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Ampel-Koalition kippt eigenen Plan„Rasse“ bleibt im Grundgesetz

Der Koalitionsvertrag sah vor, den Begriff aus Artikel 3 zu streichen. Das war aber auf Kritik gestoßen – unter anderem beim Zentralrat der Juden.

Aktuell wird auf politischer Ebene über den Begriff Rasse in Artikel 3 im Grundgesetz diskutiert Foto: Jannis Große/imago

Düsseldorf afp | Die Ampel gibt einem Medienbericht zufolge ihre Pläne auf, das Wort „Rasse“ aus dem Grundgesetz zu streichen und es zu ersetzen. Darauf hätten sich die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP verständigt, berichtete die Düsseldorfer Rheinische Post am Freitag unter Berufung auf Koalitionskreise. „Da sind wir uns einig“, hieß es demnach übereinstimmend.

Im Koalitionsvertrag war vereinbart worden, das Wort aus Artikel 3 des Grundgesetzes zu entfernen. Dort heißt es im dritten Absatz: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Die Ampel wollte den Begriff „Rasse“ streichen und ein Verbot der Diskriminierung aufgrund sexueller Identität hinzufügen.

Aus Koalitionskreisen hieß es nun laut der Rheinischen Post, mit dem Verzicht auf die Streichung des Begriffs folge die Ampel den Bedenken des Zentralrats der Juden. Dessen Präsident Josef Schuster hat erklärt, er sei gegen eine Streichung, weil das Wort an die Verfolgung und Ermordung von Millionen Menschen, „in erster Linie Jüdinnen und Juden“ erinnere.

„Die Einwände und Hinweise sind richtig“, hieß es dazu laut Rheinischer Post aus Koalitionskreisen. Darüber hinaus sei das Ersetzen des Begriffs juristisch zu kompliziert: „Es gibt erhebliche Bedenken, welche Formulierung das gleiche Schutzniveau garantiert.“

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14 Kommentare

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  • ...da es beim Menschen keine Rassen gibt, wie in der Tierwelt, ist es doch völlig Abstrus, hier im Grundgesetz eine Begrifflichkeit einfließen zu lassen, der im Bezug auf Menschen nicht zutrifft.



    Diskriminierung in jeglicher Hinsicht- wäre doch treffend.



    Eventuell könnte man die übrigen Aufzählungen, mit Morden von Mitmenschen egal aus welchen Gründen ist zu unterlassen, vervollständigen.

    • @Alex_der_Wunderer:

      "...da es beim Menschen keine Rassen gibt..."



      Ja, wir wissen das. Es gibt aber Leute, die das anders sehen. Und wenn die an die Macht kommen...



      Ich würde vorsichtshalber mal "Rasse" drin stehen lassen.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Ich bin mir zu 99% sicher dass morden auch jetzt schon zu unterlassen ist...

  • Wie wären dann eigentlich rassistische Vorfälle zu melden? Ohne das Wort Rasse im GG kann man schlecht jemanden Rassismus vorwerfen.

    • @Abraham Abrahamovic:

      Guter Einwand! Das Wort Banküberfall steht übrigens auch nicht im Grundgesetz genau so wenig wie Trunkenheit am Steuer oder Parkverbot..

      • @da Customer:

        Wie belangen Sie jemanden für Rassismus wenn es keine Rassen gibt (darüber sind wir uns hoffentlich einig) und in keinem gesetzlichem Text darauf hingewiesen wird? Wenn der Begriff entfernt wird muss man auf Diskriminierung zurück greifen, ich finde das zumindest verharmlosend.

  • Weil man "jüdisch" als Rasse bezeichnet hat, wurde das Ausgrenzen ja erst leicht gemacht.



    Wir wissen, dass es nur eine Rasse gibt, nämlich die Menschliche Rasse.



    Da hat der Zentralrat der Juden sich einen Bärendienst erwiesen.



    Jetzt können die Judenhasser weiter von "Rasse" reden.



    Fein gemacht, Herr Schuster.



    Klassisches Eigentor!

  • Der "Rasse-Begriff" ist wissenschaftlich gesehen schon seit Jahren überholt. Alle Menschen sind genetisch zu 99% gleich. Der schon fast unbedeutende Rest entscheidet über körperliche Unterschiede (zum Beispiel Körpergröße). Wer das Wort noch ernsthaft benutzen möchte, sollte mal über seine Gesinnung nachdenken. Zusammengefasst: Das Wort ist nicht mehr zeitgemäß und erinnert an schlimme Zeiten. Weg damit!

  • Also Minus das Wort Rasse hätte man auch ein Problem. Was sollte denn das Alternativwort sein? Sexuelle Identität umfasst ja etwas anderes. Herkunft? Passt ebenfalls nicht, wenn jemand ausländisch gelesen wird, aber deutscher Staatsbürger:in ist. Hautfarbe passt nicht, wenn jemand wie viele Türk:innen hellhäuig ist, aber diskriminiert wird. Und es ist ein Gesetz. Man kann keine langwierigen Umschreibungen liefern. Ergo haben wir ein vielleicht unvollkommenes Wort, welches das Richtige will. Die Alternative wäre halt, das richtige Wort wählen bzw. das falsche Wort abwählen und ungewollt vermutlich das Falsche erzielen.

  • schwierig?

    Schwierig ist es nur, wenn man ganau das was mit dem alten Begriff "Rasse" gemeint war ausdrücken möchte.

    Und das es das biologisch nicht gibt ist nunmehr eindeutig.

    Die Begriffe "Abstammung" und "Herkunft" regeln genau das was es zu regeln gibt..

    • @Friderike Graebert:

      ...., dass es das was ....

  • Da sieht man m.E., dass auch das Streichen reine Symbolpolitik gewesen wäre. Es ist schwer zu vermitteln, dass die Regierung für Symbolpolitik Zeit hat, wenn ansonsten alles im Argen liegt.

    • @Strolch:

      Es zeigt auch ein gewisses Problem, dass man sich anscheinend zusammen setzt, etwas einhellig gut findet und sich anscheinend nicht ausreichend mit Menschen auseinandergesetzt hat, welche davon betroffen sind oder außerhalb der Politik sich befinden.

      • @Hitchhiker:

        ...sich anscheinend nicht ausreichend mit Menschen auseinandergesetzt hat, welche davon betroffen sind...



        Das ist das Alleinstellungsmerkmal von Politik.