Ärger mit Schnelltests in der Schule: Positiv – äh, doch nicht
Laut einem Pressebericht häufen sich an Hamburger Schulen die falsch-positiven Corona-Tests wegen eines Wechsels des Herstellers. Stimmt das?
Direkt beim ersten dieser Schnelltests sei das Ergebnis positiv gewesen. „Meine Tochter war erschüttert, erschrocken, traurig. Das kann für Kinder traumatisch sein.“ Mammes habe daraufhin ihre Tochter abgeholt und sich erkundigt, wo sie einen PCR-Test machen kann. Mittags hätten sie bei der Kinderärztin den Abstrich machen lassen. „Und dann wartet man auf das Ergebnis.“ Es kam am Dienstag – negativ. Die Tochter konnte wieder in die Schule, zumindest bis zum nächsten Schnelltest. Denn der war wieder positiv. Auch diesmal fälschlicherweise.
In Hamburger Schulen werden die Schüler:innen schon seit Monaten mehrfach wöchentlich getestet, derzeit dreimal die Woche. Dabei kommt es durchaus vor, dass ein Test ein positives Ergebnis anzeigt, auch wenn die Person eigentlich gar nicht infiziert ist. Am Dienstag berichtete Die Zeit von vielen Anrufen in der Redaktion. Eltern hätten sich gemeldet und im Zusammenhang mit den Schnelltests von Genrui von ungewöhnlich vielen falsch-positiven Testergebnissen berichtet. Der Hersteller war vor Kurzem gewechselt worden. Doch sind die Tests des neuen Herstellers tatsächlich ungenauer als ihre Vorgänger?
Auf taz-Anfrage erklärt Peter Albrecht, Pressesprecher der Schulbehörde, dass für den Zeitraum vor den Herbstferien keine auffällig erhöhte Quote an falsch-positiven Schnelltestungen ersichtlich sei. „Aus den vorherigen Testumstellungen ist bekannt, dass die Umstellungsphase in der Regel mit gewissen Fehlerquoten einhergehen kann.“ Aus diesem Grund seien alle Schulen gebeten worden, die Testroutinen nach den Herbstferien aufzufrischen.
Für den Wechsel der Tests ist die Schulbehörde dabei gar nicht zuständig. Die Schnelltests werden zentral für alle Hamburger Behörden in einem Vergabeverfahren von der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz beschafft. Genrui ist bereits der vierte Hersteller, dessen Tests zum Einsatz kommen. Auch der Justizbehörde ist kein Nachweis für eine erhöhte Zahl falsch-positiver Befunde bekannt. Nach ihren Angaben liegen Beschwerden zu falsch-positiven Ergebnissen nur in den Schulen und nicht in anderen Bereichen vor. Trotzdem werde analysiert, inwieweit etwa Handhabungsfehler zu einer erhöhten Anzahl von falsch-positiven Testergebnissen führen könnten.
Kritik kommt aus der Opposition. Die Akzeptanz der Schnelltests an Schulen werde durch solche Ergebnisse massiv beschädigt, kritisiert Sabine Boeddinghaus, schulpolitische Sprecherin der Linksfraktion. „Die Schulbehörde muss dringend einen klaren Weg aufzeigen, um den Schulen die Verunsicherung zu nehmen.“ Eine Möglichkeit sei beispielsweise, dass nach einer positiven Testung ein zweiter Schnelltest zur Vergewisserung ausreiche. Bisher sei geregelt, dass in diesem Fall zwingend ein PCR-Test erforderlich ist. Zudem müsse die PCR-Pooltestung ausgeweitet werden.
Im Gespräch verdeutlicht Albrecht, dass es sich bei den falsch-positiven Tests in Bezug auf die Gesamtzahl der Testungen um Einzelfälle handele. Am ersten Schultag nach den Herbstferien hätten bei regelhaft durchschnittlich 200.000 durchgeführten Schnelltests 287 Schülerinnen sowie sieben Personen des schulischen Personals ein positives Testergebnis erhalten.
Nach PCR-Testungen hätten sich gut zwei Drittel der positiven Schnelltests als falsch-positiv herausgestellt, also insgesamt rund 200. Nach Angaben der zuständigen Behörde für Justiz und Verbraucherschutz liege die Rate damit im wissenschaftlich zu erwartenden Rahmen. Neuere Daten wiesen laut Albrecht zudem darauf hin, dass die Zahl der positiven Schnelltestungen insgesamt bereits wieder rückläufig sei.
Trotzdem betont Albrecht ein „großes Verständnis für die Einzelfälle“. Individuell betrachtet sei „jeder falsch-positive Schnelltest eine schwierige Geschichte“. In der Schulbehörde bemühe man sich um Lösungen, habe bisher jedoch keine gefunden. Auch die Möglichkeit einer zweiten Schnelltestung ziehe man in Betracht, jedoch müssten hier noch rechtliche Bedenken ausgeräumt werden.
Belastung für betroffene Kinder
Egal ob ansteigende Tendenz oder Einzelfall, für die Betroffenen sei jeder falsch-positive Test eine Belastung, findet Manuela Mammes. Da oft die gleichen Kinder betroffen seien, hätten sie bei drei Tests die Woche keine Chance, zur Schule zu gehen, solange diese Schleife nicht unterbrochen werde. Auch an ihren Freizeitaktivitäten könnten die Kinder durch die falsch-positiven Ergebnisse nicht mehr teilhaben.
„Aus diesen negativen Erfahrungen können Kinder auch Angst vor der Testsituation an sich entwickeln und sich weigern, Tests zu machen“, befürchtet Mammes. Sie hofft, dass es bald eine Lösung gibt. „Man könnte andere Tests bereitstellen, zumindest für die Kinder, die besonders von falsch-positiven Ergebnissen betroffen sind.“ Oder auf PCR-Tests umstellen. „Das wäre eine bessere Lösung für die Kinder. Meine absolute Wunschvorstellung wären jedoch nur noch anlassbezogene Tests.“ Auch wenn die Schulbehörde nicht für die Anschaffung der Tests verantwortlich sei, sieht Mammes sie in der Pflicht, zumindest für Schulkinder eine Alternative zu organisieren.
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