Amoklauf von Winnenden: Neuauflage im Waffen-Prozess
Der BGH hebt das Urteil gegen den Vater des Amokschützen wegen eines Verfahrensfehlers auf. Er wurde verurteilt, da er angeblich um die Mordphantasien des Sohnes wusste.
FREIBURG taz | Der Prozess wegen des Amoklaufs von Winnenden vor drei Jahren muss noch einmal neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung von Jörg K., dem Vater des getöteten Amokschützen Tim K., wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben.
Im März 2009 hatte der 17-jährige Tim K. 15 Menschen erschossen – die meisten von ihnen Schülerinnen und Schüler seiner Ex-Schule. Dabei benutzte er eine Waffe seines Vaters. Zwei Jahre später, im Februar 2011, verurteilte das Landgericht Stuttgart den Vater wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von 21 Monaten. Jörg K. habe seine Waffen und Munition nicht ausreichend gesichert, obwohl er wusste, dass sein Sohn Tötungsfantasien hatte. Auch habe er den Sohn in den Schützenverein mitgenommen, statt für eine therapeutische Betreuung zu sorgen.
Wichtigste Belastungszeugin war die Kriseninterventions-Helferin Anita L., die die Familie K. seit dem Amoklauf betreute. Sie sagte vor Gericht zunächst aus, dass Vater K. von den Mordfantasien seines Sohnes wusste. Zwei Wochen später widerrief sie die Aussage und schilderte eine für Jörg K. günstigere Version. Daraufhin leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen versuchter Strafvereitelung ein. Anita L. kehrte nun wieder zu ihrer ersten Version zurück. Das Landgericht billigte ihr aber im Übrigen wegen des drohenden Strafverfahrens ein Aussageverweigerungsrecht zu, so dass Jörg K.s Verteidigung die wichtigste Zeugin nicht befragen konnte.
Der BGH wertete dies nun als schweren Verfahrensfehler. Straftaten, die erst durch eine falsche Aussage begangen werden, berechtigten nicht zur Aussageverweigerung, so der BGH. In einem neuen Prozess kann Jörg K. aber erneut wegen fahrlässiger Tötung verurteilt werden, wie der BGH in seinem Beschluss andeutete.
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