AfD-Streit um Andreas Kalbitz: Ein schwerer Schlag
Mit Kalbitz' Niederlage verschiebt sich das Machtgefüge in der AfD – und zwar erstmals nicht zugunsten des extrem rechten Flügels.
D ie Macht von Andreas Kalbitz in der AfD ist gebrochen. Der bisherige Anführer des rechtsextremen „Flügels“ ist auf absehbare Zeit kein Parteimitglied mehr. Das Landgericht Berlin hat am Freitag seinen Antrag auf einstweilige Verfügung abgelehnt. Das ist nicht nur eine persönliche Niederlage für Kalbitz, sondern auch ein schwerer Schlag für die Rechtsextremisten in der Partei. Das Machtgefüge in der AfD verschiebt sich – und zwar erstmals nicht zugunsten des extrem rechten Flügels. Das könnte eine Zäsur sein.
Mit Kalbitz verliert das Netzwerk, das bis vor kurzem „Flügel“ hieß, seinen einflussreichsten Mann. Björn Höcke ist zwar das Aushängeschild, der Organisator aber war Kalbitz. Derzeit ist niemand in Sicht, der ihn ersetzen kann. Viel vorzeigbares Personal hat der „Flügel“ – auch jenseits der politischen Einstellung – nicht. Verstärkt wird die Niederlage noch dadurch, dass auch der Bundestagsabgeordnete Frank Pasemann, der innerhalb des „Flügels“ für die Kontakte zu außerparlamentarischen Rechtsextremisten wie den Indentitären zuständig war, aus der Partei geflogen ist.
Daran ändert auch nichts, dass es bei Kalbitz erst einmal nur um eine Eilentscheidung des Gerichts ging und das Urteil in der Hauptsache noch aussteht. Bis dahin werden viele Monate, wenn nicht mehr vergehen, in denen Kalbitz draußen ist. Und ohnehin hat er in den vergangenen Wochen unter anderem durch die „Milzrissaffäre“ stark an Unterstützung eingebüßt.
Das bedeutet noch nicht, dass der Einfluss der überzeugten Rechtsextremen in der AfD gebrochen ist. Aber er ist geschwächt. Und diejenigen um Parteichef Jörg Meuthen sind gestärkt, die der AfD zumindest einen gemäßigteren Anstrich verpassen wollen. Sie muss man nun daran messen, wie sie mit all denen umgehen, die wie Höcke ideologisch auf einer Linie mit Kalbitz sind.
Die Auseinandersetzung mit der Partei wird dadurch nicht einfacher. Alles Nazis oder solche, die gemeinsame Sache mit Nazis machen – das reicht als Argument dann nicht mehr. Immens wichtig bleibt die Auseinandersetzung aber: Denn Meuthen und Co wollten Kalbitz auch deshalb loswerden, weil er sie bei ihrem Weg in die Regierung stört. Ihr Ziel bleibt eine Koalition mit der Union. Und die gilt es zu verhindern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen