Amateur-Handballer alleine gelassen: Verband macht sich schlanken Fuß
In Niedersachsen müssen Amateur-Handballvereine selbst entscheiden, ob sie Spiele austragen oder wegen Corona absagen. Das führt zu Chaos.
Markus Engelke hätte sich ein anderes Vorgehen gewünscht: „Es fühlt sich so an, als würde der Verband die Verantwortung auf die Vereine abwälzen“, meint der zweite Vorsitzende der HSG Heidmark. Knapp zwanzig Mannschaften betreut er in seinem Verein, die erste Damen-Mannschaft spielt in der Oberliga.
Erste Spielabsagen seien bereits eingetroffen, sagt Engelke. Er gehe nicht davon aus, dass noch viele Spiele übrig bleiben und frage sich, ob es angesichts dessen Sinn ergibt, den Spielbetrieb überhaupt fortzuführen. „Wann soll man die ganzen abgesagten Spiele denn nachholen?“, so der ehemalige Oberliga-Spieler.
Das zu klären, liegt aktuell in der Eigenverantwortung der Vereine. Der niedersächsische Verband regelt die Austragungen der Spiele in den höheren Ligen, die unteren Ligen werden von lokalen Verbänden organisiert. Das hat zur Folge, dass es selbst innerhalb des Dachverbands regionale Unterschiede in den unteren Ligen gibt. In Hannover wurde die Aussetzung des Spielbetriebs verlängert und der Saisonstart auf Januar verschoben. In anderen Regionen, wie der Lüneburger Heide und in Bremen, gilt jedoch wie in den oberen Ligen: Die Vereine entscheiden selbst über die Austragung der Spiele.
Markus Engelke, HSG Heidmark
Deren Einstellungen unterschieden sich sehr, meint Jürgen Sczygiol, Geschäftsführer des Bremer Handballverbands. Manche würden lieber spielen, andere bevorzugten eine Verschiebung. Vor diesem Hintergrund sei es zu der aktuellen Regelung gekommen. „Wir sind ja selber am Hin- und Herüberlegen“, sagt Sczygiol etwas ratlos. Niemand wisse, wie es weitergeht. Angesichts steigender Fallzahlen stellt er sich auf weitere Einschränkungen im Laufe der Woche ein, dieses Mal vielleicht auch durch Vorgaben aus der Politik. Für die Handballer*innen der unteren Ligen wäre das besonders bitter. Die hatten den Spielbetrieb nämlich im März eingestellt und erst an diesem Wochenende wieder aufgenommen.
In Schleswig-Holstein hat sich die Landesregierung schon jetzt an die Verbände gewandt. Der Breitensport ist hier in Regionen ab einem Inzidenzwert von 50 verboten. Bisher betrifft das erst zwei Landkreise. Weitere Regelungen hat der Handballverband Schleswig-Holstein, im Gegensatz zu Bremen und Niedersachsen, bisher nicht eingeführt. Wenn Vereine Bedenken hätten, ihre Spiele auszutragen, würde sich der Verband aber um eine „faire Lösung“ bemühen, so die Geschäftsführung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil