AfD und Linkspartei: Dubiose Schlapphüter
Bürgerschaft wählt den Chef der rechtspopulistischen AfD, Jörn Kruse, in den Kontrollausschuss für den Verfassungsschutz. Nach Jahren darf nun auch die Linke.
HAMBURG taz | Es war ein Sache der Geheimhaltung: Nicht jeder kam in der Vergangenheit in den Parlamentarischen Kontrollausschuss der Bürgerschaft zur Überwachung des Verfassungsschutzes (PKA). „Sieben Jahre lang ist es verhindert worden, dass wir einen Sitz im PKA bekommen“, sagt etwa die innenpolitische Sprecherin der Hamburger Linksfraktion, Christiane Schneider. Begründet wurde das damit, dass Teile der Partei vom Verfassungsschutz beobachtet wurden. Nach dem Einzug der „Alternative für Deutschland“ (AfD) ins Parlament wiegen solche Bedenken offenbar nicht mehr so schwer.
Mit 65 Ja-Stimmen – bei 29 Nein-Stimmen und 14 Enthaltungen – wählte die Bürgerschaft am Mittwochabend den AfD-Landeschef Jörn Kruse in das Gremium. Vor der Wahl fand nicht einmal mehr eine Debatte statt. Bei einem ersten Anlauf am 2. März war AfD-Kandidat Alexander Wolf noch durchgefallen.
„Arschlochfaktor“
Nach taz-Informationen hatte damals unter den Fraktionsvorsitzenden eine Absprache gegolten: Bei der Besetzung der Ausschussposten gelte – anders als bei den Bürgerschafts-Vizepräsidenten – ein „Arschlochfaktor“: Die Abgeordneten konnten dem jeweilige Personalvorschlag demnach auch die rote Karte zeigen. Dieser Konsens ist seitdem offenbar aufgekündigt worden.
Schneider spricht von einem „politischen Skandal“: Für Kruse müssen auch Abgeordnete der künftigen Rot-Grünen Regierungskoalition gestimmt haben. „Die AfD ist eine Partei, die sich nach rechts nicht abgrenzt und völlig offen ist“, sagt Schneider und erinnert an den Aufwand, mit dem die Linksfraktion aus dem PKA gehalten worden sei – trotz Unterstützung durch die Grünen-Fraktion.
Geändert wurde das Gesetz im Jahr 2012: Der Auschuss wurde auf neun Mitglieder vergrößert, so dass die FDP einen Platz bekam – die Linksfraktion aber blieb weiter außen vor. Am 2. März nun, nach dem Verlust der absoluten SPD-Mehrheit, wählte das Parlament schließlich Schneider in das Gremium.
Im Wahlkampf hatte sich Kruse bemüht, die AfD nicht allzuweit rechts erscheinen zu lassen. Aber gerade erst am vergangenen Wochenende offenbarte der Parteichef, dass ihm klare Grenzziehungen zu rechtsextremen Organisationen so wichtig nicht zu sein scheinen: Bei der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft (SWG) trat als Referent der AfD-Spitzenpolitiker Alexander Gauland auf.
Seit Jahrzehnten ist die SWG wegen ihrer Positionen umstritten und wird vom Inlandsgeheimdienst überwacht. Auch die Hamburger AfD hat die „Gesellschaft“ gemieden. Kurz vor dem Auftritt sagte Gauland der taz, das Gastspiel abgesprochen sei – Kruse habe „keine Bedenken“ gehabt.
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