metropolen sind mittlerweile deutlich grüner, zudem werden bei der Planung von neuen Stadtvierteln stets auch Kälteinseln – etwa in Form von künstlichen Seen oder der Begrünung von Außenfassaden – mit eingeplant.
Tischtennis spielen im Untergrund
Dennoch helfen insbesondere im schwülen Süd- und Zentralchina nur mehr unkonventionelle Methoden: Die Städte Hangzhou, Wuhan und Chongqing haben diesen Sommer ihre vorhandenen Luftschutzbunker geöffnet, damit die Bevölkerung diese als Kühlinseln nutzen kann.
Viele der Anlagen stammen noch aus der Zeit der japanischen Invasion Ende der 1930er Jahre. Mittlerweile wurden die Untergrund-Räume mit Klimaanlagen, Fernsehern und Tischtennis-Platten ausgestattet. Sie bieten Schutz für Seniorinnen und Senioren, die sich oftmals keine Klimaanlage leisten können.
Abseits der individuellen Gefahr eines Hitzetods stellen die Temperaturen auch eine Bedrohung für die Lebensmittelversorgung dar. Sowohl beim Anbau von Reis als auch Sojabohnen ist dieses Jahr mit Einbrüchen der Ernteerträge zu rechnen. Und zwar aus unterschiedlichen Gründen: Die Maisproduktion im nordchinesischen Hebei wurde durch die anhaltende Dürre gefährdet. In der Provinz Henan im Landesinneren hingegen sind es die Regenfluten, welche die Weizenfelder zerstört haben.
Die Landwirtschaft passt sich bereits an die neuen Verhältnisse an. Immer mehr Früchte und Gemüsesorten werden statt auf offenen Feldern in Gewächshäusern angebaut, wo die Temperatur besser kontrolliert werden kann. Forscher arbeiten zudem konstant daran, Reissorten zu entwickeln, die auch mit weniger Wasser auskommen können.
Starkes Engagement gefordert
Doch sämtliche Maßnahmen können die bereits jetzt massiven Folgen der Erderwärmung auf die Wirtschaft nicht überdecken. Durch den immensen Strombedarf der Klimaanlagen bricht mittlerweile im Sommer regelmäßig die Energieversorgung in einigen Teilen Chinas zusammen, was auch den Betrieb in den Fabriken für Tage hinweg lahmlegt.
Im Vorjahr schätzte eine Forschergruppe von der chinesischen Akademie der Wissenschaften, dass die klimabedingten Einbußen des Landes bereits im Jahr 2100 deutlich über vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen werden.
Angesichts der angespannten Lage ist es also umso wichtiger, dass sich die chinesische Regierung bei der globalen Debatte wieder stärker engagiert. Am Sonntag wird erstmals seit Jahren der US-Klimabeauftragte John Kerry nach Peking reisen. In der Volksrepublik wird er viel zu besprechen haben: Denn China ist nicht nur der mit Abstand größte Produzent von erneuerbaren Energien, sondern gleichzeitig auch der weltweit stärkste CO2-Verursacher.
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