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Agent Orange im VietnamkriegBayer will nicht geliefert haben

Ein früheres Gemeinschaftsunternehmen von Bayer und Monsanto soll das Pestizid produziert haben, so der Vorwurf. Bayer dementiert.

Vier US-amerikanische Flugzeuge versprühen im September 1965 Baumentlaubungsmittel über dem südvietnamesischen Dschungel Foto: dpa

Berlin taz | Der Leverkusener Chemiekonzern Bayer hat Vorwürfe zurückgewiesen, er habe für den Vietnamkrieg das Unkrautvernichtungsmittel Agent Orange produziert. „Weder Bayer noch eines unserer Tochterunternehmen haben jemals Herbizide für Vietnam an amerikanische militärische Stellen geliefert“, sagte eine Firmensprecherin der taz.

Die Organisation Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) dagegen behauptet seit Jahren, dass ein ehemaliges Gemeinschaftsunternehmen von Bayer und Monsanto namens Mobay zu den Firmen gehört habe, „die das giftige Entlaubungsmittel Agent Orange für den Vietnamkrieg lieferten“. Die Vorwürfe spielen auch in der aktuellen Debatte über die geplante Übernahme des US-Saatgut- und Chemiekonzerns Monsanto durch Bayer eine Rolle.

Mit Agent Orange zerstörte das US-Militär im Vietnamkrieg (etwa 1955 bis 1975) Wälder und Felder. Ziel war unter anderem, der Guerilla Vietcong die Tarnung im Dschungel und die Versorgung mit Nahrungsmitteln zu erschweren. Abgesehen von den moralischen Bedenken gegen diese Art der Kriegsführung war Agent Orange herstellungsbedingt mit dem krebserregenden Dioxin TCDD verunreinigt.

Mehrere Studien haben erhöhte Mengen dieses Gifts im Blut von Bewohnern der besprühten Gebiete und von involvierten US-Soldaten nachgewiesen. Hunderttausende Menschen sollen daran erkrankt sein, was Monsanto als einer der Hersteller aber bis heute für nicht belegt hält.

Keine Richtigstellung erfolgt

Für die Agent-Orange-Lieferungen wurde in der Öffentlichkeit vor allem Monsanto verantwortlich gemacht, aber die CBG deutet auch auf Bayer. Auf Nachfrage der taz erklärte die konzernkritische Organisation, sie habe die Information in den 1980er Jahren „aus gut unterrichteten Kreisen“ erhalten, die sie nicht nennen könne. „Wir haben dem Bayer-Konzern unsere Recherche mehrfach in den Hauptversammlungen vorgetragen, sie wurde niemals richtiggestellt. Sie wird seit den 80er Jahren bei vielen großen Medien zitiert und ist auch bei Wikipedia nachzulesen, ohne jemals von Bayer richtiggestellt worden zu sein“, schrieb der Verein der taz.

Die Sprecherin des Unternehmens erklärte jedoch: „Entgegen der aktuellen Wikipedia-Darstellung waren die damalige Mobay und die heutige Bayer AG nicht in die Agent-Orange-Affäre verwickelt“. In dem US-Gerichtsprozess im Jahr 2003, bei dem unter anderem die Organisation der vietnamesischen Agent-Orange-Opfer als Kläger gegen 26 Chemie- und Pharmakonzerne auftrat, sei Bayer unter den Beschuldigten nicht genannt worden.

„Im Jahr 1967 hat Bayer die Anteile von Monsanto an Mobay erworben – Mobay wurde dadurch zu einer 100-prozentigen Tochterfirma von Bayer. Anfang der Neunzigerjahre ging Mobay in einer anderen Tochtergesellschaft von Bayer auf“, so die Firmensprecherin.

Weitere Vorwürfe im Zusammenhang mit Agent Orange

Jan Pehrke, Mitglied im Vorstand der Coordination gegen Bayer-Gefahren, wollte zum Dementi des Konzerns bezüglich Mobay nicht Stellung beziehen. Er verwies jedoch auf weitere Vorwürfe der Initiative im Zusammenhang mit Agent Orange. Demnach lieferte Bayer das Pestizid 2,4,5-D an die französische Firma Prodil, die daraus Agent Orange produziert und das Herbizid nach Asien geliefert habe.

Als Beleg lieferte die CBG der taz auf Nachfrage nur Quellen aus zweiter oder dritter Hand, die sich schwer überprüfen lassen. Bayer teilte mit, die Firma heiße in Wirklichkeit Progil und das Pestizid 2,4,5-T. Der Konzern habe diese Substanz tatsächlich an Progil geliefert. „Über die weitere Verwendung des Wirkstoffes bei der Progil liegen keine Erkenntnisse vor. Progil ist jedoch bei den späteren Sammelklagen in den USA nicht verklagt worden.“ Bayer bleibe bei seinem Dementi.

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