Abtreibungsrecht in den USA: 7 von 10 stimmen „Pro-Choice“
In zehn Bundesstaaten wurde während der US-Wahl auch zum Recht auf Schwangerschaftsabbrüche abgestimmt. Ein Überblick über die Ergebnisse.
Es war eines der dominantesten Themen der Wahl: Das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche. Nicht nur weil der Republikaner Donald Trump und die Demokratin Kamala Harris es im Wahlkampf immer wieder zum Thema machten, sondern auch weil zeitgleich zur Präsidentschafts- und Kongresswahl in zehn Bundesstaaten Referenden dazu stattfanden. Inhaltlich sahen die Abstimmungen in jedem Staat anders aus, doch letztlich ging es darum, das Recht auf Abtreibungen in Landesverfassungen zu verankern. In drei Staaten scheiterte dieser Versuch, in sieben Staaten werden die Rechte von schwangeren Frauen gestärkt.
Die Abstimmungen folgen auf eine US-weite Einschränkung der Selbstbestimmung von schwangeren Frauen seit Juni 2022. Bis dahin war das Recht auf Abtreibung im Grundsatzurteil Roe v Wade aus dem Jahr 1971 gesichert. Vor zwei Jahren kippte der konservativ dominierte Supreme Court das Urteil, was das Recht in die Hand der 51 Bundesstaaten legte.
Während Harris im Wahlkampf auf die Forderung nach einem landesweiten Abtreibungsrecht setzte, betonte Trump wiederholt die Verantwortung der einzelnen Bundesstaaten. Nach dort bereits beschlossenen Verschärfungen häufen sich Berichte über schwangere Frauen, die wegen fehlender medizinischer Hilfe sterben.
Florida, Nebraska, South Dakota
In Florida ist der Versuch, liberalere Abtreibungsrechte in der Verfassung zu verankern, nun gescheitert. Abgestimmt wurde über den Vorschlag, Abbrüche bis zur Lebensfähigkeit des Fötus zu erlauben. Das entspricht je nach medizinischer Einschätzung die 21- bis 24. Woche. Es stimmten zwar 57 Prozent der Wähler*innen für diesen Vorschlag, doch die nötigen 60 Prozent wurden nicht erreicht.
Das ist ein klarer Sieg für den rechten Gouverneur Ron DeSantis, der eine große Kampagne gegen die feministische Initiative aufgefahren hatte. Im April 2023 hatte DeSantis ein Quasi-Abtreibungsverbot für Florida unterzeichnet. Seitdem ist in dem Bundesstaat ein Abbruch nicht bis zur 15., sondern nur noch bis zur 6. Schwangerschaftswoche möglich. Zu diesem Zeitpunkt weiß ein Großteil der Frauen noch nicht einmal, dass er schwanger ist.
Ursprünglich hatte Donald Trump angekündigt, gegen das Referendum zu stimmen, im August sagte er dann allerdings, dass er sechs Wochen für zu wenig Zeit hielte. Nach seinem Gang zur Wahlurne am Dienstag wollte er laut US-Medienberichten nicht sagen, wie er abgestimmt hatte. Auf Pressefragen reagierte er unwirsch.
Auch in South Dakota scheiterte der Versuch einer Liberalisierung. Bislang gilt dort eines der strengsten Abtreibungsverbote der USA. Ein Abbruch ist nur dann erlaubt, wenn das Leben der Schwangeren bedroht ist. Mit dem Referendum sollte ein Abbruch bis zur 12. Schwangerschaftswoche erlaubt werden. Doch nur 39 Prozent der Wähler_innen stimmten für den Antrag.
In Nebraska standen zwei unterschiedliche Vorschläge zur Abstimmung. Die Wähler_innen stimmten dafür, dass ein Abbruch nur bis zum Ende des ersten Trimesters legal ist. Ausnahmefälle sollen bei medizinischen Notfällen, bei Vergewaltigungen oder Inzest gelten. Ganz knapp mit 49 zu 51 Prozent scheiterte der Versuch, die Legalisierung bis zur Lebensfähigkeit des Fötus auszuweiten.
Mehr Rechte, mehr Schutz
In Colorado, Montana, Nevada und Maryland war ein Schwangerschaftsabbruch bis zur Lebensfähigkeit des Fötus auch schon zuvor legal. Durch die erfolgreichen Referenden wird dieses Recht nun auch in der Landesverfassung verankert. In Nevada muss dieser Vorschlag allerdings im Jahr 2026 noch einmal angenommen werden, damit die Verfassung geändert werden kann. Auch in Arizona sollen nun die gleichen Gesetze gelten.
Auch in New York war ein Abbruch bis zur 24. Woche legal, nun wurde dieses Recht durch eine Ergänzung in der Verfassung stärker gesichert. Künftig heißt es da, dass Menschen aufgrund ihrer „ethnischen Zugehörigkeit, nationalen Herkunft, ihres Alters und ihrer Behinderung oder ihres Geschlechts, einschließlich der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität, des Geschlechtsausdrucks, der Schwangerschaft, der Schwangerschaftsfolgen und der reproduktiven Gesundheit und Autonomie“ keine Rechte verweigert werden dürfen.
Eine weitreichende Änderung wird es in Missouri geben. Dort galt bislang eines der strengsten Abtreibungsverbote des Landes. Selbst im Fall einer Vergewaltigung oder bei Inzest waren Abbrüche nicht erlaubt. Nun soll das „Recht auf reproduktive Freiheit“ in der Verfassung garantiert werden, womit Abtreibungen bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt sein werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung