Amoklauf an Schule in Graz: Landesweite Schweigeminute in Österreich
Österreich gedenkt der Opfer des Amoklaufs. Sie waren fast alle zwischen 14 und 17. Beim Täter wurden Pläne für einen Sprengstoffanschlag gefunden.

Die Polizei teilte am Mittwoch im Onlinedienst Bluesky mit, dass bei einer Hausdurchsuchung bei dem 21-jährigen Schützen, der nach der Tat Suizid begangen hatte, „ein Abschiedsbrief sowie eine nicht funktionsfähige Rohrbombe gefunden“ worden seien. Zudem wurde auch Pläne für einen Sprengstoffanschlag gefunden. Diese Pläne seien offenbar verworfen worden, teilte die österreichische Polizei am Mittwoch mit.
Laut der österreichischen Nachrichtenagentur APA wurde der Abschiedsbrief in analoger und digitaler Form gefunden.
Laut Berichten österreichischer Medien soll der Täter seiner Mutter in einem Video die Tat angekündigt haben. Als sie sich daraufhin umgehend bei der Polizei meldete, habe ihr Sohn bereits in der Schule geschossen.
Der junge Mann lebte zusammen mit seiner Mutter, hieß es von der Polizei. Sein Vater lebte getrennt von ihm und der Mutter.
Der dem Innenministerium in Wien zugeordnete Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, hatte dem ORF zuvor gesagt, dass der an die Eltern des Schützen gerichtete Abschiedsbrief keinen Hinweis auf das Tatmotiv gebe.
Medien hatten spekuliert, dass der Täter in seiner Schulzeit gemobbt worden sei. Nach Polizeiangaben hatte er die nun angegriffene Schule besucht, aber keinen Abschluss gemacht.
Die meisten Opfer waren zwischen 14 und 17 Jahren alt
Die Polizei aktualisierte auch ihre Angaben zu den Opfern des Amoklaufes. Demnach starben sieben Mädchen und drei Jungen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren vor Ort. Zunächst hatte die Polizei von 15- bis 17-Jährigen gesprochen. Unter den Toten war ein Pole, die anderen waren österreichische Staatsbürger. Eine schwer verletzte Lehrerin starb am Abend im Krankenhaus.
Elf Verletzte werden weiterhin in Kliniken in Graz betreut, neun von ihnen auf Intensivstationen. Sie alle befänden sich in einem stabilen Zustand, erklärte die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft. Die Verletzten sind zwischen 15 und 26 Jahre alt. Acht Verletzte stammen aus Österreich, zwei aus Rumänien, und eine Person stammt aus dem Iran.
Lehrer schildert den Tattag
Ein Religionslehrer an der Schule schilderte AFP den Tattag: Nach dem Eintreffen der Polizei hätten alle „mucksmäuschenstill“ das Schulgelände verlassen. Er selbst war demnach während des Angriffs allein in einem Klassenraum, weil die Schüler derzeit ihren Matura-Abschluss machen. Als er aus der Klasse zum Treppenhaus gelaufen sei, habe er den Schützen gesehen. Dieser habe „gerade versucht, mit seinem Gewehr die Tür aufzuschießen“ und sei daher abgelenkt gewesen.
Die Tat löste über die Landesgrenzen hinaus Erschütterung aus. Die Regierung in Wien ordnete eine dreitägige Staatstrauer an, die Flaggen an öffentlichen Gebäuden im Land wurden auf halbmast gesetzt. In seiner Reaktion am Dienstag sprach Bundeskanzler Christian Stocker von einer „nationalen Tragödie“ und einer „unfassbaren Tat“.
Landesweite Schweigeminute
Am Mittwoch um 10.00 Uhr wurde eine landesweite Schweigeminute abgehalten. In Graz umarmten Menschen einander und legten vor dem Tatort weinend Blumen, Kerzen und Botschaften ab. Ein Schüler der Schule namens Ennio beschrieb die Lage nach der Bluttat als „surreal“. „Man kann es weder beschreiben, noch wirklich begreifen“, sagte er.
Daher bitte er die Öffentlichkeit und die Medien, „uns zumindest für die nächsten Tage noch in Frieden trauern zu lassen“. Er verwies auf Berichte, dass Schülerinnen und Schüler „belästigt“ und bedrängt worden seien, sich zu der Tat zu äußern.
An dem Gedenken am Mittwoch beteiligten sich die Kirchen im Land, darunter auch der Wiener Stephansdom, mit Trauergeläut, wie APA berichtete. Auch der Ministerrat hielt demnach eine Trauerminute ab, der Sender ORF unterbrach sein Fernseh- und Radioprogramm und in der Hauptstadt Wien standen rund 900 Fahrzeuge des öffentlichen Nahverkehrs still. Auf Anzeigentafeln an den Haltestellen stand zu lesen: „Wir stehen zusammen für Graz“
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