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Ästhetik-Offensive bei der BVGSchluss mit den krummen Dingern

Seit Jahren quält die BVG Freunde der Zentralperspektive mit ihrem „Brandenburger Tor“. Jetzt endlich reagiert sie auf Kritik.

Endlich alles im Lot: das neue Strichtörchen der BVG Foto: BVG/Andreas Neuner

Manchmal werden Wünsche wahr, die man schon fast vergessen hatte. Dinge rücken sich unverhofft zurecht, finden zur Harmonie. In diesen seltenen Momenten ist man mit der Welt im Einklang.

Die Rede ist hier vom Brandenburger Tor. Nicht vom geschichtsbeladenen Original aus Elbsandstein und Kupferblech, das am Samstag 225 Jahre alt wird (siehe Kasten). Sondern von seinem kleinen Ebenbild, das seit einigen Jahren als Strichzeichnung die Fenster der Berliner U-Bahn ziert, um kratzwütige Jugendliche abzuschrecken.

Höchst ungern rückt sich der Autor dieser Zeilen in den Fokus der eigenen Bericht­erstattung, aber hier muss es ausnahmsweise sein. Denn vor fast sechs Jahren, genau am 28. Oktober 2010, schrieb er in dieser Zeitung einen Text, der wie folgt begann: „Es sind nur ein paar Millimeter. Ein paar Millimeter weiße Druckfarbe auf transparenter Folie. Aber sie wiederholen sich, zigtausendfach. Und sie sind falsch. Als feinfühliger Mensch hält man das kaum aus.“

Zur Erläuterung für alle anderen: Eine der Säulen des Strichtörchens ist perspektivisch missraten, ihr Füßchen steht schräg und irgendwie falsch auf dem Fenster herum. Kein Beinbruch, könnte man sagen, aber in seiner Serialität war und ist es eine tägliche ästhetische Zumutung.

Auch wenn die taz es als Erste erkannte: Sie blieb nicht die Einzige, die diesen Missstand anprangerte. Immer wieder piekste jemand in diese winzige offene Wunde der großen BVG, bis die sich zum Handeln genötigt sah. Zuerst mit einem Akt erwähnenswerter Selbstironie: Im Rahmen der Imagekampagne #weilwirdichlieben veröffentlichte sie ein Motiv, auf dem das echte Tor per Photoshop grotesk verzerrt worden war. Der Slogan dazu: „Das Brandenburger Tor, so wie wir es sehen.“

Endlich geglättet

Das war der Satisfaktion schon fast genug, aber nun kommt es noch besser. „Wir mussten da mal was geraderücken“, meldete die BVG am Donnerstag und verkündete, das Tor endlich geglättet zu haben. Nach einer „designtechnischen Rundumsanierung“ prange das kleine Wahrzeichen „nun auch in korrekter perspektivischer Darstellung“ auf der Fensterfolie. „Wir sind zwar tolerant bei allem Schrägen“, so BVG-Sprecherin Petra Reetz, „hier haben wir aber gern begradigt.“

Genau genommen fiel die Entscheidung, eine überarbeitete Fassung drucken zu lassen, schon Anfang 2015. Aber weil das landeseigene Unternehmen kein Geld aus dem Fenster wirft – ob mit oder ohne Folie –, sollten erst alle krummen Restbestände verbraucht werden. Das ist mittlerweile geschehen. Ab sofort kommen bei jedem Folien- oder Scheibenwechsel auch die Fans der Zentralperspektive auf ihre Kosten. Dafür danke, liebe BVG.

Obwohl: Werden wir es nicht auch ein bisschen vermissen, das schiefe Tor-Füßchen? Sind es nicht gerade die kleinen und großen Eigenwilligkeiten, die eine Stadt wie Berlin auszeichnen? Das Ungrade, das Ausbrechen aus der Norm?

Ja, so ist das mit den Wünschen: Kaum sind sie erfüllt, melden sich neue. Aber wissen Sie was? Manchmal muss man sich einfach entscheiden.

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2 Kommentare

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  • Ob perspektivisch korrekt oder nicht, diese Folie hindert am Rausgucken und regt mich jedes Mal auf.

    Das Brandenburger Tor ist – ob schief oder grade – ein übergebliebenes Zeichen der Berliner Mauer-Mentalität.

    Dieses Zeichen des Antikommunismus hätte ja auch durch ein anderes ersetzt werden können. Schade, Chance vertan!

  • gerade?! das soll gerade sein??? - auf dem bild wirkt das tor sphärisch gekrümmt. hat der bvg-photograph vergessen, die linsenkrümmung rauszurechnen, oder wurde eine kurvatur überzeichnet? wenn letzteres, dann viel vergnügen beim U-bahn fahr'n: da schwindelts ja im kopfe beim hinschaun.

     

    by the way: ist das brandenburger tor nicht eigentlich überflüssig?