Aktivistischer Investor: Mini-Aktionäre bei RWE scheitern
Kleiner Investor, viel Krawall: Enkraft Capital will RWE grüner machen, setzt sich aber nicht durch. Der Konzern darf sein Kohlegeschäft behalten.
Mit immer neuen Vorstößen attackiert Enkraft-Chef Benedikt Kormaier Deutschlands größten Stromerzeuger. Sein Ziel: RWE soll grüner werden. Und dafür schnellstmöglich sein Braunkohlegeschäft abspalten. Das werde den Wert des Unternehmens steigern. Weil Vorstand und Aufsichtsrat nicht handeln, werden sie von Kormaier immer wieder als verschnarcht kritisiert.
„Die betriebswirtschaftlichen Werte decken sich mit der Nachhaltigkeit“, sagt Kormaier zur taz. Zwei Tage vor der Hauptversammlung hat er nun eine – weitere – Niederlage kassiert: Nach RWE selbst lehnten am Dienstag auch große Fondsgesellschaften den Enkraft-Vorstoß ab, den Vorstand zu verpflichten, bis 2023 einen Plan für die Abspaltung der fossilen Energieerzeugung vorzulegen.
Dazu würde auch das rheinische Braunkohlerevier mit dem von Baggern bedrohten Ort Lützerath gehören. „Wir möchten nicht die Handlungsoptionen des Managements per formalen Beschluss begrenzen“, zitiert Reuters Ingo Speich, Nachhaltigkeitsexperte bei Deka Investment. „Der Umwelt ist nicht geholfen, wenn RWE weniger CO2 emittiert und dafür ein anderer Eigentümer die rheinische Braunkohle verstromt“, erklärte Henrik Pontzen von Union Investment.
Nur 0,07 Prozent der Anteile an RWE
Union Investment hält nach eigenen Angaben 1,4 Prozent der RWE-Anteile – und gehört damit zu den zehn größten Aktionären von Deutschlands größtem Stromerzeuger. Deka Investment kommt auf 1,02 Prozent.
Enkraft hält gerade mal 0,07 Prozent. Und hat damit dennoch das Recht, den Krawall gegen die RWE-Bosse zu inszenieren. Derart „aktivistische“ Investoren sind ein aus den USA bekanntes Geschäftsmodell: Dort hat der Investor Engine 1 schon den Verwaltungsrat des Ölgiganten Exxonmobile aufgemischt. Geschäftsführer Kormaier sieht sich lieber als „aktiven Investor“. Der 42-Jährige aus Unterhaching bei München ist in der Branche bekannt: Im vorvergangenen Sommer zettelte er bereits eine Aktionärsrevolte beim Bremerhavener Windkraftprojektierer Energiekontor an.
Auch bei RWE fährt er eine langfristige Politik der Nadelstiche: In den vergangenen Wochen versuchte Kormaier, ein eigenes Aufsichtsratsmitglied bei RWE zu installieren – und zweifelte an der fachlichen Einigung des RWE-Kandidaten, des Essener Oberbürgermeisters Thomas Kufen (CDU).
Zuletzt wollte Enkraft mit einem juristischen Kniff den kommunalen Anteilseignern ihre Stimmrechte beim Aktionärstreffen abspenstig machen – dabei stellen Städte wie Essen, Dortmund oder Duisburg mit insgesamt 14,1 Prozent der RWE-Anteile den größten Block der Aktionäre.
Angst um Jobs im Revier
Sie sind wie Vorstandschef Markus Krebber gegen einen raschen Verkauf der Braunkohleaktivitäten – aus Angst um viele Jobs im Revier. Wie Enkraft redet auch der Konzern von „maximalem grünen Wachstum“ und Investitionen von 50 Milliarden Euro bis 2030. Krebber will auch das Ziel der Bundesregierung erfüllen, den Kohleausstieg auf das Jahr 2030 vorzuziehen.
Enkraft ist klein, aber trifft einen Nerv. Das wird auch in den Statements von Deka und Union Investment deutlich – und auf der Hauptversammlung heftig diskutiert werden. Es geht, auch vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs, um noch mehr Tempo beim Umbau Richtung Erneuerbare. „Die Art und Weise, wie der Konzern Strom produziert, ist nicht zukunftsfähig. Das Ziel, Klimaneutralität bis 2040 herzustellen, ist in weiter Ferne“, kritisiert Ingo Speich von Deka Investment. RWE dürfe sich nicht auf seinen Klimazielen ausruhen – und müsse seine Emissionen schneller senken.
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