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Ärger um Asse-ArchivStrahlenmüll hier, Arbeitsplätze dort

Ein neues Institut soll die Dokumente zum Atomlager auswerten. Doch Bürgerinitiativen sind wütend: Es befindet sich in Goslar – weit weg von der Asse.

Im Lager Asse: Die Fässer sind irgendwann ganz raus, aber Akten kommen hier nicht rein. Bild: ap

GÖTTINGEN taz | Rund 3.000 Aktenordner hat der Asse-Untersuchungsausschuss des Niedersächsischen Landtags hinterlassen. Ein neues Institut in Goslar soll die Dokumente sichten und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen. Bürgerinitiativen aus der Umgebung des Atommülllagers Asse kritisieren nun den Standort des Archivs. Es könne nicht angehen, dass Anwohner auf dem Atommüll sitzen blieben, neue „strahlungsfreie“ Arbeitsplätze und wissenschaftliches Renommee aber andernorts entstünden.

Das Institut für Wissensanalyse und Wissenssynthese war Mitte September in Goslar eingeweiht worden. Für zunächst fünf Jahre sollen zehn Mitarbeiter die Asse-Akten und weiteres Archivmaterial zur Geschichte des umstrittenen Atommülllagers lagern und wissenschaftlich aufbereiten. Leiter der Einrichtung ist Detlev Eck.

Der 60-Jährige war lange Zeit Betriebsleiter der Kernforschungsanlage im rheinischen Jülich. In den Jahren 2008 und 2009 organisierte er als zeitweiliger Asse-Geschäftsführer den Betreiberwechsel vom Helmholtz Zentrum München zum Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter.

Eck nannte bei der Eröffnung als einen Grund für die Auswahl Goslars die „verkehrliche Zentralität“ der Stadt. Die Oberharzer SPD-Landtagsabgeordnete Petra-Emmerich Kopatsch hält die Standortwahl für „folgerichtig“, weil die meisten der Akten aus den Bergämtern im Kreis Goslar kämen.

„Schlag ins Gesicht der Menschen des Landkreises“

Haarsträubende Argumente seien das, meint Eleonore Bischoff von der Wolfenbüttler Atom-Ausstiegsgruppe. Goslar liege nicht näher am Asse-Schacht als Wolfenbüttel, sondern weiter davon entfernt. Und auch nicht näher an der Landeshauptstadt Hannover, am Bundesamt für Strahlenschutz oder am Bundesumweltministerium als Wolfenbüttel. Den Hinweis auf die Bergbehörden halten die Atomkraftgegner ebenfalls nicht für stichhaltig: Entstehen sollten Arbeitsplätze „in der Region, in der der Schaden entstanden ist“.

In einem Brief an die Staatskanzlei und das Umweltministerin in Hannover legt die Gruppe jetzt noch einmal nach: Die Asse-Anwohner hätten den Atommüll vor der Haustür, auch das Zwischenlager für die zu bergenden Abfälle komme wohl in die Region, die Asse-Akten aber sollten in Goslar aufgearbeitet werden.

Das sei „wirklich ein Schlag ins Gesicht der Menschen des Landkreises Wolfenbüttel“. Die Akten seien „Teil der Geschichte unseres Landkreises“. Die Nachbarn der Asse müssten die Möglichkeit haben, sich vor Ort über den Stand der Auswertungen zu informieren und Akteneinsicht zu nehmen.

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1 Kommentar

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  • N
    Najanaja

    Die Argumente der Naturschützer und der Leute aus Wolfenbüttel sind stichhaltig. Aus den Augen-aus den Sinn.

    In der Politik wird sehr leichtfertig über das Schicksal

    weiter ländlicher oder mäßig entwickelteer Regionen entschieden,

    je weiter die Geld-, Wirtschaftselite mit ihren menschenreichsten

    Wahlkreisen vom Ursachenherd entfernt sind!!! Nicht umsonst

    boomen in vielen Bundesländern höchstens die Metropolregionen!

    Je mehr die Verantwortlichen direkt selber von ihren eigenen Entscheidungen betroffen sind und ihre Kinder und EhepartnerInnen,

    desto verantwortungsvoller sollte deren Handeln sein!

    Viel Geld kassieren und in sicherer Entfernung andere ins Verderben

    schicken "is nich"! Mit gefangen, mit gehangen! Das sollte auch

    für die Lobbyvertretungen der Atomkraft gelten!