Aktivisten wollen Automesse blockieren: Kein Gespräch mit der Autoindustrie
Das Bündnis „Sand im Getriebe“ fordert eine Blockade der Automesse IAA. Ein Gesprächsangebot vom ausrichtenden Verband lehnt das Bündnis ab.
Berlin taz | Das Aktionsbündnis Sand im Getriebe möchte nicht mit dem Ausrichter der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) sprechen. „Wir reden nicht mit Profiteuren der Klimakrise! Die Verkehrswende wird nicht von der kriminellen Autoindustrie gemacht!“, heißt es in einer Mitteilung der Klimaaktivisten.
Sand im Getriebe hatte zu einer Blockade der Messe am 15. September aufgerufen. Daraufhin hat der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) dem klimaaktivistischen Bündnis ein Gesprächsangebot gemacht, um „sachlich und lösungsorientiert eure und unsere Vorstellungen zur emissionsfreien #Mobilität zu diskutieren“, wie der VDA auf der Plattform Twitter schreibt.
„Wir können nicht auf ein Gesprächsangebot eingehen, bei dem nicht konkret der schnelle Wandel hin zu klima- und menschenfreundlichem Verkehr im Mittelpunkt steht“, begründet die Sprecherin des Bündnisses Tina Velo ihre Absage. Sand im Getriebe fordert, die Produktion von Autos zu reduzieren und stattdessen den Fahrrad-, Bahn- und öffentlichen Nahverkehr zu stärken. „Für den VDA bedeutet emissionsarmer Verkehr, die Städte mit Elektroautos vollzustellen“, kritisieren sie.
Die Klimaaktivisten von Sand im Getriebe hatten erstmals Ende Juli dazu aufgerufen, die IAA zu blockieren. Die IAA in Frankfurt am Main vom 12. bis 22. September gehört zu den größten und bedeutendsten internationalen Autofachmessen. In einem Akt des zivilen Ungehorsams sollen die Eingänge der Messe blockiert werden, wie das Bündnis auf seiner Internetpräsenz schreibt. Sand im Getriebe ist ein Zusammenschluss von verschiedenen Aktionsgruppen. Beteiligt sind unter anderem das Antikohlebündnis Ende Gelände und die Klimaaktivisten Extinction Rebellion Deutschland.
Fahrradsternfahrt zur IAA
Neben Sand im Getriebe rufen die Deutsche Umwelthilfe, Greenpeace, Campact, der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club, der BUND und die Naturfreunde Deutschlands gemeinsam zu einer Demonstration und einer Fahrradsternfahrt zur IAA auf. Beides soll am 14. September, also einen Tag vor der geplanten Blockade von Sand im Getriebe, stattfinden.
Der VDA hat auch dieses Demobündnis sowie die Klimaaktivisten von Fridays for Future zu einer gemeinsamen Diskussion auf die IAA eingeladen. Am 8. August berichtete zunächst die Welt, dass Carla Reemtsma für Fridays for Future ein Vortrag auf der IAA halten würde. Auf Nachfrage der taz sagt Reemtsma, dass es noch nicht sicher sei, ob jemand von Fridays for Future zu der Veranstaltung gehe und wer genau. Außerdem wird der Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan an einer Diskussion teilnehmen. Er habe aber schon zugesagt, bevor es zu den Protestaufrufen kam, sagt Stephan auf taz-Nachfrage.
Leser*innenkommentare
Edward
Wenn "Aktivisten" wie von "Sand im Getriebe" nur einen Funken Ahnung von europäischer Wirtschafts- oder Technikgeschichte hätten, dann wäre vermutlich auch genug Masse vorhanden, um kognitiv schlauere Protestformen - oder besser: Beeinflussungen- entwickeln zu können. Weil sie dann auch wüssten, dass "Maschinenstürmerei" vielleicht viel "Aua" bringt, aber keinesfalls einen ganzen Transformationsprozess aufhält.
Steve Jobs hat (sehr zugespitzt formuliert) mit einem kleinen Gerät, dem iPod, einen kompletten Technologiewandel eingeläutet. Nicht, indem er den Menschen etwas weggenommen oder verboten, sondern ihnen etwas gegeben und "coole" Geschichten drumherum gebaut hat. Wer stellt sich heute noch eine Schreibmaschine, ein Faxgerät, einen Nadeldrucker, einen Scanner, eine monströse kühlschrankgrosse Stereoanlage hin, wenn das alles durch ein Smartphone ersetzt werden kann? Verführen statt blockieren; aber dazu braucht man etwas mehr in der Birne als nur ein feuchtes Brötchen.
