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Alnatura verkauft jetzt bei RossmannDann halt bei der Konkurrenz

Der einst größte Biopartner der Drogeriekette dm verkauft seine Produkte nun an Rossmann und Müller. dm hält das nicht für rechtens.

Ab Herbst ist das Babysortiment von Alnatura in den Rossmann-Märkten erhältlich Foto: dpa

Berlin taz | Das hessische Biounternehmen Alnatura geht nach dem Streit um die Auslistung bei der Drogeriekette dm zur Konkurrenz: Im Herbst werde das Babysortiment in den Rossmann-Märkten erhältlich sein, bestätigt eine Alnatura-Sprecherin.

Ab dem 4. Oktober wird zudem mit 750 Artikeln fast das gesamte Alnatura-Sortiment in den Regalen der Drogeriekette Müller zu finden sein – nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Müller-Märkten in Ungarn, Spanien und Slowenien. „Durch die Kooperation mit Müller können wir auch unseren Biobauern und Herstellerpartnern eine gesicherte Zukunftsperspektive bieten“, erklärte Alnatura-Geschäftsführer Götz Rehn.

Die Biomarke hatte vor einer Weile einen herben Rückschlag erlitten: Die Bickenbacher hatten ihre Lebensmittel außer in eigenen Supermärkten lange über die Drogeriekette dm verkauft und damit einen Großteil ihres Umsatzes gemacht. Doch dm hatte 2015 eine eigene Biomarke eingeführt und dafür Alnatura-Artikel ausgelistet. Bis Ende des Jahres sollen nur noch wenige Produkte in den dm-Märkten zu finden sein.

Der Krach hat eine persönliche Note: Alnatura-Gründer Götz Rehn und dm-Gründer Götz Werner verband nicht nur Geschäftliches, sondern die anthroposophische Weltanschauung und familiäre Bande. Doch das hält die beiden nicht davon ab, sich vor Gericht um nichts weniger als die Rechte an der Marke Alnatura zu streiten. Darüber hinaus will dm in einem weiteren Prozess auch Einfluss auf den Vertrieb der Biomarke durchsetzen und bezieht sich dabei auf einen Kooperationsvertrag aus den 1980er Jahren.

Auch deswegen sorgt die Nachricht von Götz Rehns neuem Deal für Ärger. „Alnatura verstößt damit nach meinem Verständnis gegen einen gültigen Vertrag“, zitieren die Stuttgarter Nachrichten Christoph Werner, Sohn des dm-Gründers und nun in der Geschäftsführung tätig.

Alnatura seit einem Jahr bei Edeka

Alnatura fühlt sich an die von Werner ins Spiel gebrachten Klauseln allerdings nicht gebunden, seit die eigenen Waren langsam aus den dm-Regalen schwinden: Bereits seit etwa einem Jahr können Alnatura-Kunden die Produkte beim Einzelhandelsmarktführer Edeka kaufen. Der Zivilprozess vor dem Landgericht Darmstadt ist auf den 27. September anberaumt.

Kommt jetzt noch die direkte Konkurrenz im hart umkämpften Drogeriemarkt hinzu, dürfte das dm besonders ärgern. Immerhin hatte der Marktführer zuletzt versucht, besonders die Auswahl an Bio- und veganen Lebensmitteln zu verstärken und nahm etwa den Ökopionier Davert aus dem Münsterland in die Regale auf. Das Biolebensmittelsortiment werde man „fortlaufend weiterentwickeln“, erklärte Christoph Werner auch jetzt.

Doch Bio ist auch für den direkten Konkurrenten Rossmann ein lukrativer Markt: Im Juli gab der Drogist mit Sitz in Burgwedel bekannt, künftig neben der Eigenmarke Enerbio auch vegetarische Brotaufstriche der unter Reformhaus- und Biomarktkunden wohlbekannte Marke Tartex zu führen.

Der Run auf Marken wie diese dürfte vor allem dem Biofachhandel sauer aufstoßen: In der Branche sorgte schon die Listung des Ökopioniers Davert bei dm für Stunk. Dass diese Bios der ersten Stunde ihre Getreide, Nüsse und Flocken in einem discountähnlichen Format verkaufen, befeuerte eine in der Branche lange schwelende Diskussion. Manche Händler warnten sogar, dem Fachhandel untreue Marken wie Davert mit einer Auslistung abzustrafen.

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14 Kommentare

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  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Anthros unter sich. Sei's drum. dm hat die cooleren Läden finde ich....

  • Kapitalisten mit Anthroposophenkäppchen. Lustig!

    Ich kaufe inzwischen auch bei konventionellen regionalen Kleinerzeugern im Hofladen oder auf dem Markt. Wenn man knapp kalkulieren muß hilft eh nur eine Mischkalkulation aus Bio/konventionell bzw. Markt/Einzelhandel/Kette/Discounter/Online.

  • Ich habe hier das Glück, dass Alnatura keine fünf Minuten von dm entfernt ist. Dann gehe ich halt ein paar Minuten länger und habe das verpackte Original, das mir ebenso besser schmeckt, wieder. So einfach.

     

    Einziger Haken bei Alnatura: ihr Gemüsesortiment ist teilweise und deren Arbeitsklima ist definitiv so schlecht geworden, dass ich nochmal ein wenig Zeit dranhänge und zu Rewe und einmal die Woche auf den Markt gehe.

     

    Ich möchte keine miesen Arbeitsbedingungen unterstützen. Hier hat Alnatura ziemlich verloren!!

  • Wahrscheinlich muss die Monokultur bzw TINA erst so weit umgesetzt sein, dass Amazon und Aldi die letzten übriggebliebenen Biohändler sind, bis wir begreifen, welchen Wert die Vielfalt und die kleinen Läden hatten.

     

    Geschäftsbeziehungen auf Augenhöhe sind dann endgültig Geschichte, Lieferanten werden ausgepresst und Kunden sind Nummern. Geschichte auch die fachkundige Beratung und eine Szene mit einem anderen Wertesystem. Viele Bioläden machten bereitwillig beim Volkszählungsboykott mit und traten als Sammelstelle für Fragebögen auf. Heute undenkbar.

     

    Die Entwicklung betrifft allerdings den gesamten Handel. Wie bei den Rockerclubs teilen sich eine Handvoll große Akteure das Land in Einflusssphären auf, die kleinen haben keine Chance.

     

    Dass das nur für die Großen gut ist, sieht man an Telekom und Vodafone.

     

    Oder an Android, Eifon und Windows Fon. TINA.

     

    Oder an VISA, Mastercard und Paypal. TINA.

    • @uvw:

      Nur am Rande: Ich kann das eigentlich nicht als TINA, sondern als "The winner takes it all".

       

      Wie auch immer, im Raum Lübeck gibt es mit der Landwege-Genossenschaft einen ziemlich standhaften und originellen Bio-Supermarkt, der trotz einer deutlichen Hochskalierung in den letzten Jahren noch nicht sein Gesicht verloren hat. Die machen bspw. auch bei den Aufrufen zur STOP-CETA-/TTIP-Demo mit.

       

      Warum gibt es solche genossenschaftlich organisierten Bio-Supermärkte nicht auch woanders in Deutschland?

  • "Manche Händler warnten sogar, dem Fachhandel untreue Marken wie Davert mit einer Auslistung abzustrafen."

     

    Sorry, aber die ticken doch nicht richtig. Wenn es nach dem Naturkost-Fachhandel ginge, gäbe es Bio-Produkte in Deutschland immer noch nicht im Supermarkt.

     

    Die sog. Bio-Pioniere aus Deutschland wurden schon in den 90er Jahren von den nachziehenden Ländern in der EU, aber vor allem auch in den USA zügig in Angebot und Ladengröße überholt.

     

    Klar gibt es kritische Punkte, auch was den Preis angeht und was davon für die Landwirte übrig bleibt, aber das kann und sollte man auf andere Ebene durch Standards klären.

     

    Nun ja, mittlerweile gibt es zumindest in größeren Städten an jeder Ecke einen Bio-Supermarkt (oft auch vom ursprünglichen "Fachhandel" vor Ort betrieben) und die kleinen sterben wirklich aus, aber Nähstuben und kleine Kfz-Werkstätten z.B. sind schon lange weg.

     

    Irgendwie läuft das Leben auch weiter und wenn es im Sinne von mehr Bio für alle ist, why not?

  • Dass Bio auch zum normalen Preis geht, wissen wir von den Discountern. Bei dm hatte ich ungefähr 12 Jahre lang regelmäßig die Grundnahrungsmittel Passata-Tomatensoße und Trockennudeln von Allnatura gekauft.

     

    Nun verstopfen mein Regal einige Packungen dm-Nudel-Nachfolgeprodukte, die gar nichts taugen, und ich würde sie gern umtauschen. Die Nudeln aus der dm-Eigenproduktion kochen annähernd 20 Minuten und sind dann immer noch nicht genießbar, sondern außen labbrig und innen trotzdem zu hart.

     

    Warum, andererseits, sollte ich im Bio-Laden einkaufen? Es gibt fast nur noch austauschbare Bio-Ketten mit derselben Standardisierungs-Strategie wie die Discounter. Zum Beispiel haben inzwischen fast alle Bio-Läden dieselben Retorten-Apfelsorten aus naturfeindlichem Plantagenbau. Wer die leckeren hocharomatischen Alten Sorten sucht, findet sie in kaum einem Bio-Laden mehr.

