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AmeisenplageDie kleinen Tiere, ihre Angriffslust und ich

Ameisen sind klein, aber oho. Sie denken, sie seien stärker als der Mensch. Aber da haben sie sich geschnitten. Schließlich ist der Mensch viel größer.

Waldameisen in Kampfstellung Foto: R.Sturm/imago

A n dieser Stelle möchte ich mal meinen Unmut darüber ausdrücken, wie scheiße blöd Ameisen sind. Denn man sitzt bloß still da, ohne sie zu bedrängen oder zu belästigen, und dennoch latschen sie auf uns drauf und über uns drüber. Und beißen dabei auch noch zu – ohne jede Not.

In meinen Augen ist das in der Tierwelt singulär. Denn jedes andere Tier, das einen Menschen in welcher Form auch immer attackiert, kann einen nachvollziehbaren Grund vorweisen. Ein Eisbär hat Hunger, ein kurzsichtiger Hai verwechselt uns mit Essen. Ein Hund will nicht zum Friseur und eine Katze nicht zum Tierarzt. Einem Wildschein, einem Grizzly, einer Wespe oder einer Giftschlange ist man, meist versehentlich, zu nah gekommen. Das ist oft schlicht Pech, nicht selten für beide. Ich als Mensch kann das dann durchaus akzeptieren, da muss ich eben besser aufpassen.

Sie bringen mich grundlos gegen sie auf. Bei allem Respekt: Die Grenzen zwischen Mut und Dummheit können ganz schnell verwischen

Oder Mücken, Zecken, Bremsen. Die haben halt Durst, die müssen von mir trinken. So etwas verstehe ich total. Das sind ja existenzielle Bedürfnisse, da kann man auch als Mensch inhaltlich komplett andocken. Natürlich haben wir dann einen Interessenskonflikt, weil es ja mein Blut ist, und außerdem piekt und juckt die Entnahme. Aber diesen Konflikt handeln wir ganz sauber aus, von erwachsenem Lebewesen zu erwachsenem Lebewesen.

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Ich schlage nach ihnen und sie versuchen auszuweichen. Das ist im Grunde wie im Wilden Westen: Wer zieht schneller? Nicht nur die jeweiligen Motive, auch die Regeln liegen für alle Beteiligten gut sichtbar auf dem Tisch. Das ist transparent und fair.

Ganz anders jedoch die Ameise. Sie beißt einfach so. For no! Fucking! Reason! Was erlaube Ameise? Und es ist ja auch aus ihrer Perspektive nur rotzedumm. Denn so bringen sie mich doch grundlos gegen sie auf. Das müssen die doch wissen! Und bei allem Respekt vor ihrer Kühnheit muss schon mal deutlich gesagt werden, dass die Grenzen zwischen Mut und Dummheit ganz schnell verwischen können. Das ist hier der Fall.

Ich denke, ich kann, auch ohne speziell den sportlicheren und ambitionierteren unter ihnen zu nahe zu treten, behaupten, dass ich größer und stärker bin als sie. Und was meinen sie wohl, wie ich reagiere, ja, reagieren muss, wenn sie mich ohne jeden Anlass angreifen und verletzen – na, hat vielleicht irgendjemand einen Tipp?

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Uli Hannemann
Seit 2001 freier Schreibmann für verschiedene Ressorts. Mitglied der Berliner Lesebühne "LSD - Liebe statt Drogen" und Autor zahlreicher Bücher.
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