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Analyse des Ost-Kongo KonfliktsKreislauf der Gewalt

Unzählige Rebellengruppen, Korruption, oder fehlende Rechtsstaatlichkeit? Warum der Osten des Kongo seit vielen Jahren nicht zum Frieden findet.

Sie fliehen vor dem Krieg in Goma. Aber der Frieden liegt in weiter Ferne. Bild: dapd

Die Dynamik der Kriege im Ostkongo ist ein endloser Kreislauf der Gewalt. Das Land – etwa so groß wie Westeuropa – ist kein Rechtsstaat, funktionierende Institutionen fehlen. Deshalb gründet jeder, der in der fernen Hauptstadt Kinshasa seine lokalen Pfründen zu verteidigen hat, eine bewaffnete Gruppe und erzwingt sich mit etwas Glück durch Terror und Mord einen Platz in Kongos Machtelite.

Das bringt Zugang zu den Fleischtöpfen: Weil im Ostkongo immer neue Milizen auftauchen, braucht Kongos Armeeführung ständig neue Millionensummen zur Kriegsführung. Das Geld verschwindet regelmäßig in privaten Taschen. Folge: Immer mehr Zivilisten werden zu Flüchtlingen, während in den großen Städten des Ostens die Villen der Kriegsgewinnler aller Seiten in den Himmel wachsen. Kein Profiteur hat ein Interesse daran, diesen Zustand zu beenden.

Als die Vorgängerin der M23, Kongos letzte große Tutsi-Rebellenbewegung CNDP (Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes), am 23. März 2009 mit Präsident Joseph Kabila Frieden schloss, verkündete sie das „unumkehrbare“ Ende ihres mehrjährigen Guerillakrieges. Zugleich vereinbarte sie mit der Regierung ein politisches Programm zur Befriedung Ostkongos.

Vereinbart wurden lokale „Versöhnungsausschüsse“, eine neu zusammengesetzte Polizei, arbeitsintensive Wiederaufbauprogramme, Sonderverwaltungsstrukturen – alles unter Aufsicht internationaler Vermittler.

Doch es geschah nichts. Das ist auch der offizielle Grund, warum die einstigen CNDP-Offiziere dieses Jahr wieder aus Kongos Armee austraten und eine neue Rebellenbewegung gründeten. In Anlehnung an den Friedensvertrag von 2009 nannten sie sich „Bewegung 23. März“ (M23). Jetzt haben sie geschafft, was ihren CNDP-Vorgängern nie gelang: die Einnahme von Goma, wichtigste Stadt Ostkongos. Und schon warnen sie, sie würden ihren Vormarsch fortsetzen, wenn Kabila nicht endlich mit ihnen redet.

Dessen Verbleib an der Macht im 2.000 Kilometer entfernten Kinshasa steht nun ernsthaft infrage. In Reaktion auf den Fall Gomas brannte in Kisangani bereits die Zentrale der Regierungspartei nieder, in der Hauptstadt kam es zu Demonstrationen. Kabila selbst rief im Staatsfernsehen zu „Ruhe“ und gleichzeitig zur „Mobilmachung“ auf – um dann gleich zu einem Regionalgipfel nach Uganda zu fliegen.

Kabila unter Druck

Die Regierung des Kongo steckt in der Klemme: Sie hat die M23 hartnäckig als reine Marionette des Nachbarlands Ruanda dargestellt und kann jetzt kaum in den von den Rebellen geforderten politischen Dialog einwilligen, ohne das Gesicht zu verlieren.

Aber Kabila hat es in seinen elf Jahren an der Macht nie geschafft, eine Armee aufzubauen, die der Bevölkerung Sicherheit bietet. Dies wirft ihm die zivile Opposition des Kongo vor – nachdem sie bereits seine Wiederwahl als Präsident im November 2011 als gefälscht ablehnte.

Die M23 muss nun beweisen, dass sie ihre politischen Ansprüche ernst nimmt. Im Umland von Goma warten unzählige lokale Gruppen auf die Gelegenheit, Angehörige des Tutsi-Volkes und überhaupt alle abzuschlachten, die Ruanda nahe stehen.

Unzählige solche Selbstverteidigungsmilizen sind im gesamten Ostkongo aktiv: Sie bekämpfen sich mal gegenseitig, mal massakrieren sie die Ethnie des Gegners. Über 1,6 Millionen Menschen sind deswegen in den Kivu-Provinzen auf der Flucht – 2,4 Millionen im ganzen Land. Jeden Monat werden es rund 100.000 mehr.

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3 Kommentare

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  • M
    magy

    zu Asi.........

    Wenn Sie alle die ein Handy haben, weil Rohstoffe dafür aus Kongo kommen vor Gericht stellen wollen, dann müssten Sie alle die Kakao (somit auch Schokolade) od. Kaffee trinken, Artikel die aus Palmöl hergestellt werden (wie auch Treibstoff für unsere Auto benutzen, Edelholz aus dem Luxusmöbel hergestellt werden od. wetterbeständiges Holzdielen oder Parkettböden hergestellt werden, Gold und Diamanten für die Luxusdamen und Herren die sich nicht genug behängen können um zu protzen, Kupfer, Uran. Erdoelgewinnung dafür man tausende Quadratkilometer Urwald abholzt allein in Kongo, worum und warum dort seit fast 20 Jahren Krieg im Kongo geführt wird vor Gericht bringen.

    Coltan ist nicht nur in den Handys auch in allem was die Chirurgie betrifft wie Chirurgenbesteck und Ersatzteile für Hüftgelenk, Brillen, Teile im Auto, in den Computern.

    Dann müssten Sie aber auch all die Leute vor Gericht bringen, die den Kongo seit Jahrzehnten mit Waffen beliefern und die deren Rohstoffe rücksichtslos ausplündern. Über allem steht die Gier nach Geld und Profit. Dann müssten Sie die ganze Welt anklagen besonders die großen Länder die im Congo rücksichtlos wüten, rücksichtslos auch den Menschen gegenüber. Der größte Abnehmer von Coltan ist eine bekannte deutsche Fa. und ihre Tochterfirma. Holzschlag extrem in Kongo ist auch eine deutsche Firma.

    Ihre Flüsse werden verseucht durch die giftigen Mittel bei der Förderung bestimmter Metalle, interessiert aber niemanden. Lesen bei Greenpeas.

    Die Menschen und ihr Leid, der Niedergang des schönen Landes und Natur, das Tausende - auch undendlich viele Kinder in den Minen gestorben sind und weiter sterben werden, kümmert uns hier doch nicht. Wir leben doch zu gerne nach dem Motto was geht mich das Leid anderer an, ist ja weit weg.

    Weil China und Indien schon so vergiftet ist, nur weil wir viele billige Kleidung haben wollen und dabei aber kräftigst daran verient wird, will man jetzt dafür in den Kongo gehen um an der Verfiftung der Natur und der Menschen auch beizutragen(?). Ist das nicht rücksichtlos ? Keiner tut was dagegen weil Profit über allem steht, viele versichern die Natur zu schützen und die dortigen Menschen zu respektieren aber man schaue bitte nach Kongo

  • CK
    CFI Kinderhilfe

    Wir sind sehr beunruhigt über die Lage im Kongo, da unser Kinderdorf nicht weit von Goma entfernt ist. Der Kinderdorfleiter hält uns auf dem Laufenden aber die Kinder sind verängstigt.

    CFI Internationale Kinderhilfe

  • AO
    Asi ohne Smartblubber

    Wichtig ist vor allem die sofortige Einstellung der Coltan-Schürfung. Sie hat nicht nur Millionen Tote im Kongo zur Folge, deren Blut in unseren Handies fliesst, sondern verursacht auch noch Brustkrebs.

    Allerdings müssen Handy- und Computerbesitzer wegen den Millionen Toten vor's Kriegsverbrecher-Tribunal.