AfD-Anfrage zu Geflüchteten-Hilfe: Diskreditierung mit Methode
Die Berliner AfD versucht, die Arbeit von psychosozialen Zentren mit Geflüchteten schlechtzureden. Die betroffenen Organisationen wehren sich.

Nun wehren sich die angesprochenen Vereine Xenion und Zentrum Überleben, die als Psychosoziale Zentren Beratungen und Therapien für traumatisierte geflüchtete Menschen anbieten, sowie das Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige Menschen (BNS), das Fachstellen in dem Bereich koordiniert. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, man beobachte mit Sorge „die zunehmende Diskreditierung zivilgesellschaftlicher Arbeit mithilfe der Instrumentalisierung parlamentarischer Befugnisse durch rechte Parteien“.
Mitgemeint ist hier auch die CDU-Anfrage im Bundestag von voriger Woche, in der die staatliche Unterstützung von NGOs, die sich gegen rechts positionieren, offen infrage gestellt wurde. „Inmitten einer in weiten Teilen faktenfreien Debatte über Asyl und Migration versucht die AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, psychosoziale Unterstützung für traumatisierte Geflüchtete zu hinterfragen“, heißt es in der Erklärung.
Solche Anfragen haben Methode, erklärt Judith Heinmüller von der Berliner Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). Seit Jahren lasse sich beobachten, wie rechtsextreme und rechtspopulistische Kräfte „ideologisch motiviert gegen Vereine und Initiativen vorgehen, die sich für gesellschaftlich marginalisierte Gruppen einsetzen“. Parlamentarische Anfragen seien häufig nur ein Baustein in größeren „Diffamierungskampagnen, mit denen das Engagement für Menschenrechte, Demokratie und eine offene Gesellschaft umfassend bekämpft“ und durch Infragestellung der finanziellen Zuwendungen Zweifel an diesem Engagement gestreut werden sollen.
Was die Menschen brauchen
Schon der Ton der Anfrage, in der von „psychisch gestörten“ oder „psychisch kranken“ Asylbewerbern die Rede ist, sei unangemessen und diffamierend, erklärt Janina Meyeringh vom Geschäftsleitungsteam bei Xenion. Es gehe schließlich um Menschen, die in ihrer Heimat schwere Menschenrechtsverletzungen erlebt hätten und traumatisiert seien, sagte sie am Montag der taz.
„Die wichtige Frage ist: Was brauchen diese Menschen, damit sie ihr Trauma verarbeiten können? Dies hängt maßgeblich von den Lebensbedingungen danach ab“, erklärt die Psychotherapeutin. Viele Geflüchtete entwickelten erst hier psychische Folgeerkrankungen aufgrund ihrer unsicheren Lebenssituation und sozialen Isolation, der permanenten Angst vor Abschiebung, alltäglichen Rassismuserfahrungen. „Umso wichtiger sind die sozialen Unterstützungsangebote von Xenion, Zentrum Überleben und anderen.“
Die Infragestellung dieser Arbeit durch die AfD sowie die migrationsfeindliche Stimmungsmache von Teilen der Politik insgesamt brauche daher eine starke gesellschaftliche Antwort, so Meyeringh. „Wir lassen uns davon nicht einschüchtern und freuen uns über den breiten solidarischen Rückhalt von vielen Menschen und Organisationen aus der Zivilgesellschaft.“ Tatsächlich hat die Veröffentlichung der Anfrage samt der Stellungnahme Ende voriger Woche auf Instagram mehrere hundert Likes bekommen, darunter von Moabit hilft und der Awo Berlin-Mitte.
Die Linken-Abgeordnete Elif Eralp sagte der taz: „Die AfD nutzt das parlamentarische Fragerecht nicht, um Informationen zu erhalten, sondern vor allem, um Organisationen wie das BNS und Xenion, die ihre Arbeit gewissenhaft machen und Geflüchtete unterstützen, zu denunzieren und gegen sie zu hetzen.“
Solidarität unter Demokraten
Solche Angriffe von rechts auf die Zivilgesellschaft zu erkennen und sich als Demokrat_innen geschlossen dagegen zu stellen, sei sehr wichtig, erklärt Heinmüller von der MBR. Für die betroffenen Vereine und Träger sei insbesondere der Rückhalt aus Politik und Verwaltung wichtiger denn je. „Sie erleben die Infragestellung ihrer Arbeit durch Rechtsextreme regelrecht als Zermürbungstaktik“, die sie oft viel Zeit kosteten. Und: „Je stärker sie auch gesamtgesellschaftlich Signale der Verunsicherung oder Entsolidarisierung infolge der Angriffe wahrnehmen, desto mehr fürchten sie auch um ihre Existenz.“
Was die Integrationsverwaltung von der Anfrage hält, geht aus der letzten Antwort deutlich hervor. Die Träger seien „aus langjähriger Zusammenarbeit als kompetente Partner*innen bekannt“, schreibt Staatssekretär Aziz Bozkurt (SPD). Ihre Arbeit sei aus gesundheitspolitischer und teilhabespezifischer Sicht wichtig, „nicht zuletzt, um eine langfristige oder generationenübergreifende Belastung und Behandlungsnotwendigkeit auszuschließen“, was das Land am Ende viel teurer käme.
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