AfD Berlin muss Hass-Video löschen: AfD-Fraktion beim Lügen erwischt

Der Linke Hakan Taş hat eine einstweilige Verfügung gegen die AfD Berlin erwirkt. Die musste ein Video löschen, in dem sie gehetzt und gelogen hat.

Hakan Tas schaut andächtig in einem Sakko, er trägt einen Vollbart

40 Mordrohungen in zwei Wochen: Hakan Taş ist im Auge eines rechten Shitstorms Foto: imago

BERLIN taz | Der Linken-Politiker Hakan Taş hat eine einstweilige Verfügung gegen ein Hass-Video der Berliner AfD-Fraktion erwirkt. Die rechte Partei muss unverzüglich und wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung ein Hetz-Video gegen den Linken-Politiker Hakan Taş löschen. Das geht aus der Verfügung hervor, die der taz vorliegt. Das Video, in dem nachweislich falsche Aussagen über Taş wiedergegeben wurden, war am Donnerstag bereits nicht mehr auf den sozialen Kanälen der rechten Partei zu finden. Bei Zuwiderhandlungen droht der Partei eine Strafe von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise bis zu sechs Monaten Ordnungshaft für den Vorsitzenden der AfD-Fraktion, Georg Pazderski.

In dem tausendfach von rechten und Neonazis auf Facebook geteilten und kommentierten Video hatte die AfD behauptet, dass Hakan Taş sich im Auto alkoholisiert eine Verfolungsjagd mit Polizisten geleistet hätte und danach seinen Führerschein behalten durfte. Tenor: typisch links-rot-grün-versifftes Berlin. Nur stimmt keine der Behauptungen (taz berichtete). Es gab keine Verfolgungsjagd, Taş hat alle Fehler eingestanden, seinen Führerschein abgegeben und ist sogar politisch in die zweite Reihe getreten.

Für den ohnehin bereits von türkischen Faschisten, deutschen Neonazis und Islamisten angefeindeten und auch angegriffenen Taş folgte eine neue Welle von Morddrohungen, Hasskommentaren und Beleidigungen: Rund 200 Anzeigen hat der Abgeordnete Taş nach eigenen Angaben gestellt, seitdem die Berliner AfD Fraktion vor zwei Wochen das Video hochgeladen hat. Etwa 40 davon waren konkrete Morddrohungen, sagt Taş. Die einstweilige Verfügung macht ihm Mut: „Die Entscheidung bestätigt, dass Hass und Hetze nicht so stehen bleiben darf. Man muss rechtlich dagegen vorgehen. Solche Erfolge stärken uns.“

Parallelen zu Walter Lübcke

Trotz der erfolgreichen einstweiligen Verfügung besteht für den Linken weiterhin ein erhöhtes Gefährdungspotential. Nach der Veröffentlichung des Videos gab es laut Taş auch ein Sicherheitsgespräch mit der Polizei. Er sagt: „Wenn mir was passiert, ist die AfD verantwortlich. Solche Hassvideos, mit denen die AfD Personen gefährdet, machen deutlich, dass die AfD Berlin sich nicht vom Landesverband Thüringen und Brandenburg unterscheiden.“

Taş zieht auch Vergleich zu Walter Lübcke, auch der sei von Unbekannten im Internet bedroht worden. Vergangenes Jahr wurde der CDU-Politiker aus Hessen nach einer rechten Hass-Kampagne ermordet – sein mutmaßlicher Mörder ist der mittlerweile angeklagte Rechtsextremist Stephan Ernst, der auch auf AfD-Demos gegangen war.

Die AfD, die von der Kanzlei Höcker Rechtsanwälte vertreten wird, nannte die einstweilige Verfügung nur einen „juristischen Zwischenstand“. Trotz klarer Faktenlage behauptete der parlamentarische AfD-Geschäftsführer Frank-Christian Hansel weiter, dass die Aussagen der Linken falsch seien. Man wolle weiter mit rechtlichen Mitteln gegen die Entscheidung vorgehen.

Weiter kritisiert Taş auch die Untätigkeit der Polizei: In den Sicherheitsgespräch sie er gefragt worden, ob er nicht Zeit hätte, auch noch mit der Soko Neukölln zu sprechen. Die wurde dazu gegründet, die anhaltende rechte Anschlagsserie in Neukölln aufzuklären – bislang allerdings aufreizend erfolglos. Im anschließenden Gespräch mit den Ermittler:innen sei Taş dann eröffnet worden, dass sie vor drei Monaten auf einer ausgewerteten Festplatte auch Daten zu Taş gefunden hätten – er somit auch im Fadenkreuz der rechten Anschlagsserie stünde. „Dass die Polizei mir das erst jetzt mitgeteilt hat, macht deutlich, dass sie nicht richtig arbeitet“, sagt Taş.

Demo gegen rechte Anschlagsserie

Das Bündnis Neukölln demonstriert am Freitag um 17 Uhr gegen die fehlende Aufklärung in der rechten Anschlagsserie. Titus Laska, einer der Sprecher des Bündnisses, sagt dazu, das Taş erst so spät informiert wurde: „Das passt. Die Betroffenen in der Anschlagsserie fühlen sich zunehmend allein. Auch deswegen wollen wir demonstrieren und zeigen, das wir die anhaltenden Anschläge nicht hinnehmen.“

Erst vergangenen Freitag brannte in Neukölln ein Lieferwagen und erneut wurden Hakenkreuze an die Damaskus-Bäckerei auf der Sonnenallee geschmiert. Anfang Juni hatte es Angriffe in der Wildenbruchstraße auf ein Café und Geschäfte gegeben. „Es war bereits der siebte Angriff auf die Bäckerei. Nicht nur mehr Einzelpersonen stehen im Fokus, sondern zunehmend auch Geschäfte und Institutionen in Neukölln“, so Laska. „Dem setzen wir uns zu Wehr und unterstützen Betroffene bei den kontinuierlichen Einschüchterungsversuchen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.