piwik no script img

Aktion gegen Nazis in SportclubsKein Einfallstor für rechte Fußballpapas

Mit der neuen Kampagne "Foul von Rechtsaußen" hofft vor allem DFB-Präsident Theo Zwanziger, mehr Engagement gegen rechte Tendenzen in den Vereinen zu etablieren.

Achtung, gefährlicher Torschuss von rechtsaußen! Bild: photocase/designritter

BERLIN taz | "Wenn ich Neonazi wäre, ich wüsste, wo ich hingehen würde – in einen Sportverein oder vielleicht zur Feuerwehr." Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußballbundes, weiß ganz genau, dass es immer wieder mehr oder weniger erfolgreiche Versuche aus der rechten Szene gibt, den Vereinssport zu unterwandern.

Er sprach zum Auftakt der Kampagne "Foul von Rechtsaußen – Sport und Politik verein(t) für Toleranz, Respekt und Menschenwürde", die Dienstag in Berlin vom Bundesinnenministerium und dem Familienministerium gemeinsam mit dem organisierten Sport angeschoben wurde. Dabei wurde ein Handlungskonzept vorgestellt, das Vereinen helfen soll, rechtsradikale Einstellungen zu erkennen und zu bekämpfen.

Aufklärerische Maßnahmen werden darin empfohlen, die die Vereinsarbeiter sensibilisieren sollen für die Gefahren von rechts. Es werden aber auch Repressionsmöglichkeiten wie Vereinsausschlüsse einzelner Mitglieder oder Bestrafungen der Vereine durch die übergeordneten Verbände beschrieben.

Beworben wird die Kampagne über Videospots, in denen unter anderem Hochspringerin Ariane Friedrich und Basketball-Profi Pascal Roller ihre Abscheu gegen rechtsradikales Gedankengut zum Ausdruck bringen. "Welche andere gesellschaftliche Kraft erreicht so viele Menschen wie der Sport?", fragte Innenminister Thomas de Maizière sich und die versammelten Vertreter aus Vereinen und Verbänden, die in verschiedenen Workshops gestern tiefer in die Materie eindringen konnten. Alles schön also?

Es war DFB-Präsident Zwanziger, der der prächtigen Auftaktveranstaltung im Berliner Umweltforum Auferstehungskirche die bei diesem Thema sicher nötige Ernsthaftigkeit gab. Er stellte klar, dass bei Mitgliedern in vielen Fußballvereinen politisches Engagement auch gegen rechts alles andere als gern gesehen ist.

"Ich weiß das, weil ich auch entsprechende Briefe bekomme", sagte er zu Familienministerin Kristina Schröder, die von der in Deutschland grundsätzlich herrschenden Toleranz regelrecht schwärmte. "Sie politisieren den Sport", hieße es in den Schreiben. "Eintreten gegen Diskriminierung wird von einem breiten Feld als etwas angesehen, was der Sport nicht machen sollte", so Zwanziger. Die Kampagne wird es schwer haben in so manchen Vereinen, in denen rechte Funktionäre bisweilen als engagierte "Fußballpapas" äußerst geschätzt sind.

Da beißen sich auch die Beraterteams, die die Landesverbände zu den Vereinen schicken, nicht selten die Zähne aus. Ein Beispiel: Thomas Hantusch, lange ein hoher Funktionsträger der NPD, in Hessen sogar einmal Landesvorsitzender, trainierte die Jugendmannschaften eines Klubs in Wetzlar. Jahrelang hat er das gemacht, bis sich die türkische Mutter eines Kindes an den Hessischen Fußballverband wandte. Der schickte Angelika Ribler, die für die hessische Sportjugend das Projekt "Interkulturelles Konfliktmanagement" betreut, zum Verein.

In einem Interview, das in dem Sammelband "Stadt - Land - Rechts. Brauner Alltag in der deutschen Provinz" zitiert wird, geht sie davon aus, dass es sich bei Hantuschs Engagement nicht um eine gezielte Unterwanderungsstrategie gehandelt habe. "Ich habe eher den Eindruck, dass der einerseits natürlich Rechtsextremist war, auf der anderen Seite einfach ein Fußballpapa", meint sie. "Dass der bestimmt an einigen Stellen was zu Spielern mit Migrationshintergrund gesagt hat, das vermute ich schon stark, aber ich weiß es nicht." Und noch während Ribler nach einer Lösung suchte, mit der Hantusch ausgebremst werden sollte, veröffentlichte der Verein auf seiner Homepage einen Artikel, in dem Hantusch für seine jahrelange Arbeit im Jugendbereich gedankt wurde.

In Wetzlar wartet man sicher nicht auf die Kampagne, die für Familienministerin Schröder eine Werbung für die deutsche Demokratie darstellen soll. Theo Zwanziger sieht das anders. Er rief die Jugend regelrecht zum "Widerstand" auf und betonte, wie wichtig beim Thema Rechtsradikalismus das Dagegensein ist. Da könne es nur eines geben: "Null Toleranz!"

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

7 Kommentare

 / 
  • TL
    Taz - Leser

    Meiner Ansicht nach muss außerhalb des Platzes wesentlich mehr gegen die steigende Radikalisierung der Jugend unternommen werden. Wie sollen denn bitteschön Kinder, die in der Schule noch nie etwas über den 2ten Weltkrieg gehört haben, den Anschauungen eines rechten Fußballvaters entgegen treten?

    Es muss wesentlich mehr Aufklärung betrieben werden und das ist die Aufgaben von Schulen und nicht die Aufgabe des DFB.

    Ich finde solche Aktionen immer gut auch wenn es nur einen rechten Fußballtrainer weniger geben sollte.

    Denn Fußball alleine ist eine Form von Integration, wenn nämlich 11 Leute auf dem Platz gemeinsam versuchen ein Ziel zu erreichen, verschwinden ganz schnell die äußeren Unterschiede und man wird Teil eines Teams.

  • P
    Paulson

    ich finds erstaunlich was meine Vorredner hier so von sich lassen.

     

    "Die Partei, für die sich Herr Hantusch einsetzt, ist derzeit nicht verboten"

     

    Natürlich der erste Beweis, diese Partei kann gar nicht schlimm sein, sobald ein Verbot eintritt sind sie also dann also böse, aber erst dann, oder wie?

     

    "Dort heißt es in Art. 3, Abs. 3, daß niemand wegen seiner „politischen Anschauungen“ benachteiligt werden darf."

     

    Vielleicht nicht wegen seiner politischen, aber vllt. wegen seiner menschenunwürdigenden, rassistischen und antisemitischen Anschauung. Damit will ich zwar nicht jeden NPD-Anhänger über einen Kamm ziehen, aber Fakt ist doch, dass Leute die in dieser partei sind, definitiv den NSDAP Werten nicht abgeneigt sind, ob sie es öffentlich zugeben wollen oder nicht.

     

    "Aber eins sollte auch klar sein, solch eine Einstellung ist bezeichnend für die Intelligenz der jeweiligen Person."

     

    Mit Intelligenz hat das überhaupt nichts zu tun. Meinung hat noch lange nichts mit Intelligenz zu tun. Natürlich bin ich kein Freund dieser Anschauung, aber halt ich es für äußerst engstirnig und naiv, zu sagen das jeder NPD Anhänger dumm ist.

     

     

    Naja, ich finde die Aktion sehr gut, denn Rassisten sollte kein Platz geboten werde, schon gar nicht im Fußball, geschweige denn in der Jugendabteilung. Bin gespannt wie die Umsetzung aussehen wird.

  • Q
    Querulant

    Die Aktion ist doch ein Feigenblatt... in solchen Vereinen (Fußball, Sportschützen etc. pp.) sind doch auch genug Nicht-Parteimitglieder rechtsradikal oder zumindest latent ausländerfeindlich... aber getan wird nichts... kein Wunder hat das Pack ständig Nachwuchs, wenn die Kinder und Jugendlichen von solchen Leute "sozialisiert" wird...

  • S
    Soeinfachistdas-Mann

    @sosselo: NPD vebieten, Problem beseitigt!

  • R
    Ruslan

    Sehr medienwirksam , der feine DFB! Was will der DFB denn in seiner Jugendarbeit vertuschen? Ich wandere jetzt schon seit 7 Jahren (notgedrungen) auf allen Fussballplätzen in der Umgebung herum und stelle immer häufiger fest, dass es schon in der D-Jugend und C-Jugend zu Radikalitäten auf dem Platz kommt inklusive Schlägereien und Gewalt gegen Schiris!!

    Von der B- oder A-Jugend ganz zu schweigen. Hier würde ich mir mal eine millionenschwere Kampagne wünschen, um dem Einhalt zu gebieten. Was passiert statt dessen?? Nichts. Ist wohl kein Thema für die eitlen Pfauen im DFB , um sich zu gerieren? Wen in der Öffentlichkeit interessieren schon Massnahmen gegen ausgeschlagene Zähne oder Platzwunden bei jungen Heranwachsenden ? *irony off

  • D
    daweed

    Rechtsradikale Ansichten kann jeder haben, der will.

     

    Aber eins sollte auch klar sein, solch eine Einstellung ist bezeichnend für die Intelligenz der jeweiligen Person.

  • S
    sosselo

    Was hat sich Thomas Hantusch („lange ein hoher Funktionsträger der NPD“) eigentlich zuschulden kommen lassen?

    Eine „gezielte Unterwanderungsstrategie“ liegt nach der Erkenntnis von „Angelika Ribler, die für die hessische Sportjugend das Projekt "Interkulturelles Konfliktmanagement betreut“), nicht vor. Mehr als „Vermutungen“ gibt es nicht. Offenbar gibt es keine Anhaltspunkte für ein strafrechtlich zu ahndendes Fehlverhalten. Die Partei, für die sich Herr Hantusch einsetzt, ist derzeit nicht verboten. Noch gibt es in Deutschland kein Gesinnungsstrafrecht – und noch gilt das Grundgesetz! Dort heißt es in Art. 3, Abs. 3, daß niemand wegen seiner „politischen Anschauungen“ benachteiligt werden darf.