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Affäre um Afghanistan-AngriffFragen über Fragen

Jedes neue Papier zum Luftangriff enthält Details, die stutzig machen. Warum war der Ort danach gesäubert? Warum wurde Oberst Klein nicht suspendiert?

Der Tatort war "nahezu ,klinisch' gereinigt gewesen", als die ersten Bundeswehrsoldaten eintrafen - warum? Bild: dpa
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BERLIN taz | Die Liste der Akten und Zeugen, die die SPD im Untersuchungsausschuss zum Luftangriff in Kundus sehen will, umfasst bereits 93 Punkte. Der Grüne Omid Nouripour spricht von 800 Fragen, die er schon jetzt habe – und bislang hätten sich aus jeder Antwort immer noch acht weitere Fragen ergeben. Den Journalisten, die über den teils schon öffentlichen, teils noch geheimen Papieren zum Kunduskomplex brüten, geht es kaum anders.

So sind etwa dem sogenannten Feldjägerbericht – das ist der Bericht der deutschen Militärpolizei, dessen Auftauchen am 25. November die aktuelle Enthüllungs- und Empörungswelle auslöste – viele Einzelheiten zu entnehmen, die stutzig machen.

So betont der Feldjägerbericht mehrfach, dass der Ort des Geschehens rings um die Wracks der Tanklaster "nahezu ,klinisch' gereinigt gewesen" sei, als die ersten Bundeswehrsoldaten dort eintrafen. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass dort Spuren verwischt werden sollten – von wem und warum?

Weiterhin sollen Isaf-Kräfte beobachtet haben, dass möglicherweise ein verletzter Taliban-Führer am Tag danach eilig aus dem Krankenhaus abgeholt wurde. Das militärische Ziel, vier oder fünf Taliban-Anführer an den Lkws zu töten, wäre demnach nicht erfüllt worden.

Laut einer "ersten rechtlichen Bewertung" eines Rechtsberater-Stabsoffiziers in Masar-i-Scharif konnte Oberst Klein nach der Einsatzregel ("Rule of Engagement") Nummer 429 handeln. Demnach ist ein Angriff auf Aufständische erlaubt, die den Isaf-Truppen gewaltsam widerstehen oder ihre Bewegungsfreiheit behindern.

Nun wurde die Identität der Menschen an den Lkws wohl nur durch einen einzigen afghanischen Informanten festgestellt, der mit den Aufständischen bloß im telefonischen Kontakt stand und dessen Aussagen dazu noch übersetzt werden mussten. Doch abgesehen davon wirkt auch die Anwendung der 429-Kriterien auf die Situation am Fluss unpassend. Der Fliegerleitoffizier mit dem Namen "Red Baron", der den Angriff mit plante und steuerte, sei vom Isaf Hauptquartier vorläufig suspendiert worden. Wenn er – warum dann nicht Klein?

Außerdem schreibt Brigadegeneral Jörg Vollmer, nicht etwa die feststeckenden Lkws selbst seien, sondern eine Verladung des Treibstoffs auf Pick-ups und deren Nutzung als "fahrende Bombe" sei als Gefährdung eingeschätzt worden. Dies jedoch hat an keiner anderen Stelle je eine Rolle gespielt - warum?

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3 Kommentare

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  • A
    aso

    „...Der Grüne Omid Nouripour spricht von 800 Fragen, die er schon jetzt habe...“:

     

    So macht sich die Bundeswehr weltweit zum Gespött...

     

    Am besten doch gleich VOR jedem Angriff, der in Frage käme, den Bundestag befragen, oder gleich einen ständig tagenden Untersuchungs-Ausschuß dafür gründen.

    Dem könnten dann jeweils mehrere in Frage kommende Angriffsziele zur Disskussion vorgestellt werden...

  • EF
    Egon Flimmer

    Warum liebe Taz?

     

    Weil wir Bürger auf Teufel komm raus verarscht werden. Darum!

  • A
    audio001

    Selber lesen und staunen!

     

    Unter www.wikileaks.org (search unter "Kunduz") findet sich zum download der "Close Air Support Kunduz: Untersuchungsbericht, Meldungen, Auswertungsgespraeche, September 2009e"!

     

    Er verschafft ein rundes Bild über die Vorgänge v. 04 September! Unter der Maßgabe das dieser authentisch ist, ist der Untersuchungsbericht ein erschreckende Dokument des Versagens!

     

    Wenn man das gelesen hat wird einem klar, warum versucht wurde - vor dem Hintergrund von 60 bis 80 toten Zivilisten - die Umstände des Luftschlags v. 04 September vor der Bundestagswahl zu vertuschen und zu verschleiern!