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AnalyseItaliens Regierung vor dem Harakiri

■ Die Neokommunisten entziehen der Linkskoalition ihr Vertrauen

Merkwürdiges Italien: Da hatte das Land, als erstes in Europa, vor zwei Jahren die „Wende“ herbeigeführt, als es inmitten nahezu überall herrschender rechter Regierungen für Mitte-Links votierte. Nun, wo im Rest der EU nahezu alle dem Beispiel folgen, scheint die Linke entschlossen, sich selbst abzuschießen. Rifondazione comunista, die dem Regierungsbündnis angehört (ohne jedoch Kabinettsposten innezuhaben), hat gestern beschlossen, der Regierung Prodi das Vertrauen zu entziehen. Grund: Die „unenwegt angemahnte Wende auf dem Arbeitsmarkt und in der Hilfe für den notleidenden Süden“ sei ausgeblieben, die Zugeständnisse der Regierung im Haushaltsgesetz 1999 zu gering. Neokommunisten-Sekretär Fausto Bertinotti hat sich damit gegen Parteipräsident Armando Cossutta durchgesetzt, der eine eher pragmatische Stellung einnimmt.

Für Prodis politisches Überleben hat damit der Countdown begonnen. Viel weiteres Entgegenkommen kann er sich nicht mehr leisten – auf der anderen Seite sitzen ihm die Unternehmer im Nacken. Die brachten dem Chef der rechtsradikalen Nationalen Allianz, Gianfranco Fini, am Wochenende wahre Ovationen entgegen, als dieser „Schluß mit der Erpessung durch die Rifondazione comunista“ forderte. Dabei ist auch den Neokommunisten nicht so recht klar, wie genau die angemahnte „Wende“ praktiziert werden soll. Daß nach der übergroßen Anstrengung des Eintritts in den Euro- Club kein Geld da ist, sieht auch Bertinotti.

Nach dem Verlust seiner parlamentarischen Mehrheit hat Prodi drei Möglichkeiten: Er kann sich eine neue Mehrheit suchen – was er aber im Hinblick auf den Wählerwillen ausschließt. Er könnte aber mit einem Minderheitskabinett weitermachen, eine Lösung, die wohl auch Staatschef Oscar Luigi Scalfaro ins Auge faßt. Die nötigen Stimmen für die einzelnen Gesetze könnten vor allem von der neugegründeten UDR des ehemaligen Staatspräsidenten Cossiga kommen. Dritte Möglichkeit: Scalfaro beauftragt einen anderen Kandidaten mit der Mehrheitssuche; da würde die Wahl wohl auf den Vorsitzenden der Linksdemokraten, Massimo D'Alema, als Chef der größten Parlamentsfraktion fallen – der aber bisher wenig Neigung zeigt, sich bei der unsicheren Lage zu verschleißen. Dann blieben nur Neuwahlen. Die aber, so derzeit alle Prognosen, würde die Rechte haushoch gewinnen. Der linke Selbstmord wäre dann perfekt. So ruhen die Hoffnungen der Koalition auf einer Handvoll Neokommunisten, die am Ende gegen die Parteidisziplin und für den Machterhalt der Linken stimmen könnten. Werner Raith

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