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Affäre um PlagiatsvorwürfeSchavan geht in die Offensive

Die Uni Düsseldorf hat ein Plagiatsverfahren gegen die Bundesbildungsministerin eingeleitet. Nun verteidigt sie sich und fordert externe Fachgutachten an.

Promovierte Ministerin: Annette Schavan meint, dass die Plagiatsvorwürfe gegen sie ausgeräumt werden Bild: dapd

KÖLN taz | Annette Schavan will um ihren Doktortitel kämpfen. Sie sei „davon überzeugt, dass die unbegründeten Plagiatsvorwürfe ausgeräumt werden“, erklärte die CDU-Bundesbildungsministerin am Mittwoch in Berlin. Sie forderte die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität auf, auch Experten von außerhalb einzubeziehen. „Ich gehe davon aus, dass mit der Eröffnung eines ergebnisoffenen Verfahrens jetzt auch verbunden ist, externe Fachgutachten einzuholen“, ließ Schavan verlauten.

Nach stundenlangen Beratungen hinter verschlossenen Türen hatte der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät der Uni Düsseldorf am Dienstagabend beschlossen, ein formelles Verfahren zur Aberkennung von Schavans vor 33 Jahren erworbenen Doktortitels einzuleiten.

Wenn die Hochschule „substanzielle Anzeichen“ für ein wissenschaftliches Fehlverhalten habe, müsse sie „dem konsequent nachgehen – und zwar unabhängig von der Person und ihrer Position“, begründete der Dekan der Philosophischen Fakultät, Bruno Bleckmann, den Beschluss. Dieser sei in geheimer Abstimmung mit 14 Jastimmen bei einer Enthaltung gefasst worden.

Wie lange das Plagiatsverfahren dauern wird, ist offen: Hochschulmühlen mahlen gewöhnlich langsam. Bleckmann kündigte an, die Mitglieder des Fakultätsrats würden sich nun „intensiv“ mit den Unterlagen des vorinstanzlichen Promotionsausschusses 2i3 wie auch mit der Stellungnahme der Betroffenen auseinandersetzen. Am 5. Februar werde das Gremium über den weiteren Ablauf beraten. „Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass das Verfahren ergebnisoffen ist“, sagte Bleckmann.

Dissertation zum Thema „Person und Gewissen“

Seit nunmehr neun Monaten sieht sich Schavan mit dem Vorwurf konfrontiert, als 25-jährige Studentin in ihrer Dissertation zum Thema „Person und Gewissen“ aus dem Jahr 1980 nicht sauber gearbeitet zu haben. Ein anonymer Blogger aus dem Kreis um das Plagiateportal VroniPlag hatte den Stein ins Rollen gebracht. Er warf der Ministerin fehlende Quellennachweise, Verschleiern geistigen Eigentums und die Vernachlässigung wissenschaftlicher Standards vor.

In einer internen Expertise bestätigte der Vorsitzende des Düsseldorfer Promotionsausschusses, Stefan Rohrbacher, den Befund. Der Judaistikprofessor sah bei Schavan eine „plagiierende Vorgehensweise“ und „leitende Täuschungsabsicht“ – was die Ministerin vehement zurückwies.

Über den Umgang der Düsseldorfer Uni mit dem Fall Schavan ist innerhalb des Wissenschaftsbetriebs mittlerweile ein heftiger Streit entbrannt. So kritisierte der Philosophische Fakultätentag – die hochschulpolitische Vertretung der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften an den deutschen Universitäten – am Wochenende vehement, es werde „nicht nur aus der Politik, sondern auch von Vertretern aus Wissenschaft und Wissenschaftsorganisationen durch unangemessene Vorwürfe und Unterstellungen öffentlich Druck ausgeübt“.

Damit zielte er auf die „Allianz der Wissenschaftsorganisationen“, die kurz zuvor in einer Stellungnahme Zweifel am Verfahrensablauf geäußert hatte, was als Parteinahme für Schavan verstanden werden konnte. Die Allianz vereint die Hochschulrektorenkonferenz, den Wissenschaftsrat und die bedeutendsten Wissenschafts- und Forschungsorganisationen Deutschlands.

„Die Einmischung der Wissenschaftsorganisationen in diesem Verfahren hat der Ministerin eher geschadet als genützt“, meint die forschungspolitische Sprecherin der Linkspartei im Bundestag, Petra Sitte. Der Eindruck, in diesem Verfahren werde anders gehandelt als bei weniger prominenten Fällen, müsse auf jeden Fall vermieden werden.

Die Einleitung eines förmlichen Verfahrens sei „ein gravierender Hinweis“, dass die Vorwürfe offenbar Substanz hätten, sagte die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Krista Sager.

Schavan nahm am gestrigen Mittwoch an der Sitzung der Bundesregierung in Berlin teil. Auf die Frage, ob sie an Rücktritt gedacht habe, antwortete ein Ministeriumssprecher: „Diese Frage hat sich nicht gestellt.“

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8 Kommentare

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  • GP
    Gianni Porcospino

    2 x 3 macht 4

    Widdewiddewitt und Drei macht Neune !!

    Ich mach' mir die Welt

    Widdewidde wie sie mir gefällt ....

     

    Hey - Annett Schavan

    trallari trallahey tralla hoppsasa

    Hey - Anett Schavan

    die macht, was ihr gefällt.

  • A
    Anmerkerin

    @J. Gäbler: Üblicherweise haben Sie Recht. Im konkreten Fall jedoch nicht. Da die Promotion der erste Universitätsabschluss Frau Schavans war, hat sie ihre Dissertation tatsächlich als Studentin angefertigt. Nur der Form halber ...