     

    Die regionalen Wirtschaftskreisläufe finden in Bio-Läden noch weniger statt als beim Discounter. Da kann ich die preiswerten Bio-Nudeln dann künftig auch bei Rossmann kaufen (Müller gibt es nur in bestimmten Regionen), und das Obst besser direkt beim Bauern.

    • @Rosmarin:

      Welche "hocharomatische alte Sorten" vermissen Sie denn?

      • @Mephisto:

        Willst Du das wirklich wissen? Ungefähr 2000 Apfelsorten gedeihen in Deutschland.

         

        Z. B. Gloster (wohlschmeckende rote Variante des Schweizer Glockenapfels) finde ich in Berlin nur noch in der Bioladenkette LPG; war jahrzehntelang die Biosorte für den späten Frühling, wenn die meisten Lageräpfel schon aufgefuttert sind.

        Z. B. Rubinola, eine neuere Sorte insb. im Biohandel. Wird Anfang September als vermeintliche Frühsorte verkauft (während die wirklichen Frühsorten in keinem Bioladen erhältlich sind), ist aber erst Ende September/Anfang Oktober wirklich aromatisch ausgereift. Sehr schade um sie!

         

        Einige Sorten zähle ich auf, die sich als Eßäpfel überregional bewährt haben, aber als "Alte Sorten" trotz besten Geschmacks aus den Sortimenten vertrieben wurden. Regionale Sorten kommen noch hinzu.

         

        Ananasrenette, Berlepsch, Goldrenette, Kasseler Renette, Krügers Dickstiel, Shampion, Breuhahn, Zuccalmaglio, Englische Spitalrenette, Finkenwerder Herbstprinz, Goldparmäne, Martini, Rote Sternrenette (Weihnachtsapfel)

         

        Die Könige der Lederäpfel, die etwas mildere Alternative zum Boskoop - der ultimative Wintergenuß: Graue Herbstrenette, Parkers Pepping, Grauer Kurzstiel, Damason

         

        Leckerste Frühsorten: Aldingers Georg Cave, Virginischer oder Müschens Rosenapfel und viele andere - nicht erst mit den Frischäpfeln warten, bis die Saison schon wieder halb vorbei ist!

        • @Rosmarin:

          Hui, kann es sein, daß Du dich fast nur von Äpfeln ernährst? Gut, ein Laden muß halt aber auch immer sehen, daß das Produkt genug Abnehmer findet. Du hast jetzt zu viele Sorten aufgezählt, um alle zu behandeln, daher nur ein paar Beispiele: Der Gloster ist an der Grenze (1951), alt vs neu wird gemeinhin bei 1950 gezogen. Rubinola wird als "Frühsorte" verkauft? Interessant... Nun gut, Du redest ja von Bio, da wundert es mich nicht, wenn z.B. Ananasrenette verschwindet. Der Baum ist sehr krankheitsanfällig und da bei Bio nicht gespritzt wird, fällt mal gerne ein Großteil der Ernte aus, das ist ein Unsicherheitsfaktor welcher dann auch zum Verschwinden im laden führt. Hast Du es schonmal auf Bauernmärkten probiert? Da sind meist Händler mit einem Dutzend Sorten zu finden.

    • @Rosmarin:

      Es gibt durchaus Bioläden, die explizit mit regionaler Landwirtschaft kooperieren und dadurch ein tolles individuelles Angebot zusammenstellen können. So beispielsweise Landwege e. G. in Lübeck.

       

      Andererseits: Was schwebt Ihnen denn unter "austauschbare Bio-Ketten" vor? Außer Denn's?

       

      Und natürlich ist es total sinnvoll, direkt vom regionalen Biohof zu kaufen, wenn man die Möglichkeit dazu hat. Die Infrastruktur dafür ist aber nicht überall gleich gut vorhanden.

    • @Rosmarin:

      "Warum, andererseits, sollte ich im Bio-Laden einkaufen? Es gibt fast nur noch austauschbare Bio-Ketten mit derselben Standardisierungs-Strategie wie die Discounter."

      Ähm. Genau deshalb? Weil ein Bio-Laden, der so ist, wie ihn gerne hätten, Umsatz braucht um überleben zu können. Wer ein bestimmtes Geschäftsmodell und Angebot gut findet und sich leisten kann, dieses zu unterstützen sollte das dann eben auch tun. Vom Jammern allein ist noch nie was passiert.

      • @LeSti:

        Solche unterstützenswerten Bioläden sind wirklich selten geworden. In erreichbarer Nähe gibt es bei mir keinen. Da muss mich auf längere Umwege in andere Stadtbezirke begeben - was ich z. B. für leckere Äpfel auch tue.