Ärger mit dem Atommüll: Rückholung von Atommüll aus der Asse in Gefahr
Die Mitarbeiter des zuständigen Amts klagen beim Umweltminister über die „Lachnummer“ Endlagersuche. Atommüllfässer bleiben vielleicht im Bergwerk.
Konkret heißt es in dem Brief, es gebe bei der Suche nach einem Endlager „nach wie vor keinen ernsthaften Weg der erfolgreichen Umsetzung“. Vielmehr würden „erhebliche finanzielle Mittel für sogenannte 'Öffentlichkeitsbeteiligung’ aufgewendet“ und damit „grünennahe Netzwerke“ versorgt. Das BASE sei „zu einem aufgeblähten Apparat herangewachsen“, eine Neuorganisation habe „zu immer größeren Wasserköpfen“ geführt. Bei Stellenbesetzungen gehe es „mehr um Loyalität als Fachlichkeit“.
Weder das BASE noch das Umweltministerium wollten auf Anfrage der taz Stellung zu dem Inhalt des Schreibens beziehen. Das Umweltministerium lässt nur mitteilen, man kommentiere anonym verfasste Schreiben grundsätzlich nicht – die Autoren des BASE haben nicht namentlich unterzeichnet. Das Ministerium bestätigt lediglich, dass der Brief am 24. Juni per Post eingegangen sei. Beim BASE heißt es, es gehe um „interne Belange“, und solche kommentiere man nicht öffentlich.
Zu diesen „internen Belangen“ zählt allerdings auch eine Aussage von hoher politischer Brisanz, die die Zukunft der Schachtanlage Asse in Niedersachsen betrifft. In diese wurden bis zum Jahr 1978 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll abgekippt. Bereits zehn Jahre später stellte man jedoch fest, dass Wasser in das System eindringt. Deshalb beschloss die Bundesregierung dann 2013, den nuklearen Müll wieder herauszuholen, um Umweltschäden zu vermeiden.
Anti-Atom-Gruppe sieht Skandal
Doch offenbar hat die dafür zuständige Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) bereits kapituliert: „Der Abbruch der Rückholung bei der Asse wird hinter den Kulissen von dem Betreiberunternehmen BGE inzwischen sehr aktiv vorbereitet“, heißt es in dem Schreiben. Das aber habe die bis Mai amtierende Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) „nie offen kommuniziert“, „um das Problem den Nachfolgern in die Schuhe zu schieben“.
Laut dem Schreiben soll „der Abbruch fachlich nachvollziehbar“ sein – was den Schluss nahelegt, dass es sich als nicht realisierbar erwiesen hat, die Atommüllfässer unbeschädigt zurückzuholen. Eine Sprecherin der BGE sagt dazu auf Anfrage: „Ob die Rückholung technisch machbar ist und ob das Bergwerk der BGE überhaupt noch die notwendige Zeit lässt, ist derzeit nicht sicher vorhersagbar.“ Die BGE werde sich „in den nächsten Tagen“ mit einer Mitteilung an die Öffentlichkeit wenden.
Die Anti-Atom-Organisation Ausgestrahlt spricht bereits von einem „Skandal, der nicht ohne Konsequenzen bleiben kann“, wenn die Rückholung abgebrochen werde. „Statt eine absichtliche Flutung des Bergwerks vorzubereiten, muss die BGE mit aller Kraft an der Bergung des dort abgekippten Strahlenmülls arbeiten“, sagt Helge Bauer von Ausgestrahlt. Alles andere hätte „unkalkulierbare Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung und die Umwelt der ganzen Region“.
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