AfD-Bundesparteitag in Essen: Rechtsaußen siegen vor Gericht
Die AfD darf ihren Ende des Monats geplanten Parteitag in der Essener Grugahalle stattfinden lassen. Das hat das Verwaltungsgericht Essen entschieden.
Die AfD habe „einen Anspruch auf Gleichbehandlung bei der Zulassung zu öffentlichen Einrichtungen wie der Grugahalle, die für solche Veranstaltungen gewidmet ist“, heißt es in der Begründung der 15. Kammer. Sie dürfe nicht anders behandelt werden als andere politische Parteien.
Die Gerichtsentscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster einlegen. Wie eine Sprecherin der Stadt auf Anfrage erklärte, sollte es im Laufe des Freitags eine rechtliche Beratung zur Urteilsbegründung geben. Danach werde entschieden, wie es weitergehe – ein Zeitpunkt für die Entscheidung sei offen.
Auch der juristische Streit um den Bundesparteitag ist noch nicht abgeschlossen. Über die Zivilklage der AfD gegen die in der vergangenen Woche erfolgte Mietvertragskündigung durch die Messe Essen will das Landgericht Essen am Montag in mündlicher Verhandlung entscheiden.
Die AfD nannte die Verwaltungsgerichtsentscheidung in einer Erklärung am Freitag „nachvollziehbar und richtig“. Die Stadt Essen habe eine „lex AfD“ kreieren wollen, so der stellvertretende AfD-Bundessprecher Peter Boehringer. „Dem hat das Gericht nun einen Riegel vorgeschoben.“
AfD lehnt strafbewehrte Selbstverpflichtung ab
Die Stadt hatte die Vertragskündigung mit einer von ihr beobachteten „fortschreitenden Radikalisierung“ der AfD begründet und auf die Verurteilung des thüringischen Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke wegen der strafbaren Verwendung der SA-Losung „Alles für Deutschland“ verwiesen. Es gebe „konkrete Anhaltspunkte“, dass bei dem Parteitag ähnliche Äußerungsdelikte zu erwarten seien, so die Stadt, die sich dabei auf ein Gutachten des Soziologen Andreas Kemper stützt.
Um das beim Parteitag zu verhindern, verlangte der Essener Stadtrat auf Antrag Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) eine strafbewehrte Selbstverpflichtung von der AfD. Laut dem mit großer Mehrheit gefassten Ratsbeschluss sollte die Partei erklären, dass sie auf dem Parteitag strafbare Äußerungen wie etwa „Alles für Deutschland“ verhindern oder sofort unterbinden würde. Andernfalls sollte ihr bei jedem Verstoß eine Vertragsstrafe in Höhe von 500.000 Euro drohen.
Für die Abgabe der Erklärung hatte die Stadt der AfD eine Frist gesetzt, andernfalls sollte der Mietvertrag „unverzüglich außerordentlich fristlos“ gekündigt werden. Und genau so kam es. Nachdem sich die AfD verweigert hatte, kündigte die von der Stadt als Mehrheitsgesellschafterin betriebene Messe Essen den bereits im Januar 2023 geschlossenen Mietvertrag.
Die Essener Richter entschieden nun, die Nutzung der Grugahalle dürfe der AfD nur versagt werden, wenn die Gefahr strafbarer Handlungen bestehe. Bei der Beurteilung dieser Frage müsse allerdings im Fall von politischen Parteien ein strenger Maßstab angelegt werden. „Das Gericht konnte keine hinreichende Tatsachengrundlage erkennen, die die erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit von Rechtsverletzungen hätte begründen können“, heißt es dazu wörtlich in der Begründung des Gerichts.
Eine weitere Klage der Essener AfD-Stadtratsfraktion, die sich unter anderem auf formale Bedenken wegen der Ladungsfristen für den entscheidenden Beschluss im Stadtparlament bezog, lehnte das Gericht hingegen ab.
Breite Proteste gegen AfD-Aufmarsch geplant
Die AfD hatte bereits 2015 einen Bundesparteitag in der Grugahalle in Essen abgehalten. Damals hatte die Partei ihren Mitbegründer Bernd Lucke abserviert und damit ihre erste Radikalisierungsphase beendet. Frauke Petry und Jörg Meuthen übernahmen gemeinsam die Parteiführung, auch sie sind inzwischen Geschichte.
Sollte der AfD-Bundesparteitag tatsächlich wie geplant in der Grugahalle stattfinden, erwartet Essen Ende Juni ein turbulentes Wochenende. Ein breiter Kreis von Stadt, Kirchen, Gewerkschaften, Parteien, Unternehmen und Initiativen mobilisiert gegen das Rechtsaußenevent.
Die AfD sei „eine im Kern faschistische Partei“ und „parlamentarischer Arm des rechten und rassistischen Terrors“, heißt es in einem gemeinsamen Aufruf. Als „Brücke zwischen Neonazis, rechtskonservativen und rechtslibertären Kräften“ sei sie „eine ernsthafte Gefahr für die gesamte Gesellschaft, insbesondere für alle, die nicht in ihr menschenverachtendes Weltbild passen“.
Beginnend mit einer Rave-Demo am Freitagabend sind vom 28. bis zum 30 Juni zahlreiche Protestveranstaltungen geplant. Der Höhepunkt soll am Samstag eine Großkundgebung auf dem Messeparkplatz P2 direkt an der Grugahalle sein, zu der mehrere zehntausend Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet werden. „Wir planen nichts Geringeres als den größten politischen Protest, den Essen bis dato gesehen hat“, so das antirassistische und antifaschistische Bündnis „Essen stellt sich quer“.
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