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Amerika-Gipfel in PeruKorrupte gegen die Korruption

Das Treffen der amerikanischen Staatschefs widmet sich dem Antikorruptionskampf. Mit Blick auf die Lage im Gastgeberland ist das nicht ohne Witz.

Da hilft auch polieren nicht: Perus Staatschefs stehen in einer traurigen Korruptionstradition Foto: reuters

LIMA taz | Perus Hauptstadt hätte an diesem Wochenende großes Politikdrama erleben können. Doch US-Präsident Donald Trump hat seine Teilnahme am Gipfel der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) abgesagt und stattdessen Vize Mike Pence nach Lima beordert. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro fliegt ebenfalls nicht. Er war ausgeladen worden, hatte aber zunächst angekündigt, trotzdem kommen zu wollen.

So bleibt der große Populisten-Showdown in Peru aus. Aber es wird einen großen Abschied geben: Raúl Castro kommt, der am 19. April als Staatschef Kubas abtritt. Castro wird auch bei der parallelen linken Gegenveranstaltung „Gipfel der Völker“ erwartet, an dem er gemeinsam mit Boliviens Präsident Evo Morales teilnimmt.

Fast in den Hintergrund gerät bei dem Durcheinander das offizielle Thema des Treffens: Regierungsarbeit unter der Last von Korruption. Zwar verschont die lateinamerikanische Justiz inzwischen auch Exstaatschefs oder solche im Amt nicht mehr vor entsprechender Strafverfolgung. Aber auf einen korrupten Kopf kann ein weiterer folgen, wie exemplarisch geschehen im Gastgeberland des Gipfels. Allein gegen drei peruanische Expräsidenten ermittelt die Justiz im kontinentalen Schmiergeldskandal um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht.

Als bislang letzten Staatschef erwischte es vor drei Wochen Präsident Pedro Pablo Kuczynski. Der kam einem Amtsenthebungsverfahren wegen versuchten Stimmenkaufs zuvor und reichte seinen Rücktritt ein. Viele Peruaner hatten Kuczynski vor allem gewählt, um Keiko Fuji­mori, Tochter des wegen Menschenrechtsverbrechen verurteilten Exdiktators Alberto, als Präsidentin zu verhindern. Doch Kuczynski wollte im Odebrecht-Skandal seinen Kopf retten und begnadigte deshalb Keikos verhassten Vater. Spätestens da war der Burgfrieden mit den Gegnern des Fuji­mori-Clans vorbei.

Das neue Kabinett ist wie das alte. Weiß, rassistisch, aus der Oberschicht

Ana Vidal, Menschrechtlerin

Statt Kuczynski sitzt nun dessen vorheriger Vize Martín Vizcarra im Regierungspalast; niemand aus Lima, sondern aus der Provinz. „Wegen seiner Herkunft hatten wir Hoffnungen in ihn gesetzt, aber das neue Kabinett ist wie das alte. Weiß, rassistisch, aus der Oberschicht“, sagt Ana Vidal vom peruanischen Menschenrechtsdachverband ­CNDDHH. Auch Vizcarra hat keine weiße Weste. Kuczynskis Exminister für Transport und Kommunikation soll umstrittene Bauverträge für einen Flughafen in der Nähe der Touristenhochburg Cuzco verantwortet haben. Verändert habe sich bislang nichts, sagt Ana Vidal, und auch aus Frust interessiere der Gipfel in Lima kaum jemanden: „Die Korrupten organisieren einen Gipfel gegen Korruption.“

Korruption als drängendstes Problem

Transparency International positioniert Peru auf seinem Korruptionswahrnehmungsindex auf Rang 96 von 180 untersuchten Ländern. Acht von dreizehn südamerikanischen Staaten sind in der unteren Hälfte der Liste zu finden. Laut einer aktuellen Umfrage ist Korruption für die Peruaner das drängendste Problem, 28 Prozent wollen es als Priorität der Regierungsarbeit sehen. 85 Prozent sprechen sich dafür aus, dass alle Kabinettsmitglieder ihre Einkünfte offenlegen müssen.

Besonderen Einfluss auf die Regierung und die Korruptionsbekämpfung hat der Minister für Justiz und Menschenrechte, der den Präsidenten direkt berät. Vizcarra berief Salvador Heresi an seine Seite, einen weißen Anwalt aus Kuczynskis Partei, der keine Erfahrung in Menschenrechtsfragen hat. Wegen enger Verbindungen zu korrupten Politikern forderte der ­CNDDHH bereits vergeblich die Abberufung Heresis.

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