Aktivist über die positiven Folgen von Vegetarismus: "Vegetarier sind gut fürs Klima"
Fleischlose Ernährung schont Ressourcen, sagt Aktivist Schönberger. Eine vegetarische Lebensweise könne außerdem die Lebensmittelknappheit im Süden verringern.
taz: Herr Schönberger, der Welt-Vegetarier-Kongress in Dresden steht unter dem Motto "100 Years of Food Revolution". Ist Essen politisch?
Thomas Schönberger: Vegetarisches Essen landet deutlich ressourcenschonender auf dem Teller. Tiere brauchen Futtermittel, die auf großen Flächen angebaut werden müssen. Das Schlachten ist sehr wasserintensiv. Wer sich ohne Fleisch ernährt, leistet einen Beitrag zum Klimaschutz. Das wollen wir bei dem Treffen kommunizieren, das 100 Jahre nach dem ersten Welt-Vegetarier-Kongress stattfindet.
Aber die aktuelle Krise wegen gestiegener Nahrungsmittelpreise lässt sich mit einer vegetarischen Ernährungsweise nicht lösen, oder?
Wir haben für jeden genug Getreide auf der Welt. Es muss nur gerechter verteilt werden. Aber die vegetarische Lebensweise kann auch hier ein Beitrag zur Entlastung sein. Wenn die Menschen weniger Fleisch essen würden, müssten im Süden weniger Futtermittel wie Soja für die Tiere im Norden angebaut werden. Diese Ackerfläche stünde dann für die Ernährung der hungernden Bevölkerung zur Verfügung.
Lohnt sich vegetarisches Leben auch für einen ganz persönlich?
Sich ohne Fleisch zu ernähren ist gesund. VegetarierInnen haben tendenziell weniger Probleme mit Übergewicht als FleischesserInnen. Und natürlich gibt es auch religiöse oder spirituelle Motive.
Wie viele Menschen überzeugen diese Argumente?
In Umfragen geben 8 bis 10 Prozent der Deutschen an, dass sie vegetarisch leben. 1983 waren es nur 0,6 Prozent. Heute verzehren wir mit jährlich 60 Kilogramm Fleisch im Durchschnitt 15 Prozent weniger Fleisch pro Kopf als 1988.
Reicht das?
Das ist eine positive Entwicklung. Aber sie könnte schneller sein. Das Potenzial ist groß. Es gibt ein kollektives Unwohlsein in der Gesellschaft gegenüber der Fleischproduktion. 90 Prozent bejahen die Frage, ob Massentierhaltung verboten sein sollte.
Wie wollen Sie mehr Menschen dazu bringen, sich ohne Fleisch zu ernähren?
Dazu soll zum Beispiel der Kongress beitragen. Wir wollen das vegetarische Lebensstilkonzept einer breiten Öffentlichkeit bekannt machen. Bei dem Treffen können sich aber auch Interessierte und Nichtregierungsorganisationen aus Landwirtschaft, Ernährung und Tierschutz austauschen und fortbilden. Dafür gibt es Vorträge und Workshops. Wir erwarten bis Samstag 700 TeilnehmerInnen aus 35 Ländern.
Was kann die Politik tun?
Sie sollte die Agrarsubventionen auch dafür einsetzen, um die Herstellung vegetarischer Lebensmittel zu fördern.
INTERVIEW: JOST MAURIN
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