Amazon plant E-Book-Verleih: Bibliothek für die U-Bahn
Amazon plant, ein Verleihsystem für digitale Bücher einzuführen. Ob die Kunden auch hierzulande etwas davon haben werden, ist fraglich.
BERLIN taz | Müsste man alle Bücher, die man liest, auch tatsächlich kaufen, wären die meisten Studenten nach ihrer Abschlussarbeit hoch verschuldet. Deshalb ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man sich die Klassiker aus Papier und Druckerschwärze auch einfach leihen kann. E-Books hingegen muss man sich derzeit noch kaufen oder erschleichen. Genau das könnte sich bald ändern.
Wie das Wall Street Journal am Montag berichtete, plant das Online-Versandhaus Amazon einen Verleihservice für digitale Bücher. Aus informierten Kreisen habe die Zeitung erfahren, dass Amazon derzeit in entsprechenden Verhandlungen mit Verlegern stehe.
Diese hätten jedoch zum Teil Skepsis gegenüber dem Vorhaben: "Mehrere Führungskräfte von Verlagen sagten, sie seien über die Idee nicht begeistert, weil sie glauben, der Wert von Büchern könne dadurch sinken", schreibt das Wall Street Journal. Die Verlage fürchteten zudem, dass der E-Book-Verleih die Beziehungen zu anderen Buchhändlern verschlechtern könnte.
E-Book-Verleih in Deutschland fraglich
Das geplante Angebot soll sich an die Kunden von Amazon Prime richten. Für 79 US-Dollar im Jahr erhalten diese momentan vor allem vergünstigte Lieferbedingungen. Außerdem können die Prime-Kunden bereits auf eine digitale Film- und Fernsehbibliothek zugreifen.
In Deutschland kann man für 29 Euro im Jahr Prime-Kunde werden, hat dadurch aber keinen Zugriff auf die Instant-Video-Plattform des Konzerns. Insofern bleibt es fraglich, ob die Kunden hierzulande überhaupt die Möglichkeit erhalten, sich digitale Bücher zu leihen. Amazon Deutschland hat auf eine Nachfrage der taz nicht reagiert.
Der US-Mutterkonzern plant aber anscheinend keine Bücher-Flatrate, wie die Financial Times Deutschland schreibt. Das Wall Street Journal spricht von einer begrenzten Zahl an Büchern, die sich ein Prime-Kunde pro Monat leihen könne. Auch solle sich das Angebot nur auf ältere Bücher beschränken. Neu erscheinende Titel könne man sich nicht leihen.
Der Markt für digitale Bücher wächst rasant. Im vergangenen Jahr war bereits jedes zehnte, in den USA verkaufte Buch, ein elektronisches. In Westeuropa ist es gerade mal jedes hundertste.
Beim Verkauf von E-Books ist Amazon bereits Marktführer, was nicht zuletzt am Erfolg des hauseigenen Kindle-Readers liegt. Durch das vorgestellte Verleih-Modell könnte Amazon auch die in Deutschland geltende Buchpreisbindung umgehen, die es dem Konzern bisher unmöglich gemacht hat, die Preise für E-Books ähnlich wie in Amerika nach unten zu drücken.
Leser*innenkommentare
Mesch poken
Gast
Was Fairtrade-Kenner nicht geistig auf die Reihe kriegen ist: Autoren brauchen die Verlage am wenigsten.
Bei Filmen hat man hunderte Beteiligte. Bei Musik Tontechniker, Texter, Komponist und die Musiker+Sänger.
Aber Bücher brauchen bestenfalls noch die FotoRechte und kann man auch selber machen. Viele Bücher sind ja auch in kleinst- und Selbstverlagen.
Leider hat Trittin-Schröder die Ebook-Preisbindung eingeführt (die Schweiz hat Ebooks explizit nicht der Preisbindung unterworfen) und den Markt somit vernichtet wie es auch kein bezahlbares flächendeckendes Internet und UMTS dank Rot-Grün+Neuer-Markt gibt.
Wenn man also gegen Kapitalismus ist, sollte man dort beginnen und die Autoren aus der Verlags-Knechtschaft befreien. "Lektoren"/Ghostwriter brauchen Naddel usw. Aber bessere Bücher eher nicht. Auch kann man Updates geben oder für jeden gemeldeten Rechtschreib-Fehler 1 Cent Rabatt auf das Buch geben und Amazon verrechnet das. Microworking for the good.
US-Bibliotheken haben auch schon eine Weile digitalen Verleih und wohl auch Mobil-Apps oder eine Kindle-App oder sowas dafür.
micha
Gast
muss man nicht! es gibt genügend bibliotheken hierzulande, die über ein onlineportal ebooks und pfs verleihen.
und amazon dankt für die kostenlose werbung!