Alternative Pressekonferenz in Budapest: Orbán hält Hof

In Ungarn sind bei der Regierungserklärung des Premiers kritische Medien ausgeschlossen. Die organisierten spontan eine Gegenveranstaltung.

Viktor Orban gestikuliert beim Sprechen

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán bei der jährlichen internationalen Medienkonferenz in Budapest Foto: Marton Monus/Reuters

WIEN taz | Wenige Tage nach seinem unrühmlichen Auftritt beim EU-Gipfel in Brüssel hat Ungarns Premier Viktor Orbán zu seiner jährlichen großen Pressekonferenz geladen. Eine Einladung bekamen nur Vertreter ausgewählter Medien. Dies lag nicht etwa an Platzgründen, wie die vielen freien Sitze zeigten, sondern offenbar daran, kritische Berichterstatter auszuschließen. Und das nur zwei Tage nach dem Erlass des neuen „Souveränitätsgesetzes“. Mit dem kann die Regierung willkürlich gegen unliebsame NGOs und Journalisten vorgehen.

Aus Protest gegen Orbáns Selektion organisierten Journalisten unabhängiger Medien kurz vor Orbáns Auftritt vor seinem Amtssitz eine Gegenpressekonferenz. „Seine Regierung kann es nicht ertragen, dass es in Ungarn immer noch eine unabhängige Presse gibt, die sich an journalistische Standards hält“, sagte Balazs Gulyás. Er ist Gründer und Chefredakteur des Onlinemediums Gulyáságyú Média – laut Eigenbeschreibung „christlich-konservativ, aber kritisch“. Es wurde schon zum zehnten Mal von Orbáns Briefing ausgeschlossen.

Das regierungskritische Klubrádió, das jahrelang keinen Zutritt hatte, wurde jetzt erst zwei Stunden zuvor eingeladen. Klubrádió-Journalistin Judit Csernyánszky wollte erst hingehen, entschied sich aber um, als vor ihren Augen Kollegen anderer Medien nicht eingelassen wurden: „Ich spiele bei Orbáns Spiel nicht mit. Er will uns demütigen.“

Inhaltlich gab es in Orbáns knapp zweistündiger Konferenz mehr vom leidlich Bekannten. Er schimpfte auf die EU und verteidigte Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine. Auf die Frage, warum er beim Treffen mit Putin den Krieg als „Militäroperation“ bezeichnet hat, entgegnete Orbán: „Weil es eine Militäroperation ist. Es wird erst dann ein Krieg sein, wenn es eine Kriegserklärung gibt.“

In Ungarn nichts Neues

Er bestätigte auch, dass es Bundeskanzler Olaf Scholz war, der vorgeschlagen hatte, Orbán möge beim Votum über die EU-Beitrittsgespräche mit der Ukraine einfach den Raum verlassen. Erneut ließ Orbán keinen Zweifel daran, dass er die geplanten 50 EU-Milliarden für die Ukraine für falsch hält. Eine Einigung über das Budget bei der nächsten Ratssitzung im Februar werde es aber nur mit Ungarn geben. Eine Kreditvergabe der anderen 26 EU-Mitglieder, so Orbán, könne aber eine Lösung sein.

Mit Ungarns Rechtsmängeln und den deshalb eingefrorenen EU-Milliarden, auf deren Auszahlung er drängt, will Orbán seine Zustimmung aber nicht verknüpft wissen. Auf Ungarns Blockade von Schwedens Nato-Beitritt angesprochen sagte er, dass es auch infolge des Budapest-Besuchs des ebenso blockierenden türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan nicht Neues gebe. Zuständig sei das Parlament in Budapest, in dem Orbáns Koalition aber eine satte Mehrheit hat.

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