Achtkämpfende Medizinerin: Neunfach erfolgreich

Die Kieler Mehrkämpferin Vanessa Ziesenitz ist nicht nur sportlich erfolgreich. Gerade absolviert die angehende Ärztin ihr praktisches Jahr.

Die Mehrkämferin Vanessa Ziesenitz im Weitsprung. Sie schwebt in der Luft. Ihre Arme streckt sie nach außen, die Beine sind nach vorne gestreckt.

Überfliegerin: die Mehrkämpferin Vanessa Ziesenitz beim Weitsprung Foto: Uwe Gleis

HAMBURG taz | Wie bekommt sie das alles unter einen Hut? Die Kielerin Vanessa Ziesenitz trainiert parallel acht Sportdisziplinen und studiert Medizin – und das auch noch beides mit Erfolg. Die Mehrkämpferin arbeitet viel – vor allem an sich selbst, weil jeder Erfolg für Glücksgefühle sorgt: Ihre Augen strahlen, als sie von ihrer ersten erfolgreichen „Kippe“ spricht, dem Kippaufschwung am Stufenbarren. Sie schwärmt von ihrer ersten Schraube am Boden und dem ersten Salto auf dem Schwebebalken. Zwar liegen diese Meilensteine mittlerweile lange zurück, dennoch zeigen sie, was die 25-Jährige am Sport motiviert: über sich selbst hinauszuwachsen, neue Techniken zu erlernen und zu perfektionieren.

Eigentlich sei sie in den Mehrkampf, bestehend aus je vier Leichtathletik- und Turndisziplinen, nur „reingerutscht“. Mit sieben Jahren tritt Vanessa Ziesenitz dem Kieler Turnverein bei, wo sie nach einem Zwischenstopp beim Marburger Verein TSV Cappel seitdem trainiert. Schnell werden Schwebebalken, Stufenbarren, Sprung und Bodenturnen zu ihrem Element.

Etwa ein Jahr nachdem ihre ältere Schwester und Turnkollegin Franciska das erste Mal für Kiel an einem Mehrkampf teilnimmt, versucht sich auch Ziesenitz zusätzlich in der Leichtathletik. „Ich war mehr eine Mitläuferin,“ erinnert sich die Kielerin, „als dass ich mir selbst ausgesucht hätte, dass das die Sportarten sind, die ich gut kann und deswegen gern mache.“ Ihr Versuch zahlt sich aus. Zwei Jahrzehnte später hat Ziesenitz im Mehrkampf alles erreicht, was möglich ist: Viermal holt sie Gold bei den Deutschen Meisterschaften, zuletzt 2022. Auf internationalem Niveau gibt es keine vergleichbaren Mehrkampfturniere.

Auch das persönliche Highlight ihrer Karriere weist auf ihren Ehrgeiz hin, denn ihr Höhepunkt beginnt mit einer Krise. Mit 16 Jahren musste sie ihr Training wegen einer Knochenhautentzündung stoppen: „Ich hatte das Gefühl, dass mir die Schienbeine durchbrechen, wenn ich weiter springe.“ Danach spezialisierte sich die Mehrkämpferin zunächst auf die Turndisziplinen Barren und Balken, die weniger sprungintensiv sind, und kämpfte sich zurück. Ein Jahr nach ihrer unfreiwilligen Pause stand die Kielerin 2015 das erste Mal ganz oben auf dem Siegerpodest der Deutschen Meisterschaften. „Für mich war das ein Doppelerfolg: Ich wusste, mein Bein war wieder gesund, ich konnte wieder sprinten und springen. Dazu lief der Wettkampf so gut – völlig unerwartet.“

Das Training ist ihr Ausgleich

Aktuell trainiert die Mehrkämpferin vor allem als Ausgleich zu ihrem Medizinstudium. Im vergangenen Herbst absolvierte sie ihr Staatsexamen, nun arbeitet Ziesenitz in ihrem praktischen Jahr Vollzeit in verschiedenen Kliniken. Zum Training nach Kiel pendelte sie deswegen zuletzt meist nur am Wochenende, doch demnächst will sie wieder voll einsteigen: drei bis vier Mal pro Woche will sie wieder trainieren.

Trotzdem strebt Ziesenitz mittlerweile nicht mehr vorrangig nach Titeln – schließlich hat sie sich davon bereits so einige erkämpft und damit eigentlich alles erreicht. Mit ihren 25 Jahren zählt sie langsam zu den älteren Mehrkämpferinnen im Wettbewerb. Die vierfache Deutsche Meisterin will zukünftig vor allem den Spaß am Sport behalten.

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