AfD bei der Bundestagswahl: Machtkampf um Spitzenkandidatur
Alice Weidel will gemeinsam mit Parteichef Chrupalla die AfD in den Bundestagswahlkampf führen. Co-Chef Meuthen unterstützt ein anderes Duo.
Damit steht der AfD ein Lagerkampf um die Spitzenkandidatur bevor. Denn zuvor hatte sich die Bundestagsabgeordnete Joana Cotar aus Hessen gemeinsam mit dem pensionierten Generalleutnant Joachim Wundrak aus Niedersachsen darum beworben.
„Mir ist an einer Lösung gelegen, die die AfD in ihrer Breite abbildet, mit der sich die Basis der AfD und unsere Wähler identifizieren können“, teilte Cotar am Dienstag mit. Sie habe Chrupalla angeboten, mit ihm ein Team zu bilden, doch das habe dieser abgelehnt. „Da auch kein anderes Team ins Rennen gegangen ist, das diesem Anspruch gerecht wird, haben Herr Wundrak und ich uns entschieden, uns gemeinsam für die Spitzenkandidatur zur Wahl zu stellen“, so Cotar weiter.
Cotar wird von Chrupallas Co-Parteichef Jörg Meuthen unterstützt, der auf ein gemeinsame Kandidatur Cotars mit Chrupalla gesetzt hatte. Dann wäre die AfD mit einem Duo in die Wahl gezogen, das nicht nur nach den Kriterien Frau/Mann und Ost/West quotiert gewesen wäre, sondern in dem auch beide Flügel der Partei vertreten gewesen wären. Das ist nun bei keinem der beiden Kandidatenteams der Fall.
Weidel und Chrupalla haben wohl die besseren Chancen
Weidel und der „Flügel“-nahe Chrupalla stehen in dem zugespitzten, internen Machtkampf, der die Partei seit Monaten lähmt, auf der gleichen Seite – in Opposition zu Meuthen. Sie werden auch vom formal aufgelösten, rechtsextremen „Flügel“ um den Thüringer Partei- und Fraktionschef Björn Höcke unterstützt.
Cotar und Wundrak stehen dagegen auf der Seite des Meuthen-Lagers. „Wir wollen die AfD als Partei positionieren, die für konservative, patriotische und freiheitliche Werte steht und für breite Schichten unseres Volkes eine politische Alternative zu den Alt-Parteien darstellt“, so Cotar.
Weidel und Chrupalla aber werden parteiintern die weitaus größeren Chancen eingeräumt, weil sie bekannter und erfahrener sind und auch von den Ostverbänden unterstützt werden. Bis Mittwoch 12 Uhr können noch weitere Duos ihre Kandidatur anmelden, dann entscheiden die Mitglieder zwischen dem 17. und dem 24. Mai in einer Online-Befragung.
In der Bundestagsfraktion umstritten
Anders als die drei anderen Kandidat:innen hat Weidel allerdings noch keinen Spitzenplatz auf einer Landesliste, Baden-Württemberg hat diese noch nicht aufgestellt. In ihrem eigenen Landesverband hat die Landeschefin erbitterte Gegner, ein Selbstläufer ist Listenplatz eins für sie nicht.
Auch in der Bundestagsfraktion ist Weidel umstritten. Ihr werden Führungsschwäche und häufige Abwesenheit nachgesagt, zudem ist sie in eine Spendenaffäre verstrickt. Sie war bei der Bundestagswahl 2017 gemeinsam mit Alexander Gauland als Spitzenkandidatin angetreten, die AfD zog mit 12,6 Prozent erstmals in den Bundestag ein.
Manche in der Partei zweifeln daran, dass der oft hölzern wirkende Chrupalla das Zeug zum Spitzenkandidaten hat. Doch der sächsische Landesverband hat ihn auf Listenplatz eins gewählt. Das gilt auch für Wundrak, der bislang ranghöchste ehemalige Soldat in der AfD, in Niedersachsen. Seine Parteimitgliedschaft hatte er erst nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr öffentlich gemacht. Cotar ist digitalpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Mitglied im Bundesvorstand und Nummer Zwei der hessischen Landesliste für die Bundestagswahl.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland