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Ampel-Verhandlungen über BundeshaushaltGrüne leise, Rote laut

Die SPD macht im Etat-Streit öffentlich Druck. Die Grünen stehen ihnen in der Sache nahe, verzichten aber auf steile Äußerungen. Woran liegt das?

Habeck und Scholz Foto: Sabina Crisan/dpa

Berlin taz | Die So­zi­al­de­mo­kra­t*innen halten auch in der neuen Woche nicht still. Der neueste Aufschlag kommt am Montag von den drei Flügelvereinigungen der Bundestagsfraktion: „Das Dogma der Schwarzen Null bedeutet Stillstand und wirtschaftliche Unvernunft“, heißt es in einer Erklärung der Vorsitzenden von Seeheimer Kreis, Parlamentarischer Linken und Netzwerkern. Es komme jetzt darauf an, einen tragfähigen Etat aufzustellen, Ausnahmen von der Schuldenbremse zu machen und sie noch dazu zu reformieren.

Kurz vor der Entscheidung über den nächsten Bundeshaushalt steigt damit noch einmal der öffentliche Druck aus der SPD. Mitte nächster Woche, so der bisherige Plan, soll das Kabinett den Etatentwurf beschließen. Bisher gab es in den Verhandlungen aber keinen Durchbruch. Die FDP unter Christian Lindner will Steuern senken und gleichzeitig an der Schuldenbremse festhalten. Grüne und SPD dagegen wehren sich gegen massive Kürzungen quer durch die Ressorts.

Wobei: Öffentlich sind es eben vor allem die Roten, die erbittert vor einem Sparhaushalt warnen. Die Parteilinken vom Forum DL21 haben ein Mitgliederbegehren gegen Kürzungen auf den Weg gebracht. Parteichefin Saskia Esken warf dem Finanzminister vor, mit seinem „rigiden Sparkurs“ einen „historischen Fehler“ zu begehen.

Zahm klingt im Vergleich dazu Grünen-Chefin Ricarda Lang am Montag nach der Vorstandssitzung ihrer Partei. Auch sie fordert zwar, die Schuldenbremse akut nicht zu eng auszulegen und sie langfristig zu reformieren. Sie sagte aber auch: „Ich würde mir wünschen, dass sich nicht alle öffentlich ihre eh schon bekannten Positionen um die Ohren hauen.“

Zu defensiv treten die Parteivorsitzenden in dieser Frage auf, sagen manche Grüne. Ein Vorbild sollten sie sich an der Bundestagsfraktion nehmen, die sich kontinuierlicher gegen die Schuldenbremse positioniere. Allein ist die Parteispitze damit allerdings auch nicht: Ob Abgeordnete, Basis oder Parteijugend – im Vergleich zur SPD wirken in diesen Tagen alle zurückhaltend.

Ein Bündel von Gründen

Das könnte damit zu tun haben, wie die beiden Parteien ihre Niederlagen bei der Europawahl verdauen. Zwar sind auch die Grünen ernüchtert über ihre Verluste. Fehlersuche und Strategiedebatte laufen. Dazu kommt aber eine gewisse Gelassenheit. Wer sich noch an Wahlergebnisse um 8 Prozent erinnert, kann mit 12 Prozent halbwegs leben. Wer wie die SPD das Selbstverständnis einer Volkspartei mit sich herumträgt, hat mit 14 Prozent ein größeres Problem. Entsprechend ausgeprägter ist die Unruhe unter den Sozialdemokrat*innen.

Und entsprechend stärker ist in der SPD nach der Wahl auch der Wunsch, wieder mehr Profil zu zeigen. Dieses Anliegen gibt es zwar auch unter Grünen. Dort dominiert aber immer noch das Bestreben, sich nicht zu öffentlich mit den Koalitionspartnern zu streiten – zum einen, weil die Öffentlichkeit das nicht honoriere, und zum anderen, weil die FDP dann erst recht auf stur schalten könnte.

Gleichzeitig ist bei den Grünen das Vertrauen in ihren Verhandlungsführer Robert Habeck weniger niedrig als das der SPD in Olaf Scholz. Intern wurde zwar auch der grüne Vizekanzler in den letzten Wochen wiederholt gemahnt, es mit seiner Kompromissbereitschaft nicht zu übertreiben. Inhaltlich gibt es aber zumindest keinen großen Dissens: Öffentlich hat sich Habeck immer wieder gegen die Schuldenbremse ausgesprochen. Der Kanzler dagegen hat sich in Interviews teilweise hinter Lindner gestellt. Man stärke Scholz in den Verhandlungen den Rücken, heißt es in der Erklärung der SPD-Flügel vom Montag. Genauso gut hätte dort aber wohl stehen können: Man nordet ihn ein.

Und schließlich: Die gravierendsten Kürzungen verlangt Christian Lindner von SPD-geführten Ressorts wie dem Arbeits-, dem Innen- und dem Entwicklungsministerium. Bei den Grünen trifft es massiv dagegen nur das Auswärtige Amt von Annalena Baerbock. In anderen Fragen beklagten die Grünen in der Vergangenheit oft, sie stünden in der Ampel alleine da – aus der SPD bekämen sie gegen die FDP keine Unterstützung. Eine rot-grüne Solidarität hat sich in der Ampel nie ausgebildet. Also ist unter Grünen jetzt auch keine große Lust zu verspüren, sich öffentlich für SPD-Leute zu verkämpfen.

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11 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Wir haben kein Einnahmen- sondern ein Ausgabenproblem.



    Mit der CDU wird es nicht besser sondern.....



    eine Erinnerung an 16 Jahre Merkel hilft!



    Schaun wir mal, was kommt.



    Die Hoffnung liegt in den letzten Zügen!

    • @M. S.:

      der Staat ist kein Wirtschaftsunternehmen, das ist ein wichtiger Unterschied!



      Eine Firma geht pleite, wenn sie mehr ausgibt als sie absehbar einnehmen kann.



      Ein Staat dagegen kann (bei richtigen Investitionsentscheidungen) die Steuer-Einnahmen durch kreditbasierte Ausgaben erhöhen. Ein makroökonomisches Subjekt, wie der Staat kann den "Markt" schaffen, aus dem dann die Steuer-Einnahmen fließen.

  • Die Grünen können jetzt mal entspannt zuschauen, wie sich die SPD an der FDP abarbeitet, Der Kanzler und seine Partei haben die Grünen trotz inhaltlicher Nähe auflaufen lassen. Nun läuft es halt anders rum. Das ist nur fair.

  • Die Grünen haben vielleicht etwas kapiert, die SPD offensichtlich nicht. Diese Sache muss geräuschlos vonstatten gehen, denn ansonsten gibt es vom Wähler die Quittung. Dem ist es egal, wer sich wem gegenüber profiliert hat, der will Ergebnisse. Die bekommt man nicht, wenn man jeden Kompromiss vom Medienzirkus zerreden lässt.

  • Die Solidarität zwischen SPD und Grünen ist sehr stark. Klugerweise zeigt man das aber nicht so oft, weil ansonsten die FDP mit dem Rücken zur Wand jedes Mal laut aufbrüllen müsste um gegenzuhalten. Man braucht ja nunmal die FDP, da kann man nicht ständig zu zweit draufhauen.

  • Ich baue und hoffe auf Herrn Lindner und kann ihm nur zurufen "bleiben Sie standhaft".



    Das Land verlässt sich auf Sie!

    • @Andere Meinung:

      Das Land nicht und die Wirtschaft auch nicht..

  • Bei den Grünen " dominiert das Bestreben sich nicht öffentlich mit den Koalitionspartnern zu streiten"?



    Darf ich annehmen, dass es sich hier um einen Scherz handeln soll, oder wird die Geschichte der letzten zwei Jahre umgeschrieben?



    Die meisten der Konflikte in der Ampel wurden zwischen FDP und Grünen, ja !, auch öffentlich! , geführt und die SPD musste dann Schiedsrichter spielen.



    Es wäre schön, wenn wir uns auf gewisse Grundlagen der Realität beziehen könnten!



    Es nutzt auch nicht, zu relativieren, dass die Europawahl die größte Klatsche für die Grünen war.



    Ich finde allerdings, dass das gemeinsame Ziel einen sollte und wir zu viele Krisen zu bewältigen haben, als dass Parteipolitik die erste Geige spielen sollte.

  • Den Grünen ist klar, dass Lindner nicht nachgeben wird. Muss er auch nicht, dass Grundgesetz ist auf seiner Seite. Wenn man die Koalition also innerlich bereits aufgegeben hat, dann hält man sich lieber zurück. Sonst läuft man Gefahr bei der nachfolgenden Bundestagswahl als Buhmann dazustehen. Den Job überlässt man lieber der SPD, die dem Irrglauben erliegt, die Klatsche des Wählers bei der Europawahl stünde mit zu geringen Zuwendungen im Zusammenhang. Für die Grünen gilt jetzt rette sich wer kann. Hauptsache mehr Prozentpunkte als die SPD, dann koaliert man doch noch staatstragend mit der CDU. Allerdings hat die CDU mit dem BSW tatsächlich mehr Gemeinsamkeiten. Es bleibt also weiter spannend.

  • Dieses "Dogma" ist der aktuelle Stand des GG, Art. 109, Verfassungsrecht mithin. Die SPD will das brechen. man stelle sich vor, die AfD ... "Haldenwang, Ihr Einsatz !"

    D hat weder ein Einnahmen-, noch ein Kredit-, sondern ein überbordendes AUSGABEN-Problem.

  • nun muß die SPD mal ran. Die Grünen haben sich ja schon ihre Portion Medienschelte abgeholt... strategisch ist das nicht unklug und vor allem gut, dass die SPD auch mal etwas will!