piwik no script img

Alexander Schalck-Golodkowski gestorbenDer Devisenhändler der DDR

Durch seine Verhandlungen mit dem Westen bewahrte er einst den Honecker-Staat vor dem Bankrott. Nun ist Schalck-Golodkowski im Alter von 82 Jahren gestorben.

Franz-Josef Strauß (links) und Alexander Schalck-Golodkowski (mit Sonnenbrille) bei einem Treffen 1985. Foto: dpa

Berlin/Rottach-Egern dpa | Der frühere DDR-Devisenhändler und SED-Wirtschaftsfunktionär Alexander Schalck-Golodkowski ist tot. Er starb nach langer schwerer Krankheit am Sonntagabend in München, wie sein Verlag Edition Ost am Montag in Berlin auf Anfrage der dpa mitteilte. Auch die Witwe bestätigte den Tod des 82-Jährigen. In wenigen Tagen – am 3. Juli – hätte er seinen 83. Geburtstag gefeiert. Zuerst hatte die Bild über seinen Tod berichtet.

Schalck-Golodkowski hatte 1983 mit dem damaligen CSU-Chef Franz Josef Strauß einen Milliardenkredit für die DDR ausgehandelt. Das Geschäft in D-Mark bewahrte das sozialistische Land seinerzeit vor dem Staatsbankrott. Der gelernte Feinmechaniker war im Rang eines Staatssekretärs Chef der mächtigen „Kommerziellen Koordinierung“ (KoKo) in der DDR. Er beschaffte für das Regime von Staatschef Erich Honecker über Jahrzehnte Milliardensummen an Devisen.

In der Nacht zum 3. Dezember 1989 suchte Schalck-Golodkowski in West-Berlin Schutz vor dem zerfallenden Unrechtssystem der DDR. Nach der Wende stellte er sich der bundesdeutschen Justiz und kam für einige Wochen in Untersuchungshaft. Dem Bundesnachrichtendienst gab er sein umfangreiches Wissen über das Geschäftsgebaren der KoKo preis.

Mitte der 1990er Jahre erhielt Schalck-Golodkowski wegen illegaler Waffengeschäfte und Embargovergehens Bewährungsstrafen. Doch dank seiner jahrzehntelangen guten deutsch-deutschen Kontakte und mit Hilfe alter Freunde brachte er es auch im vereinigten Deutschland rasch wieder zu einigem Wohlstand.

Schalck-Golodkowski lebte zuletzt seit über 20 Jahren zurückgezogen mit seiner zweiten Ehefrau Sigrid in Rottach-Egern am oberbayerischen Tegernsee. Interviews verweigerte er sich seit langem beharrlich. Mit der DDR hatte er nach Aussage von Freunden längst abgeschlossen.

Der groß gewachsene Mann – seine Mitarbeiter zu DDR-Zeiten nannten ihn „dicker Alex“ – kämpfte seit Jahren gegen gesundheitliche Probleme. Einheimische sahen ihn gelegentlich auf einen Gehstock gestützt beim Spaziergang durch den Kurort.

Die letzte öffentliche Äußerung von Schalck-Golodkowski stammt aus einer Talkshow im Jahr 2000. Damals sagte er über seine Tätigkeit für die DDR: „Ick hab‘ nich beschafft, ick hab‘ erarbeitet.“ Und fügte im berlinerischen Dialekt hinzu: „Ick hab‘ für die DDR gekämpft, und wir haben am Ende verloren.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Er hat für die DDR das erledigt, was in den heutigen neoliberalen Zeiten von den Staatsregierungen an die Investmentbanken abdelegiert wird.

     

    Einziger Unterschied: Die vielen Milliarden aus Schalck-Golodkowskis Tätigkeit kamen wirklich der DDR-Volkswirtschaft zugute, während die heutigen Milliarden gleich in die Hände der Banker wandern und dem Staat mit Zins und Zinseszins als Schulden zur Verfügung gestellt werden.

  • „Ick hab‘ für die DDR gekämpft, und wir haben am Ende verloren.“

     

    Aber mal angenommen, nach 1945 hätte es nur das eine, "große" Deutschland gegeben, es wäre ein noch viel anmaßenderes, militaristischeres Deutschland geworden. Bei aller Kritik an der DDR, dem Land meiner Kindheit. Der Gründungsimpuls der DDR-Aufbaugeneration kam aus tragischen Erfahrungen: "Wir wollen ein anderes Deutschland!"

     

    Viele, die das kleinere Deutschland verließen, aus welchen Gründen auch immer, wurden in der alten BRD zum (...) Salz in der Suppe. Zu einem wichtigen, belebenden Ferment. Die Sarah Kirschs,, die Dutschkes, die Rohwedders, die Hamm-Brüchers, die Gerhard Richters (die Baselitze nicht unbedingt), die Staecks, die Gerhard Baums, die ...

     

    Gion (*1945)