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AfD erkennt „Junge Alternative“ nicht anDeutsche Jugend rausgeschmissen

Bürgerlich und geschlossen präsentiert sich die AfD Niedersachsen auf ihrem Parteitag. Die Junge Alternative verliert ihren Status als Jugendverband.

Für ihren Parteitag hat die AfD Niedersachsen nur ein Zelt am Schützenplatz Hannover mieten können Foto: Moritz Frankenberg/dpa

HAMBURG taz | Zunächst sah es so aus, als würde der AfD-Parteitag, der aus Ermangelung eines Veranstaltungsortes in einem Bierzelt auf dem hannoverschen Schützenplatz stattfand, recht ruhig verlaufen. Der sonst so zerstrittene Landesverband wählte einen neuen Vorsitzenden: Frank Rinck. Der Bundestagsabgeordnete und Landwirt aus Uelzen löste den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Jens Kestner ab. Der Höcke-nahe Ex-Landeschef trat nicht mehr an.

Doch der Knall folgte später: Die AfD sprach der neugegründeten Jungen Alternative (JA) Niedersachsen den Status als Jugendorganisation ab – auch im zweiten Anlauf war die Truppe zu rechts.

Während vor dem Zelt rund 200 Menschen gegen den AfD-Parteitag protestierten, versuchte drinnen der Bundesvorsitzende Tino Chrupalla die Parteimitglieder auf eine neue Geschlossenheit einzuschwören. Das Scheitern des Wiedereinzuges der AfD in Schleswig-Holstein wirkt nach. Auch in der AfD Niedersachsen geht die Angst um, nach der Wahl am 9. Oktober nicht wieder in den Landtag einzuziehen.

Insgesamt wirkte der Landesverband bemüht, keine Personaldebatten oder einen Richtungsstreit aufkommen zu lassen. Ohne Gegenkandidat gewann Rinck mit 77,16 Prozent der Stimmen den Vorsitz. Alle weiteren Posten sollen wie geplant besetzt worden sein. Das Ziel, die 5-Prozent-Hürde zu überwinden, scheint den Verband zu disziplinieren. Mit dem neuen Vorsitzenden will die Landes-AfD offenbar ein bürgerlich-bodenständiges Image kreieren.

Jugendverband passt nicht in die erwünschte Rolle

Dieser Intention dürfte auch die Distanzierung vom eigenen Jugendverband geschuldet sein. Unter „Neuer Top“ tauchte der Antrag zur „Nichtanerkennung der JA-Neugründung“ auf. Die Junge Alternative (JA) Niedersachsen hatte sich erst im April 2021 neu formiert, nachdem sie sich 2018 auf dem Bundeskongress in Barsinghausen selbst aufgelöst hatte.

Kurz zuvor war bekannt geworden, dass der Landesverfassungsschutz die Jugendorganisation beobachtete. Aus der JA selbst wurde damals dem Bezirk Braunschweig vorgehalten, in einer Whatsapp-Gruppe Aussagen gepostet zu haben wie: „Wir sollten Tierversuche stoppen und Flüchtlinge dafür nehmen.“

Den erneuten Rauswurf hat auf dem Parteitag in Hannover der AfD-Landtagsabgeordnete Klaus Wichmann initiiert. Das wiederum sorgte wenig überraschend für Ärger in der Jungen Alternative. Der stellvertretende JA-Landesvorsitzende Adrian Maxhuni warf Wichmann vor, „gezielt irreführende Aussagen getroffen und den Landesverband der Jungen Alternative für Niedersachsen als verfassungsfeindliche Organisation abgestempelt“ zu haben.

„Er machte uns, die JA NDS, für die Beobachtung des AfD Landesverbandes Niedersachsen durch den Verfassungsschutz verantwortlich“, klagt er in einer Stellungnahme. Der JA-Bundesvorsitzende Carlo Clemens twitterte, es sei ein „furchtbares Signal, dass die Jugendorganisation als Bauernopfer für machtpolitische Muskelspiele herhalten musste“. Er wolle Beschwerde gegen die Nicht-Anerkennung einlegen.

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