piwik no script img

Ägyptische Medien über die Türkei„Das ist kein Militärputsch“

Medien in Ägypten feierten den Umsturzversuch in der Türkei verfrüht als „Revolution“. In Kairo hatte das Militär 2013 erfolgreich die Macht übernommen.

Bilder, die auch vom Tahrir-Platz kommen könnten: ein Panzer auf dem Taksim-Platz in Istanbul Foto: dpa

Kairo ap | Der Putschversuch in der Türkei löste fast überall in der Welt am Freitagabend Unruhe und Besorgnis aus. In Ägypten aber legten sich vor allem viele armeefreundliche Medien rasch fest: Sie erklärten den Umsturz zum Erfolg und begrüßten die Absetzung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Mindestens drei Zeitungen brachten am Samstag die Schlagzeile, dass die türkische Armee den Präsidenten gestürzt habe. Was sich als voreilig erwies.

Auch im ägyptischen Fernsehen zeigten sich einige Kommentatoren den Putschisten von Ankara und Istanbul sehr zugetan. „Das ist kein Militärputsch“, sagte zum Beispiel Moderator Ahmed Mussa. Es sei „eine Revolution innerhalb der türkischen Streitkräfte“. Sein Fernsehkollege Osama Kamal machte sich offenkundig über Erdogans TV-Äußerungen per Smartphone während der Putschnacht lustig.

Ägypten hatte vor fast genau drei Jahren seine eigenen Erfahrungen mit einem Eingreifen der Armee gegen einen gewählten Präsidenten: den Islamisten Mohammed Mursi, der 2013 vom Militär gestürzt wurde. Danach folgte eine langwierige und heikle Debatte, ob es sich um einen Putsch gehandelt habe. Der damalige Militärchef Abdel-Fattah al-Sisi ist inzwischen gewählter Präsident Ägyptens.

Die Situation war anders als jetzt in der Türkei. In den Tagen vor Mursis Absetzung hatte es Massendemonstrationen gegen den Islamisten gegeben, das Militär hatte bei seiner Aktion einigen Rückhalt. In der Türkei waren die Putschisten eine Minderheit, und Präsident Erdogan schaffte es mit seinem TV-Auftritt über den Internetdienst FaceTime, Massen seiner Unterstützer zu mobilisieren und gegen die Umstürzler auf die Straßen zu holen.

Kein offizielles Statement aus Kairo

Doch wälzte die Führung in Kairo offenbar lange die Frage, wie sie sich zu den Ereignissen von Ankara und Istanbul verhalten soll. Eine offizielle Erklärung gab sie jedenfalls zunächst nicht ab, bis auf eine Warnung an Ägypter in der Türkei, sich von Konfliktherden fern zu halten.

Anders als die Samstagszeitungen lobten in den sozialen Netzwerken viele Aktivisten das Scheitern des Putsches. Es wurden Bilder gepostet von Zivilisten, die Soldaten einfingen. Menschenrechtler kritisierten zwar Erdogans Vorgehen gegen Journalisten in der Türkei, bekannten aber, dass ein Militärputsch nicht das richtige Mittel zum Wandel sei. Der Anwalt Gamal Eid appellierte auf Facebook an Erdogan: „Ich wünschte, er würde seine Lektion lernen und den Hass auf das Internet stoppen, das er heute genutzt hat, um seiner Stimme Gehör zu verschaffen.“

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Dieses Statement Ägyptens lief am Samstag Abend über den Äther:

    +++ 21:44 Ägypten blockiert Beschluss des UN-Sicherheitsrats +++

    Ägypten blockiert einen Beschluss des UN-Sicherheitsrats, in dem die Gewalt und die Unruhen in der Türkei verurteilt werden soll. Die Regierung in Kairo lehnt nach Angaben von Diplomaten insbesondere einen Passus ab, in dem alle Parteien aufgefordert werden, die "demokratisch gewählte Regierung der Türkei" zu respektieren. Der UN-Sicherheitsrat befinde sich nicht in der Position, zu beurteilen, ob eine Regierung demokratisch gewählt sei oder nicht.