Affäre Benalla in Frankreich: Angriff auf den Quellenschutz
Das Onlinemagazin „Mediapart“ musste Staatsanwälten Dokumente von journalistischen Gesprächen übergeben. Französische Medien kritisieren das.
Am Montag klingelten zwei Vertreter der Pariser Staatsanwaltschaft mit Polizisten beim Onlinemagazin Mediapart, um im Rahmen einer Voruntersuchung die Büros zu durchsuchen und Material zu beschlagnahmen. Die Redaktion hatte das abgelehnt, da kein richterlicher Befehl vorlag. Zuvor hatte Mediapart Gespräche zwischen Alexandre Benalla, einem ehemaligen persönlichen Mitarbeiter von Präsident Emmanuel Macron, und Vincent Crase, einem Ex-Angestellten der Regierungspartei LREM, publiziert.
Gegen die beiden wird unter anderem wegen Gewalt gegen Demonstranten und Anmaßung polizeilicher Amtsbefugnisse am Rande der 1.-Mai-Kundgebung ermittelt. Da ein Verfahren gegen sie läuft, dürften sie sich gar nicht treffen und schon gar nicht über die Vernichtung von Beweismaterial diskutieren, wie es aus der Publikation von Mediapart hervorgeht
Tondokumente übergeben
Benalla hat angeblich eine Klage wegen Verletzung seiner Privatsphäre eingereicht. Dass deswegen die Redaktion auf der Suche nach der Herkunft der kompromittierenden Aufnahmen gefilzt werden sollte, erscheint angesichts der Tatsache, dass gegen Benalla und nicht gegen Mediapart ermittelt wird, skandalös. Dennoch hat die Redaktion die Tondokumente auf Anfrage der Justiz übergeben.
Das Vorgehen des von der Staatsführung erst gerade nominierten Oberstaatsanwalts von Paris, Rémi Heitz, stellt nach Ansicht der solidarischen Mediengruppen (darunter AFP, Le Monde, Le Figaro, Libération, L’Express sowie zahlreiche Rundfunk- und Fernsehsender) „einen besonders besorgniserregenden Versuch eines Angriffs auf den Quellenschutz dar“.
Vor den Abgeordneten hatte Justizministerin Nicole Belloubet behauptet, Mediapart habe die Dokumente nur unter dem Druck der Medien ausgehändigt. Nur hatte Mediapart schon drei Tage vor der verhinderten Durchsuchung die freiwillige Übergabe des Belastungsmaterials organisiert. „Entweder hat die Ministerin aus Unwissen gelogen, was schlimm ist, oder sie hat bewusst gelogen, was sehr schwerwiegend ist“, schreibt dazu das Onlinemagazin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter