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Aktivistin über US-Journalismus„Die Medien wehren sich“

Amy Goodman von „Democracy Now“ spricht über Donald Trumps Angriffe auf die Pressefreiheit. Er belebt mit ihnen soziale Bewegungen, sagt sie.

Amy Goodman bei den Protesten gegen die Dakota Access Pipeline im Oktober 2016 Foto: Democracy Now
Peter Weissenburger
Interview von Peter Weissenburger

taz: Frau Goodman, seit einem Jahr greift Präsident Donald Trump immer wieder die Medien an. Doch denen scheint es so gut zu gehen wie lange nicht. Zeitungen wie die New York Times verzeichnen steigende Abozahlen. Investoren interessieren sich für die großen Titel. Profitieren die Medien am Ende von Trump?

Amy Goodman:Indem Donald Trump die Medien bedroht, indem er sie „Feinde des amerikanischen Volkes“ nennt, aktiviert er gewisse Grundüberzeugungen bei den Menschen. Die Menschen aus allen politischen Lagern glauben an die Meinungsfreiheit, an die Pressefreiheit. Sie verstehen, dass Donald Trump die Medien nur deshalb kritisiert, weil sie ihn kritisieren. Das ärgert die Leute.

„Democracy Now“ gibt es seit 20 Jahren, seit Jahren sprechen wir über die Bedeutung unabhängiger Medien. Jetzt klingen plötzlich auch alle anderen wie wir. Ich glaube, das liegt daran, dass Trump sie persönlich angreift. Weil er Namen nennt, weil er dazu aufruft, sich JournalistInnen zu „schnappen“. Manche Reporterinnen und Reporter nehmen inzwischen Bodyguards mit zu politischen Veranstaltungen, das ist beunruhigend. Aber ich bin überzeugt: Den meisten Menschen ist klar, dass das nicht in Ordnung ist. Sie denken wieder darüber nach, was die Grundlagen einer Demokratie sind.

Gilt das nicht bloß für die eine Hälfte des Landes, die eher liberale? Kommt es nicht vielmehr zu einer Polarisierung?

Ich denke nicht, dass es bloß eine Hälfte des Landes ist. Klar, Trump hat den Hass aus dem Untergrund geholt. Menschen, die sich zuvor nicht getraut haben, ihre Ansichten zu äußern, tun das jetzt. So wie die White Supremacists mit ihren Fackeln in Virginia. Die hatten keine verhüllten Gesichter, wie der Ku- Klux-Klan, sie fühlten sich sicher genug, ihre Gesicht zu zeigen. Das ist bedrohlich. Aber das steht keineswegs für die Mehrheit.

Was ist mit dem Versuch, die Lokalmedien zu kontrollieren, wie es gerade am Beispiel der Sinclair Broadcast Group zu erkennen ist?

Es ist genau wie im Bereich Ökologie: Die Regierung hat hier nicht ein einziges Gesetz von Bedeutung auf den Weg gebracht, obwohl die Republikaner die Mehrheit im Kongress haben. Aber sie nimmt systematisch Schritt für Schritt jede Verordnung zurück, die unsere Umwelt schützt. Die einzelne Verordnung mag da nicht ins Gewicht fallen, aber zusammengenommen bringt das uns alle in Gefahr.

Genauso verhält es sich gerade mit den Medien: Die Federal Communications Commission sorgt für Medienverdichtung zugunsten der Sinclair Broadcast Group, einem Konzern, der seine Vertragspartner verpflichtet, Meinungssegmente von Trump-Freunden auszustrahlen.

Im Interview: Amy Goodman

ist Journalistin und Aktivistin. 1996 gründete die heute 60-Jährige zusammen mit Jeremy Scahill das Politmagazin „Democracy Now“. Für ihre Berichterstattung erhielt Amy Goodman den auch als „Alternativer Nobelpreis“ bekannten Right Livelihood Award.

Was bezweckt der Präsident damit?

Er versucht, nicht sehr erfolgreich, aber er versucht es, die Macht über die Medien zu konzentrieren, ebenso wie er versucht, die Macht über die Finanzwelt zu konzentrieren. Es ist eine Form von Größenwahn, die wir so bisher nicht kannten. Dazu kommt, dass er fasziniert ist von autoritären Staatsoberhäuptern wie Putin oder Duterte. Er versucht, sie zu imitieren. Und das stärkt wiederum diese autoritären Herrscher. Trump wird den Autoritarismus globalisieren. Es sei denn, die Zivilgesellschaft stellt sich ihm entgegen. Journalismus ist ein Weg, das zu tun.

Auch seitens der Linken gibt es traditionell heftige Medienkritik. Es geht oft gegen „die Systemmedien“ oder „die Konzernmedien“. Sie selbst sprechen so. Ist es sinnvoll solche Pauschalurteile zu äußern – vor allem jetzt, da sich die Rechte dieser Rhetorik bedient?

Nun, die Medien, zusammengenommen, sind eben sehr mächtig. Das gilt in den USA besonders für die großen Sender. Auch unter Trump ist es unerlässlich, dass wir uns den kritischen Blick auf die Medien bewahren. Dass wir MedienkritikerInnen uns nicht zurückhalten, nur weil er an der Macht ist. Mein Kollege Jeremy Scahill hat mal gesagt: „Wir sind dieselben Journalistinnen und Journalisten, egal ob unter einer demokratischen oder einer republikanischen Regierung.“

Sie finden nicht, dass JournalistInnen jetzt mehr füreinander einstehen sollten?

Die Medien wehren sich ja bereits. Aber wir müssen dennoch kritisch bleiben. Nicht nur Fox, auch die anderen Sender geben oft nur dem Establishment eine Stimme.

Wen meinen Sie mit dem „Establishment“?

Eine kleine Gruppe von JournalistInnen zirkuliert immer um eine kleine Gruppe von PolitikerInnen in Washington. Diese Isolation muss man infrage stellen.

Haben Sie das Gefühl, dass sie jetzt mehr infrage gestellt wird?

Die Sender sind geradezu geschockt von dem, wofür Trump steht. Sogar Fox. Dass sogar wissenschaftliche Fakten immer wieder hinterfragt werden, dass sich nicht einmal mehr auf grundlegende Tatsachen geeinigt werden kann. Das gesamte Establishment ist aufgewacht.

Sie scheinen kein bisschen besorgt zu sein.

Nein, ganz und gar nicht. Ich glaube an die Stärke der Vereinigten Staaten. Natürlich sind das schwierige Zeiten. Aber zugleich kommt es gerade zu einem Wiederaufleben von sozialen Bewegungen, wie wir sie noch nicht gesehen haben.

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