Aktivistin in Venezuela wieder frei: Menschenrechtlerin kann weiter mit den Müttern kämpfen
Die Menschenrechtsaktivistin Martha Grajales wurde ohne Beweise in Venezuela festgenommen. Auf internationalen Druck kommt sie wieder frei – vorerst.

Die venezolanische Menschenrechtsaktivistin Martha Grajales ist wieder frei. Am Freitag war sie verschleppt und an einen unbekannten Ort verbracht worden, ohne Kontakt zur Außenwelt. Erst am Montag wurde ihre Festnahme offiziell von der Generalstaatsanwaltschaft bestätigt. Auch nach ihrer Freilassung bleibt sie wegen Anstiftung zum Hass, Verschwörung mit einer ausländischen Regierung und krimineller Vereinigung angeklagt. Konkrete Beweise für die erhobenen Vorwürfe wurden nicht vorgelegt.
„Martha wurde im Gefängnis des Nationalen Instituts für Frauenorientierung (INOF) in Los Teques im Bundesstaat Miranda festgehalten“, sagte ihr Ehemann Antonio González am Dienstagabend. Sie sei weiterhin davon überzeugt, dass der Kampf für Menschenrechte in Venezuela ein gerechter und legitimer Kampf sei. Grajales ermutigte aus dem Gefängnis heraus die Frauen, die sich im „Komitee der Mütter zur Verteidigung der Wahrheit“ organisieren, um gegen politische Gewalt und das Verschwindenlassen von Personen zu demonstrieren: „Kämpft weiter für die Freilassung eurer Kinder“, zitierte ihr Ehemann sie.
Martha Crajales wurde in Kolumbien geboren und besitzt auch die venezolanische Staatsbürgerschaft. Seit über 15 Jahren engagiert sie sich für die Einhaltung der Menschenrechte, unter anderem in chavistischen Basisorganisationen. Sie ist Mitglied der Menschenrechtsorganisation SurGentes. „Wir verstehen uns politisch weder ausschließlich als Chavismus-Anhänger noch als Dissidenten des Chavismus. Wir sehen die Maduro-Regierung jedoch kritisch“, erklärte Antonio González.
Fahrzeug ohne Kennzeichen
Am Freitagnachmittag war die 45-Jährige nach einer Protestaktion vor dem Sitz der Vereinten Nationen in Caracas von Angehörigen der Policía Nacional Bolivariana, der venezolanischen Polizei, in ein Fahrzeug ohne Kennzeichen gezerrt worden. Bei der Protestaktion hatten rund 50 Mütter politischer Gefangener die gewalttätigen Übergriffe angeprangert, denen sie zwei Tage zuvor bei einer Mahnwache vor dem Obersten Gerichtshof ausgesetzt waren, nachdem sich die offiziellen Sicherheitsorgane zurückgezogen hatten.
Die Mütter beharren auf Antworten darauf, wo ihre Kinder festgehalten werden, und fordern deren Freilassung. Dem chavistischen Regime von Präsident Nicolás Maduro sind die Mütter seit langem ein Dorn im Auge.
Mit der Mahnwache erinnerten die Frauen an den ersten Jahrestag der manipulierten Präsidentschaftswahl am 28. Juli 2024 und die darauf folgende Repression. Mit brutaler Gewalt war das Regime gegen die damaligen Proteste vorgegangen. Mindestens 28 Menschen wurden getötet. Zudem begann eine Verhaftungswelle, bei der rund 2.400 Personen willkürlich inhaftiert wurden, darunter zahlreiche junge Menschen, aber auch Hausfrauen und Rentner*innen. Nach offiziellen Angaben wurden bis heute rund 1.800 von ihnen wieder freigelassen.
Die Verhaftung von Grajales hat international eine Welle der Empörung ausgelöst. Am Wochenende unterzeichneten mehr als 800 Aktivist*innen und Menschenrechtsengagierte, darunter der argentinische Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel, einen Brief für Grajales' Freilassung. Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Volker Türk, mischte sich ebenfalls ein. Ganz offensichtlich hat der Druck gewirkt – erstmal.
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