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Amnesty-Bericht zu WM in Katar„Nepalesen wie Vieh behandelt“

Zwölf-Stunden-Schichten, kein Lohn, Pässe weg. Amnesty International hat einen Bericht zu den Arbeitsumständen auf Katars WM-Baustellen veröffentlicht.

Im Zeichen des Balles: Katars Hauptstadt Doha Bild: dpa

BERLIN/DOHA epd/taz | Bei den Vorbereitungen auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar werden laut Amnesty International (AI) systematisch die Rechte von Gastarbeitern verletzt. In einem am Sonntag in Doha veröffentlichten Bericht wirft die Menschenrechtsorganisation Bauunternehmen vor, Arbeitsmigranten bis hin zur Zwangsarbeit auszubeuten.

„Viele Arbeiter erhalten oft monatelang keinen Lohn und werden trotzdem zur Arbeit gezwungen, indem man ihnen mit einem kompletten Lohnausfall oder der Abschiebung droht“, erklärte Regina Spöttl, Katar-Expertin von Amnesty International Deutschland. Zudem gebe es auf einigen Baustellen weder Schutzhelme noch genug Trinkwasser. Ein Zulieferer habe Arbeiter genötigt, an heißen Sommermonaten sieben Tage die Woche bis zu zwölf Stunden zu arbeiten.

Die Gastarbeiter seien zudem oft in überfüllten Unterkünften ohne Strom oder sanitäre Anlagen untergebracht. Spöttl kritisierte auch das sogenannte Sponsorengesetz, wonach ausländische Arbeiter verpflichtet seien, sich eine Genehmigung ihres Auftraggebers einzuholen, wenn sie Katar verlassen möchten. „Die Unternehmen nutzen dieses Gesetz, um ihre Arbeiter unter Druck zu setzen“, sagte Spöttl. In einem Fall sei elf Männern der Pass entzogen worden, bis sie fälschlicherweise den Erhalt ihres Lohns quittierten.

Der britische Guardian hatte bereits über 44 tote nepalesische Arbeiter zwischen Juni und August 2013 berichtet. Die Botschaft des Landes spricht im Jahr 2012 von 174 Toten, allerdings könne man nicht sagen, wie viele davon in der Bauindustrie gearbeitet haben, schreibt AI und zitiert in seinem Report einen Arbeiter mit den Worten: „Nepalesen werden wie Vieh behandelt.“

Spöttl kritisiert die Regierung Katars, die es versäumt habe, Verstöße gegen das Arbeitsrecht konsequent aufzudecken und zu ahnden. Auch der Fußballweltverband Fifa und die WM-Organisatoren müssten sich dafür einsetzen, dass weitere Menschenrechtsverletzungen verhindert werden. AI hatte den Report im Vorfeld der Fifa vorgelegt und zitiert aus der Antwort der Organisation: „Herr Blatter [Präsident der Fifa, d. Red.] wird katarische Autoritäten erneut über die Angelegenheit in Kenntnis setzen“, heißt es darin.

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6 Kommentare

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  • Und Beckenbauer macht die drei Affen!

  • D
    D.J.

    @R. Winters,

     

    nun, warum sollte da Unrechtsbewusstsein vorhanden sein? Die Sklaverei (Sklavenjagden, Kriegssklaverei, Sexualsklaverei) ist 1300 Jahre lang selbstverständliche islamische Praxis gewesen. Zwar wurde in den letzten Jahrzehnten offiziell auch in isl. Ländern die Sklaverei offiziell abgeschafft, aber kaum aufgrund abolitionistischer Bestrebungen in den Ländern selbst. Und auch heute noch betonen viele islamische "Rechtsgelehrte", dass die Sklaverei nur momentan ausgesetzt sei (wenn es wenigstens so wäre).

  • RW
    Rainer Winters

    Auch in Jordanien dieselbe Situation. Das Heer der Arbeitsmigranten darf nur ins arabische Land, wenn man einen Arbeitsvertrag für ein paar Jahre unterschreibt. Dann ist man aber wie ein Sklave jahrelang an den Arbeitgeber gebunden. Sind die Arbeitsbedingungen elend, hat man die Wahl zwischen

     

    a) zurück ins verarmte Mutterland (Nepal, Bangladesch, Philippinen etc.) oder

     

    b) weiter zu machen bis zum Tod

     

    Was aber komischerweise tot geschwiegen wird - bislang auch von der Presse nicht erfasst wurde – sind die Kriegssklaven, die auf allen Baustellen in den Golfstaaten Dubai, Abu Dhabi, Doha, Bahrein arbeiten. Diese stammen zu einem erheblichen Teil aus dem Sudan, werden von Regierungstruppen gefangen genommen, am Roten Meer in Port Sudan eingeschifft und in die entsprechenden Länder verkauft. Hier verkauft die Regierung Menschen an die Araber, die sie auch noch kaufen. Welche Rechte diese Menschen haben, kann man sich vorstellen.

     

    Und dann fliegen Heerscharen von gutgläubigen ignoranten Deutschen nach Dubai, um sich den Glanz des Landes anzuschauen. So entsteht der Häuserglanz auf Kosten der Ausgebeuteten.

     

    Wer diese Berichte nicht glaubt, wende sich an irgendwelche beliebige NGOs, die vor Ort aktiv sind. Die UNO hat, u. a. in Addis Abeba hierzu stapelweise Berichte. Offiziell schweigt man.

  • N
    Nevs

    Ach,

    wen interessiert es denn?

     

    Irgendwann werden dann in Katar die sakralen Bauten der "Religion Fußball" eingeweiht und die Hohepriester (Mannschaften) aus aller Herren Länder werden ihre Riten (Spiele) abfeiern.

     

    Dann wird niemand mehr über die Sklaven nachdenken, die benutzt wurden, um diese religiösen Feierlichkeiten möglich zu machen.

     

    Hauptsache dem Gott Fußball und dem Gott Mammon konnte gehuldigt werden.

  • D
    D.J.

    Nichtmuslimische Gastarbeiter (wie die Nepalesen) stehen nun einmal in der Hackordnung dieses unappetitlichen Regimes ganz weit unten; viel weiter unten als einheimische Frauen oder muslimische Gastarbeiter. Darunter stehen dann nur nichtmuslimische weibliche Hausangestellte. Da die Scharia Sex mit Sklavinnen ausdrücklich erlaubt, kommt es oft zu derlei Übergriffen von "Besitzern", die - warum auch - den feinen Unterschied von Angestellter und Sklavin nicht erkennen wollen. Von Solidarisierung einheimischer Frauen ist da nichts zu spüren. Man ist ja allemal etwas weit besseres.

    Ein Staat, in dem die Scharia herrscht, ist immer ein menschenverachtender Staat. Immer.

  • A
    Andrea

    Wann endlich protestieren die Herren Millionäre à la Ronaldo, Messi, Özil etc. gegen diese Sklavenhalterei? Immerhin werden die "Stadien" in der Wüste Katars zu ihren Gunsten gebaut. Oder wäre es von den genannten Fußballern zuviel verlangt, auch einmal zu denken, anstatt sich immer nur voll zu fokussieren, die Leistung abzurufen und nach hinten voll einen rauszuhauen? Von der FIFA kommt nichts, dann blieben Kicker mit einem halbwegs intakten politischen Bewusstsein als letzte Hoffnung.