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Aktivistin im Fall Jalloh über Gutachten„Wie entsteht ein solches Brandbild?“

Bisherige Gutachten zum Feuertod Oury Jallohs seien zu beschränkt gewesen, sagt die Aktivistin Nadine Saeed. Ihre Initiative gab ein neues in Auftrag.

In dieser Zelle verbrannten in kurzer Zeit Matratze und Leiche komplett. Bild: dpa
Christian Jakob
Interview von Christian Jakob

taz: Frau Saeed, in zwei Prozessen zum Tod Oury Jallohs gab es bereits mehrere Brandgutachten. Wozu jetzt noch eines?

Nadine Saeed: Die beiden früheren Gutachter Klaus Steinbach und Henry Portz haben nur Teile des Brandgeschehens untersucht. Dabei haben sie sich auf eine mögliche Brandursache beschränkt: Oury Jalloh muss sich selbst angezündet haben. Das ist nicht ihnen anzulasten, sondern dem Gericht: Das hat ihren Auftrag so eng formuliert. Der Gutachter Steinbach selbst hat im Gericht gesagt, es wären ungleich mehr Versuche nötig gewesen, um das gesamte Brandgeschehen tatsächlich zu erklären.

Welchen Auftrag haben Sie dem neuen Sachverständigen gegeben?

Das Brandbild der Zelle Nummer 5 ist sehr heftig, Matratze und Leiche sind komplett verbrannt. Unsere Frage war: Was muss geschehen, damit eine feuerfeste Matratzenhülle nach 30 Minuten so aussieht?

Sie haben Dienstag Anzeige bei der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe eingereicht. Warum nicht bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Dessau?

Die Justiz in Sachsen-Anhalt hatte acht Jahre Zeit. Sie hat bewiesen, dass sie nicht gewillt ist, Oury Jallohs Tod aufzuklären. Der Rechtsstaat hat da versagt. Wir wollen, dass das jetzt außerhalb von Sachsen-Anhalt gemacht wird.

Im Interview: Nadine Saeed

ist Sprecherin der Initiative „Gedenken an Oury Jalloh“.

Der Dessauer Oberstaatsanwalt Folker Bittmann sagte am Dienstag zu Ihrem Gutachten, es handle sich um „sehr ernste, überraschende und zum Teil erschreckenden Informationen“, neue Ermittlungen seien wohl nötig. Freut Sie das?

Das ist eine Unverschämtheit. Die Staatsanwaltschaft in Dessau tut jetzt so, als ob es ihr nicht möglich gewesen wäre, das herauszufinden, was wir herausgefunden haben. Dabei haben wir jahrelang im Prozess auf genau so ein Gutachten gedrängt und sie haben das immer abgelehnt. Wir wünschen uns, dass dieser Fall nicht länger von ihnen bearbeitet wird.

Sie haben Ausschnitte aus einem Video des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt ins Internet gestellt. Darauf ist eine Begehung der Zelle durch Beamte kurze Zeit nach dem Brand zu sehen. Wie sind Sie an diese Bilder gekommen?

Das Video war Teil der Ermittlungsakten, wir haben es über die Familie bekommen, die in den Prozessen als Nebenklägerin beteiligt war.

Sie zeigen daraus minutenlange Sequenzen mit Bildern der völlig verkohlten Leiche Oury Jallohs. Ist das gerechtfertigt?

Wir haben diese Bilder seit acht Jahren und sie bislang nicht gezeigt. Wir haben das aber jetzt für notwendig gehalten. Nicht um Schockeffekte zu erhaschen und Druck aufzubauen, sondern um sie den Bildern aus den neuen Brandversuchen gegenüberzustellen. Nur so kann man verstehen, was geschehen sein muss, damit ein solches Brandbild entsteht wie in der Dessauer Polizeizelle.

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26 Kommentare

 / 
  • B
    Brandt

    @NICHT ERNSTZUNEHMEN

     

    Hmmm. Hat das NPD Gutachten dafür den Überfall auf Polen, die Schlacht bei Stalingrad nachgestellt ?

  • JI
    JK Inc

    Ich empfehle den Zweiflern hier einen sehr einfachen Versuch.

     

    Sie benötigen: ein handelsübliches Gasfeuerzeug. Ein Kleidungsstück von Kik (möglichst viel Polyester) und eine Fleischwurst.

     

    Wickeln sie die Fleischwurst in das Kleidungsstück ein, legen dieses auf einen schwerentflammbaren Untergrund und zünden sie das Kleidungsstück mit dem Feuerzeug an. Das Feuerzeug legen sie bitte möglichst nah auf das nun angezündete Objekt.

     

    Danach begutachten sie die Fleischwurst und stellen die Schäden fest.

     

    Sie sollten feststellen das: 1. das Feuer mindestens 30 Minuten brennt und nur mit einem Feuerlöscher zu löschen ist, 2. das die Fleischwurst selbst feuergefangen hat, vollkommen verkohkelt ist und 3. das das Feuerzeug vollkommen unbeschädigt aufzufinden ist.

     

    Sollte dieses nicht geschehen, melden sie sich bitte dringend zwecks Einweisung in die Forensik bei ihrem Psychater.

     

    Im Ernst: Genannter Versuch ist eben psychikalisch unmöglich. Ein Mensch brennt nicht so leicht - auf grund des sehr hohen Wasseranteils, auch nicht wenn er seine Anziesachen in Flammen steckt. Eine schwerentflammbare Matratze ist nicht von einem Feuerzeug oder einer anderen normalen Brandquelle entflammbar. Sie ist genau dafür ausgelegt, dass Insassen diese nicht mit einem Feuerzeug anzünden können.

