Aktion „Tauentzien autofrei“: Endlich Ruhe reinbringen
Der Tauentzien war am Samstag für drei Stunden autofrei. Auch die frisch gekürte Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch schaut vorbei.
Zum Auftakt verlasen AktivistInnen die Namen der 31 Menschen, die allein in diesem Jahr bereits als ungeschützte VerkehrsteilnehmerInnen – zu Fuß oder auf dem Fahrrad – auf Berlins Straßen gestorben sind. Die meisten von ihnen wurden von Lastwagen, Bussen oder Pkws an Kreuzungen überrollt. Für jedeN ToteN wurde eine weiße Rose abgelegt. „Das Leben im Straßenverkehr zu verlieren ist kein gottgegebenes Schicksal“, kommentierte Stefan Gammelien von Changing Cities die Aktion, „wir können das verhindern.“ Städte wie Helsinki und Oslo hätten es geschafft, die Zahl der Verkehrstoten auf Null zu senken, auch in Berlin sei das möglich.
Neben dem Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) war vor allem grüne Politprominenz geladen, etwa das verkehrspolitische Urgestein Michael Cramer, die Bundestagsabgeordneten Lisa Paus und Stefan Gelbhaar, aber auch die frisch gekürte Spitzenkandidatin der Partei für die Abgeordnetenhauswahlen im kommenden Jahr, Bettina Jarasch. Ihre Ansprache war der erste öffentliche Auftritt in ihrer neuen Funktion.
Es gehe darum, aus dem Breitscheidplatz einen der schönsten Plätze Berlins und einen Ort für Menschen zu machen, so Jarasch. Sie wünsche sich einen Raum wie die Piazza italienischer Städte, auf der sich Junge und Alte ohne Angst vor motorisiertem Verkehr aufhalten und bewegen könnten. Bis die „Vision Zero“ – das Ziel von null Verkehrstoten und Schwerverletzten – Realität sei, könne noch Zeit vergehen, sie wolle aber „wissen, was wir schon nächstes Jahr auf die Straße bringen“. Sie wünsche sich mehr autofreie Kieze, Radinfrastruktur, sichere Kreuzungen und Spielstraßen, so die Politikerin.
Schwung der Friedrichstraße
Ein Höhepunkt war die Aktion „Tauziehen am Tauentzien“, an der auch der frühere Grünenchef Cem Özdemir teilnahm. Mit der Demonstration wollte das Bündnis „Stadt für Menschen“ den verkehrspolitischen Schwung aufnehmen, der durch die fünfmonatige Sperrung eines Abschnitts der Friedrichstraße entstanden ist. Dort dürfen noch bis Januar keine Autos fahren. Ob das Konzept verkehrlich, aber auch für die Gewerbetreibenden funktioniert, soll anschließend ausgewertet werden.
Man wolle der Senatsverkehrsverwaltung Druck machen, um mehr solcher verkehrsberuhigten Zonen einzurichten, sagte Oda Hassepaß, stellvertretende Sprecherin der grünen Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Mobilität, die dem Bündnis angehört, am Samstag zur taz. Hassepaß räumte ein, dass die Situation auf der Tauentzienstraße, wo mehrere wichtige Buslinien verkehren, eine andere sei als auf der Friedrichstraße. Es mache aber einen Unterschied, ob privater Autoverkehr stattfinde oder nicht: „Wir wollen hier Ruhe reinbringen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Frauen in der ukrainischen Armee
„An der Front sind wir alle gleich“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“