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Aktuelle Zahlen des RKI zu CoronaErstes Zwischenziel in Sicht

Das RKI geht davon aus, dass jeder Infizierte aktuell nur eine weitere Person ansteckt. Die Höchstzahl gleichzeitig Kranker wäre dann bald erreicht.

Eine Frau mit Mundschutzmaske in einer Straßenbahn Foto: Bodo Schackow/dpa

Berlin taz | Drei Wochen nach Schließung der Schulen und zwei Wochen nach den weitgehenden Kontaktbeschränkungen mehren sich die Indizien, dass die Maßnahmen die gewünschte Wirkung zeitigen. Er gehe davon aus, dass derzeit jeder Corona-Infizierte im Schnitt nur noch einen weiteren Menschen anstecke, sagte der Chef des staatlichen Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, am Freitag. Damit liege die sogenannte Reproduktionszahl des Virus jetzt bei 1. Ein Grund zur Entwarnung sei das aber noch nicht, betonte Wieler. „Wir müssen unter 1 kommen.“ Er zeigte sich aber optimistisch. „Ich hoffe, dass das in den nächsten Tagen gelingt“, sagte der RKI-Chef.

Weil von einer Infektion bis zur offiziellen Meldung durch das Institut 10 bis 15 Tage vergehen, zeigen die aktuellen Zahlen noch immer vor allem die Auswirkung der Schulschließungen und des Großveranstaltungsverbots. Die Kontaktbeschränkungen, die vor zwei Wochen in Kraft traten, dürften sich erst in den kommenden Tagen in den Zahlen niederschlagen.

Eine Reproduktionsrate von 1 ist laut RKI daran zu erkennen, dass die Zahl der Menschen, die sich täglich neu infizieren, konstant bleibt. Tatsächlich pendelt die Zahl der Neuinfizierten seit neun Tagen in der Größenordnung von knapp 5.000 bis gut 6.000 pro Tag. Die Zahl der aktuell Infizierten steigt durch die Verzögerung zwischen Infektion und Gesundung derzeit aber noch weiter an.

Insgesamt wurden laut RKI-Zahlen vom Freitag in Deutschland bisher knapp 80.000 Menschen positiv auf Corona getestet. Davon waren (nach Angaben vom Donnerstag) etwa 21.400 wieder genesen. Die durchschnittliche tägliche Wachstumsrate der Gesamtzahl lag in der vergangenen Woche bei 9,5 Prozent. Eine Woche zuvor lag dieser Wert noch bei 17,2 Prozent, zwei Wochen zuvor bei 24,4 Prozent.

Unsicherheiten bei Infiziertenzahl

Weil im Normalfall nur Patienten mit Symptomen und Kontakt zu nachweislich Infizierten auf das neuartige Cornonavirus getestet werden, ist die Zahl der Infizierten mit großer Unsicherheit behaftet. Als verlässlicher für die Entwicklung der Krankheit gilt die Zahl der Toten und der intensiv medizinisch versorgten Covid-19-Patienten. Die RKI-Zahl der Toten ist weiter exponentiell auf zuletzt 1.017 gestiegen; das prozentuale Wachstum hat nachgelassen, aber ein klarer Trend ist noch nicht zu erkennen. Der Anteil der Toten an den Infizierten stieg auf 1,4 Prozent.

Positiver sieht die Entwicklung bei der Intensivversorgung aus: Hier wurde die Zahl der vorhandenen Betten nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft deutlich von 28.000 auf 40.000 erhöht. „Ich bin sehr froh, dass die Kapazitäten erhöht wurden, sagte RKI-Chef Wieler – zeigte sich aber dennoch besorgt: „Ich habe die Einschätzung, dass sie nicht reichen werden.

Derzeit füllen sich die Intensivbetten aber nur langsam mit Covid-19-Patienten: Die jüngsten Zahlen des neu geschaffenen Intensiv-Registers, das nicht alle, aber den Großteil der Kliniken abbildet, zeigen, dass 2.424 Intensivbetten mit Covid-19-Patienten belegt waren. Dieser Wert stieg in den letzten Tagen jeweils um rund 300.

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3 Kommentare

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  • Es gibt weiter interessante Neuigkeiten vom RKI. Im aktuellen täglichen Lagebericht (für 3.4.20) werden zum ersten Mal für die bisherigen Zeitreihen die Gesamtzahlen für die täglichen Tests berichtet. Auch eine entsprechende Auswertung als Diagramm, wie der Stichprobenumfang sich auf den Anteil der Positivgetesteten auswirkt, ist enthalten.



    Wie zu erwarten ist diese Positivrate immer an Tagen mit hoher Testanzahl, also großer Stichprobe, merklich niedriger als an Tagen mit weniger Tests (nämlich am Wochenende). So erklärt sich auch warum das Virus scheinbar am Wochenende immer etwas langsamer vorankam.



    Seit Mitte März lag die Anzahl an täglichen Testungen an Werktagen zwischen 15000 und 20000, die Anteile an positiven Tests betrug dabei zwischen 7,5 und 10 % mit leicht steigendem Trend. Da die Testmethodik nicht mit repräsentativen Stichproben arbeitet ist klar, dass in der Bevölkerung der Anteil an Infizierten noch weit darunter liegen muss.



    Das RKI macht Fortschritte, jetzt fehlt noch die Differenzierung in asymtomatisch Positive und ernstlich Kranke und was wichtiger ist, die tatsächlich durch SARS-CoV-2 Intensivpflichtigen.



    Der Weg bis zu einer seriösen Gefährdungsbewertung scheint in Deutschland sehr lang zu sein.

  • Schön, jeder Infizierte infinziert nur noch einen weiteren nicht-infizierten.

    Und was machen wir nun mit dieser Erkenntnis? Den gegenwärtigen Zustand aushalten bis ein Impfstoff in vielleicht 9, vielleicht 12 Monaten verfügbar ist?

    Darauf sollte das RKI mal eine Antwort geben...

  • RKI. Eine leider typisch deutsche Behörde! Da redet die sich wochenlang den Mund fusselig, wie überflüssig Gesichtsmasken für alle seien, aber jetzt kommt die Teilerkenntnis, das bei asymptomischer Infektion die Maske andere schützen ”könnte”. Ist doch Quacksalberei! Würde jeder Mensch eine Maske tragen, behält auch jeder Mensch seine Bakterien für sich (zumindest zu einem sehr sehr hohen Prozentsatz). So einfach! Also: Maskenpflicht für alle und sofort! Wie wohltuend sind Bilder aus der Slowakei bei der Amtseinführung des neuen Präsidenten, alle geschützt und das ist schon wieder ein paar Wochen her. Das RKI lernt scheinbar lieber jeden Tag aus Erfahrung dazu, anstatt mal über den behördlichen Tellerrand zu schauen. Grauenhaft!