     

    Ein Mensch, der in der Lage ist, sich selbst anzuzünden liegt nicht im Koma.

    Jemand, der nicht im Koma liegt, verbrennt nicht, ohne ENORM laut zu schreien.

     

    Ein Feuerzeug, welches von einem Fixierten genutzt wird, um sich selbst anzuzünden - so, dass er selbst sowie die schwerentflambare Matratze Feuer fängt, übersteht dieses nicht unbeschadet.

     

    Das man auf diesem Feuerzeug Fingerabdrücke sowie DNA-Spuren Jallohs finden müsste, ist offenbar auch noch niemandem eingefallen...

  • K
    Krustenbratenmitklöße

    Wie so ein Brandbild entsteht, das lernt man bei der freiwilligen Feuerwehr und nicht von einem dahergelaufen "Experten" der für 30.000 Euro Schweine verbrennt.

    • H
      Hans
      @Krustenbratenmitklöße:

      Aha, Sie meinen also, dei Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr wissen mehr über Brandgutachten, als ein Brandgutachter? Na wozu brauchen wir solche Leute noch, lassen wir das doch ab jetzt Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr machen. Wieso hat man überhaupt die anderen zwei Gutachter ran gelassen, hätten ja Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr machen können. Danke für Ihren exzellenten Kommetar. Jetzt sehe ich die Freiwillige Feuerwehr mit ganz neuen Augen.

       

      Was für ein unqualifizierter Kommentar. Danke.

    • BB
      Butter bei die Fische
      @Krustenbratenmitklöße:

      Der vom Gericht bestellte Gutachter, "bis 2010 Brandoberrat am Institut der Feuerwehr Sachsen-Anhalt, räumte nach einem Pressebericht vom 9. Januar 2012 ein, nur den Auftrag bekommen zu haben, den Brandverlauf so zu rekonstruieren, als habe Jalloh sich selbst angezündet. Der Brandgutachter sagte demnach auch, dass diese Annahme den Zustand der Leiche aber nicht erklären könne."

       

      Quellen:

      Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Oury_Jalloh

       

      taz http://www.taz.de/!85273/

  • NE
    Nicht ernstzunehmen

    Die NPD hat bald ein Gutachten aus dem hervorgeht, daß den zweiten Weltkrieg nicht gab.

     

    Nur bekommt sie dafür keine taz-Kampagne.

    • H
      Hans
      @Nicht ernstzunehmen:

      Ein widerlicher Vergleich.

      • K
        Knuffi
        @Hans:

        Allerdings haben wir den Beweis, dass "Godwins Law" immer zutrifft.

  • DK
    Der Kerzenhalter

    Bei der Verbrennung von Jalloh konnte die Polizei auf Erkenntnisse zurückgreifen die in Auschwitz bei der Verbrennung fester und halbfester Materialien entstanden sind.

  • J
    JP

    @viccy

    Mal angenommen, es passierte folgendes: Beamte verprügeln Schwarzen. Dieser stirbt an den Verletzungen. Was tun?

     

    Eine möglichkeit wäre:

    Leiche Verbrennen, blöde geschichte dazu ausdenken, gute Kontakte "nach oben" spielen lassen, hoffen, dass die Öffentlichkeit sich nicht für einen Total Asylsuchenden interessiert.

     

    Falls das der Tathergang gewesen sein sollte hätte's ja fast geklappt..

    • @JP:

      Die taz hat leider wieder mal einen Kommentar gelöscht, daher fehlt mir nun der Kontext :-/

  • K
    Karl

    Ganz davon ab, dass auch die Polizei eben ein Querschnitt durch die Gesellschaft und auch da nichts unmöglich ist: Warum sollte man einen Mann im Gewahrsam auf diese Weise umbringen? Das Feuer hätte sich unkontrolliert ausweiten können, es gibt zig Mitwisser und Zeugen und es gibt einfachere Wege. Tut mir leid aber ist einfach nicht plausibel, dass da drei Polizisten einen Mann mit 5 l Benzin übergossen und ihn angezündet haben sollen.

    • BB
      Butter bei die Fische
      @Karl:

      Wenn die Alternative darinbesteht, dass Jalloh die fünf Liter Brandbeschleuniger selbst mitreingeschmuggelt haben muss, sowie einen Klappspaten oder was ähnliches um sich im fixierten Zustand erst den Schädel zwei, dreimal einzuschlagen, dann selbst mit Benzin zu übergiessen und anzuzünden, wobei keine dieser Handlungen gegen sich selbst zu einer erhöhten Ausschüttung von Adrenalin oder anderen Stresshormonen führte (was ihn bereits als physiologisches Weltwunder dstehen liesse), wenn die "alternative" Darstellung des Tathergangs ist, würde ich doch anregen, nochmal über die "fehlende Plausibilität" der anderen Variante nachzudenken.

       

      Aber es gibt natürlich Leute, für die wurde JFK von einer einzigen Kugel im Achterbahn-Zickzack getötet, weil der offizielle Untersuchungsbericht es so will.

       

      Und den zweiten Weltkrieg haben ja auch die Polen angefangen...

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @Karl:

      "Wenn Du das Unmögliche ausgeschlossen hast, dann ist das, was übrig bleibt, die Wahrheit, wie unwahrscheinlich sie auch ist."