  • M
    Michael

    Frau Schavan sagt: "Ich gehe davon aus, dass mit der Eröffnung eines ergebnisoffenen Verfahrens jetzt auch verbunden ist, externe Fachgutachten einzuholen".

    Wenn sie das Verfahren wirklich für "ergebnisoffenen" hält, wieso ist sie denn dann "davon überzeugt, dass die unbegründeten Plagiatsvorwürfe ausgeräumt werden"?

    Falsch, Frau Schavan, ergebnisoffen heißt: Es könnte sein, Ihnen wird nachgewiesen, dass Sie die Regeln wissenschaftlichen Arbeitens in einem solchen Ausmaß verletzt haben, dass Ihnen der Doktortitel genommen wird.

    Eine sich logisch nicht widersprechende Argumentationslinie wird man ja von einer Bundesbildungsministerin wohl noch erwarten dürfen!

    Und für die Feststellung dieser Regelverletzung ist die Universität Düsseldorf zuständig - und nur die.

    Zwar ist es OK, wenn die Uni Düsseldorf unparteiische Dritte einbezieht, aber man darf bei den zahlreichen Pro-Schavan Einmischungen aus interessierten Kreisen durchaus unterstellen, dass es Frau Schavan eher um die Hinzuziehung von Bundesgenossen geht.

    Der Universität Düsseldorf (als Bundesbildungsministerin: sic!) implizit zu unterstellen, sie sei nicht in der Lage, die Qualität einer Doktorarbeit sachlich unabhängig zu prüfen, ist einfach nur eine weitere Frechheit.

    Es ist wie bei Guttenberg: Frau Schavan ist bereits jetzt nicht mehr zu halten - will sich das aber nicht eingestehen.

    Und Frau Merkel beweist, wie bei Guttenberg, Nibelungentreue.

  • JG
    J. Gäbler

    Nur der Form halber: In Deutschland bezeichnet man üblicherweise Personen, die eine Dissertation anfertigen, nicht als Studenten, sondern als DoktorandInnen, bzw. wenn sie dabei an einer Hochschule angestellt sind, als wissenschaftliche Mitarbeiter.

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr.-Ing. Jan Gäbler

  • D
    Detlev

    Mag sein, dass Annette Schavan denkt, sie ginge nun in die Offensive. Ich kann nur sagen: Die Universität prüft und das ganz genau, aber das Ergebnis lässt sich politisch nicht erzwingen oder beeinflussen. Wenn Schavanplag richtig liegt, dann ist die Frau Bundesministerin Geschichte. Wenn die Fundstellen stimmen, dann hat Schavan massiv und zielstrebig abgeschrieben, umgeschrieben, Gedanken übernommen und als ihr Werk ausgegeben. Das Ganze dann bei einer sowieso nicht guten Arbeit! Mich wundert ein wenig, warum sich die Menschen plötzlich so solidarisieren.

  • AR
    Abi reicht doch!

    Deutschland ist wieder führend in der Welt!

    Bei uns kann sogar eine Abiturientin ohne Berufsabschluss Ministerin werden: http://tinyurl.com/b9ws4ad

     

    Ich lach mich tot ...

     

    Interessant an der ganzen Sache ist ja, dass neben den bezahlten Wissenschaftlern in der Presse ihr nur Heike Schmoll (FAZ) und Roland Preuß (SZ) auffällig kritiklos die Stange halten.

     

    Aber gut, die SPD schweigt ja auch zur Causa Schavan ... Sie ist erst gerettet, wenn Peer Steinbrück ihren Rücktritt fordern würde, lol!

  • NF
    Norbert F. Schaaf

    Honorarprofessorin Dr. Schavan lehrt katholische Religion: Wenn dies wissenschaftlich zu lehren wäre, müssten als Hauptthemen die Irrtümer, Fälschungen, Falschübersetzungen, Fehlinterpretationen, Textübernahmen aus dem AT usw. in den zugrundeliegenden Evangelienschriften zur Sprache kommen. Aber Theolgie ist keine substantielle Wissenschaft, sondern Glaubenssache. Wie auch, dass Frau Dr. theol. Schavan "sehr integer... mit ganz hoher Fachkompetenz" sei. @weingraefin

  • S
    Sikasuu

    Wo bitte schön wird man in Deutschalnd einen unabhängigen " nur der Wissenschaft und Wahrheit verplichteten" externen Gutachter finden, der seinem größtem Geldgeben dem BMBWF testiert er hätte sich "wiss. falsch Verhalten" plagiert, betrogen?

    .

    Diese Vorderung ist "unterirdisch". Peer-review sind nicht ohne Grund anonym, wobei es auch da schon Probleme gibt, das durch zu halten.

    .

    Frau Dr.(noch) Schavan steht es frei sich NACH abschluß des universitären Verfahrens auf das SIE keinen Einfluß hat, des Rechtsweges zu bedienen.

    .

    Diese Äusserungen sind eine unerträgliche Verquickung von Macht/Funktion/... und persönlichem Interesse.

    .

    Zum Amtseid eines Ministers gehört auch ser Satz:"....Schaden vom deutschen Volk ab zu wenden...." VOR sowar mit Gott helfe!"

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    Der Schaden für die deutsche Wissenschaft liegt auf der Hand. Für eine "christliche" Politikerin sollte neben den wiss. Problemen auch die Frage: "Eidbruch" eine Rolle spielen.

    .

    Oder ist mit da das Hemd näher als die Sonntagsrede?

    .

    Meint

    Sikasuu