Agrar-Dialog mit Russland ausgesetzt: Ministerium stoppt Putin-Freund
Das Agrarministerium entzieht dem Industriellen Dürr den Auftrag, Kontakte zu russischen Fachpolitikern zu organisieren. Der Dialog wird ausgesetzt.
„Operative Projektaktivitäten und Kontakte zu russischen Stellen wurden bereits eingestellt“, so die Ministeriumssprecherin. Sie begründete dies mit dem „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine“. Für die Ekosem seien bisher bis zu 800.000 Euro jährlich bewilligt gewesen.
Der aus Baden stammende Dürr fungiert als Vorstandsvorsitzender und Aktionär der Ekosem-Agrar AG, die nach eigenen Angaben von 2019 der größte Rohmilchproduzent der Russischen Föderation und Europas ist. Sie kontrolliert demnach 599.000 Hektar Agrarflächen und hat 14.000 MitarbeiterInnen sowie 180.000 Rinder. Auch weil solche großen Konzerne kleinere Betriebe verdrängen, ist die Ekosem umstritten.
Dürr hat Russlands Präsidenten Wladimir Putin in der Krise nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 zu Sanktionen gegen die EU geraten, wie er in Interviews sagte. Die Schuld an der Krim-Krise sah er beim Westen. Putin persönlich verlieh Dürr die russische Staatsbürgerschaft. Die Frage der taz, wie er zum laufenden Krieg stehe, ließ Ekosem bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Trotz seiner Nähe zu dem autokratisch regierenden Putin wurde Dürr laut Ekosem 2009 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Grund seien seine Verdienste um den Deutsch-Russischen Agrarpolitischen Dialog. Im Rahmen dieses 1994 begonnenen Projekts berieten Deutsche den Agrarausschuss der Staatsduma bei Gesetzesvorhaben in der Landwirtschaft. Außerdem organisierte Ekosem zum Beispiel Konferenzen und Seminare mit Fachpolitikern, Unternehmern und Wissenschaftlern beider Länder.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Ineffizienter Sozialstaat
Geteilte Zuständigkeiten
Gesetzentwurf aus dem Justizministerium
Fußfessel für prügelnde Männer
Europarat beschließt neuen Schutzstatus
Harte Zeiten für den Wolf