Pfanni
„Wir können nicht auf ein Gesprächsangebot eingehen, bei dem nicht konkret der schnelle Wandel hin zu klima- und menschenfreundlichem Verkehr im Mittelpunkt steht“
Bei einer solchen Gesprächsabsage frage ich mich, wie „Sand im Getriebe“ überhaupt Gespräche mit wem auch immer führen kann, wenn die Gegenseite nicht schon VOR dem Gespräch zu allen Forderungen Ja und Amen sagt. Es ist doch bekannt und üblich, dass zu Gesprächsbeginn jede Seite erstmal den eigenen Standpunkt äußert. Vielleicht sind die Aktivisten von „Sand im Getriebe“ wirklich nur fähig, Sand ins Getriebe zu streuen, aber nicht zu diskutieren? Tut mir leid!
Das Überleben der Menschheit ist heute durch die weitere Entwicklung des Klimas bedroht, das ist bekannt. Im Kalten Krieg war die Zukunft der Menschheit ebenfalls bedroht. Aber obwohl beide Protagonisten, Sowjetunion und USA, den jeweils eigenen Standpunkt für den „allein richtigen“ hielten, fanden sie dennoch immer wieder zu Gesprächen zusammen. Anderenfalls hätte der befürchtete Atomkrieg längst stattgefunden.
Gesprächsabsagen bringen keine Lösung!
Franz Georg
Richtig so, geredet wird seit den 70ern ... seit dem sind alle (notwendigen) Fakten zweifelsfrei bekannt ... nach dem jetzt knapp 50 Jahren "geredet" (= einer redet, der andere ignoriert es) wurde wird es Zeit zu handeln!
danny schneider
Sand im Getriebe fordert die Produktion von Autos zu reduzieren und stattdessen den Fahrrad-, Bahn- und öffentlichen Nahverkehr zu stärken.???
Wie soll das funktionieren? Klar, wer keine Arbeit mehr hat, braucht auch kein Auto um zu dieser zu kommen.
Sorry, so Leute kann man nicht erst nehmen.
Bitte erst den Mund aufmachen wenn man sagen kann wie es besser geht.
Edward
@danny schneider Es ist noch nicht sooo lange her, dass man ganz normal, OHNE Auto zur Arbeit gelangen konnte. Vielleicht mal die Eltern fragen. Die Selbstverständlichkeit, mit der heute Arbeit = Auto gesetzt wird, sollte mal zum Nachdenken anregen. Eine Folge verpeilter Wünsche und Förderungen der 1980er-90er Jahre (Eigenheimzulage, Pendlerpauschale, Strassenbau).
Gostav
@Edward Beim Stichwort Pendlerpauschale geht mir jedes Mal der Hut hoch. Da werden finanziell eh schon besser gestellte (sonst könnten diese sich die Wohnung auf dem Land + Fahrzeug nicht leisten) noch weiter subventioniert, um mir armen Schlucker in der Stadt die Luft zu verpesten und meine Gesundheit zu gefährden. Und dann wird damit noch klimaschädigendes Verhalten belohnt.
Die ganzen Regierungen der letzten 30 Jahre haben immer nur die gepimpert, denen es eh schon gut ging und sich nie um die breite Masse der Bürger gekümmert.
Links234
@Gostav So ein Unfug. Pendeln muessen all die Menschen die in ihren Heimatorten keine adäquate Arbeit finden und aus sozialen, familiären und wirtschaftlichen Gründen nicht umziehen können. Wer glaubt, dass auch nur ein Mensch freiwillig pendelt lebt in einer Phantasiewelt. Daher ist die Pendlerpauschale eine faire Regelung für all die, die mit ihrer Arbeitsleistung ihren Beitrag zur Gesellschaft beitragen.
danny schneider
@Edward Also mein Vater ist immer zur Arbeit gefahren.... 3x weiter als ich heute. Das war schon vor 40 Jahren nicht anders... die guten Jobs sind selten um die Ecke
für ÖPNV muss man schon ideal wohnen.
Für mich weder zeitlich noch finanziell eine Alternative
Trango
Bevor ich es wieder irgendwo lesen muss (mir reicht schon der Euphemismus "ziviler Ungehorsam"): auch Art. 20 IV GG gibt hier kein Recht, eine nicht verbotene Veranstaltung zu blockieren.